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Das Graveyard Buch

Titel: Das Graveyard Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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begann zu schluchzen und da fing auch Scarlett an zu weinen. Eine Polizistin bekam Streit mit Scarletts Vater, weil der ihr deutlich zu machen ve r suchte, dass er als Steuerzahler ihr Gehalt zahle, worauf sie entgegnete, sie sei schließlich ebenfalls Steuerzahl e rin, folglich zahle sehr wahrschei n lich sie sein Gehalt. Währenddessen saß Bod, von a l len, sogar von Scarlett unbemerkt in einer Ecke der Kapelle, lauschte und be o bachtete alles, bis er es nicht mehr aushielt.
    Die Dämmerung senkte sich über den Friedhof, als S i las seinen Schützling beim Amphitheater fand. Bod saß da und schaute über die Stadt. Silas trat still zu dem Ju n gen und schwieg, wie es seine Art war.
    »Es war nicht ihre Schuld«, sagte Bod. »Es war meine. Und jetzt steckt sie in Schwierigkeiten.«
    »Wohin hast du sie mitgenommen?«, fragte Silas.
    »In den Hügel, damit sie das älteste Grab sieht. Aber da ist niemand drin. Nur so ein schlangenartiges Ding, das sich Sleer nennt und das die Leute e r schreckt.«
    »Beeindruckend.«
    Sie gingen zusammen den Weg hinunter und beobac h teten, wie die alte Kapelle wieder abgeschlossen wurde und wie die Polizei, Scarlett und ihre Eltern im Aben d dunkel den Friedhof verließen.
    »Miss Borrows wird dir beibringen, wie man Buchst a ben zu Wörtern verbindet«, sagte Silas. »Kennst du schon ABC – die Katze lief im Schnee?«
    »Ja«, sagte Bod, »schon lange. Kannst du mir noch mehr Bücher besorgen?«
    »Ich denke, schon«, sagte Silas.
    »Glaubst du, dass ich sie jemals wiedersehe?«
    »Das Mädchen? Das bezweifle ich sehr.«
    Doch da irrte sich Silas. Drei Wochen darauf, an e i nem trüben Nachmittag, kam Scarlett mit ihren E l tern wieder auf den Friedhof.
    Und obwohl ihre Eltern hinter ihr hertrotteten, besta n den sie darauf, dass Scarlett immer in Sichtweite blieb. Von Zeit zu Zeit stöhnte Scarletts Mutter, wie düster hier doch alles sei und dass man Gott sei Dank bald für i m mer von hier wegziehe.
    Als die Eltern schließlich anfingen, sich zu unterha l ten, flüsterte Bod: »Hallo.«
    »Hi«, sagte Scarlett ganz leise.
    »Ich habe schon gedacht, ich seh dich nie mehr wi e der.«
    »Ich habe meinen Eltem gedroht, dass ich nicht mit ihnen komme, wenn sie mich nicht noch ein Mal hie r herbringen.«
    »Wo zieht ihr hin?«
    »Nach Schottland. Da gibt es eine Universität, wo P a pa Teilchenphysik unterrichten kann.«
    Gemeinsam gingen sie den Friedhofsweg entlang, ein kleines Mädchen in einem orangefarbenen An o rak und ein kleiner Junge in einem grauen Laken.
    »Ist Schottland weit weg?«
    »Ja«, sagte sie.
    »Oh.«
    »Ich habe gehofft, dass du hier bist. Um Auf Wiede r sehen zu sagen.«
    »Ich bin doch immer hier.«
    »Aber du bist nicht tot, Nobody Owens.«
    »Klar nicht.«
    »Na, dann kannst du doch nicht dein ganzes Leben hier verbringen. Eines Tages bist du groß und dann musst du draußen in der Welt leben.«
    Er schüttelte den Kopf. »Da draußen ist es zu uns i cher für mich.«
    »Wer sagt das?«
    »Silas. Meine Familie. Alle.«
    Sie schwieg.
    Ihr Vater rief: »Scarlett, Schatz, es ist Zeit. Du ha t test deinen letzten Ausflug auf den Friedhof. Jetzt g e hen wir heim.«
    Scarlett sagte zu Bod. »Du bist der tapferste Junge, den ich kenne, und du bist mein Freund. Mir ist es egal, ob du bloß Fantasie bist oder nicht.« Dann lief sie den Weg zurück, auf dem sie gekommen war, zu ihren Eltern und in die Welt.

Kapitel drei

Die Hunde Gottes
     
    Auf jedem Friedhof gibt es ein Grab, das den Ghulen g e hört. Wer einen Friedhof lange genug durchstreift, stößt unweigerlich darauf – voller Flecken, der Gra b stein rissig oder ganz zerfallen, die Einfassung gebo r sten, das Grab selbst mit Gras und Unkraut überwuchert, und wer davorsteht, hat das Gefühl, dass sich schon lange ni e mand mehr darum gekümmert hat. Es ist vielleicht kälter als die anderen Gräber und der Name des Toten ist allzu oft nicht mehr zu lesen. Falls einmal eine Figur das Grabmal geziert hat, dann fehlt ihr der Kopf oder sie ist so mit Moos und Flechten überzogen, dass sie selbst au s sieht wie eine Flechte. Wenn sich ein Grab auf einem Friedhof für Vandalen geradezu anbietet, dann ist es das Ghultor. Wenn ein Grab unheimlich wirkt, sodass der Besucher am liebsten anderswo wäre, dann ist es ebe n falls das Ghu l tor. Auch auf Bods Friedhof gab es eins.
    Auf jedem Friedhof gibt es eins.
     
    Silas wollte fort.
    Bod war bestürzt, als er zum ersten Mal davon erfa h ren hatte. Jetzt war er

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