Das Graveyard Buch
für sie seist und es das Beste wäre, dir mit einem Stein den Schädel einzuschlagen und dich irgen d wohin zu legen, wo sie dich, wenn du ordentlich ve r gammelt wärst, wieder holen würden. Und dann wü r den sie dich auffressen. Die Nachthunde behandelten die S a che vertraulich. Und jetzt das.«
»Miss Lupescu?«
Der große hundeartige Kopf beugte sich zu ihm herab und eine Schrecksekunde lang glaubte er, sie wolle ein Stück Fleisch aus ihm herausreißen. Aber sie leckte ihm nur zärtlich die Wange. »Hast du dir den Knöchel, ve r letzt?«
»Ja, ich kann nicht auftreten.«
»Dann wollen wir dich auf meinen Rücken heben«, sagte das große graue Tier, das eigentlich Miss L u pescu war.
Sie sagte etwas in der Sprache der Nachthunde und der Nachthund kam herbei und hob Bod hoch. Bob legte die Arme um Miss Lupescus Nacken.
»Halt dich am Fell fest«, sagte sie. »Bevor wir aufbr e chen, sag …«, und sie machte ein schrill tönendes G e räusch.
»Was bedeutet das?«
»Danke schön und Auf Wiedersehen. Beides.«
Bod ahmte das Geräusch nach, so gut er konnte, wo r auf der Nachthund erfreut gluckste. Er machte ein ähnl i ches Geräusch, breitete seine Flügel aus und lief, kräftig schlagend, in den Wüstenwind hinein. Der Wind hob ihn in die Lüfte wie einen Papierdrachen.
»Jetzt halt dich gut fest«, sagte das Hundewesen, das eigentlich Miss Lupescu war. Und sie lief los.
»Gehen wir zur Gräberwand?«
»Zu den Ghulpforten? Nein. Die sind nur für Ghule. Ich bin ein Hund Gottes. Ich habe meine eigenen Wege in die Hölle und wieder hinaus.« Und Bod schien es, als würden sie noch schneller dahinsausen.
Am Himmel ging der riesige Mond mit dem klein e ren schimmelfarbenen Mond auf und außerdem g e sellte sich noch ein rubinroter Mond hinzu. Der graue Hund eilte in gleichmäßig großen Sätzen durch die Knochenwüste. Dann machten sie bei einem verfall e nen Lehmbau halt, der aussah wie ein großer Biene n stock. Gleich daneben sprudelte frisches Quellwasser aus dem felsigen Wüste n boden, füllte ein kleines Be c ken und verschwand wieder. Der graue Hund neigte den Kopf und trank. Bod schöpfte mit den bloßen Händen Wasser aus dem Becken und stil l te in kleinen Schlucken seinen Durst.
»Das hier ist die Grenze«, sagte der graue Hund, der eigentlich Miss Lupescu war. Bod schaute zum Himmel. Die drei Monde waren verschwunden. Nun sah er die Milchstraße, wie er sie noch nie gesehen hatte, als fu n kelnden Sternenteppich, der sich über den ganzen Hi m melsbogen spannte.
»Sie sind schön«, sagte Bod.
»Wenn wir wieder daheim sind, bringe ich dir die Namen der Sterne und der Sternbilder bei«, sagte Miss L u pescu.
»Das wäre toll«, sagte Bod.
Bod kletterte wieder auf den Rücken des großen gra u en Tieres, vergrub das Gesicht in seinem Fell und hielt sich gut fest. Und nur wenige Augenblicke sp ä ter, so schien es ihm, wurde er – schwerfällig, wie eine erwac h sene Frau, die einen sechsjährigen Jungen trägt – über den Friedhof zur Gruft der Owens g e bracht.
»Er hat sich am Knöchel verletzt«, sagte Miss Lupe s cu.
»Armes Kerlchen«, sagte Mrs Owens, nahm ihr den Jungen ab und wiegte ihn in geisterhaften A r men. »Ich habe mir doch große Sorgen gemacht. Aber jetzt ist er wieder daheim und das ist die Haup t sache.«
Und wirklich fühlte Bod sich geborgen in der Gruft und den Kopf auf seinem eigenen weichen Kissen. Und ein sanftes mattes Dunkel umfing ihn.
Bods linker Knöchel war geschwollen und dunkelrot. Doktor Trefusis (1870-1936, Und das ewige Licht leuc h te ihm) untersuchte ihn und verkündete, dass er nur ve r staucht sei. Miss Lupescu brachte von ihrem Ausflug in die Drogerie Bandagen mit und Sir Josiah Worthington, dem man seinen Spazierstock mit E l fenbeinknauf in den Sarg gelegt hatte, drängte Bod den Stock auf. Diesem machte es großen Spaß, sich auf den Stock zu stützen und so zu tun, als wäre er hundert Jahre alt.
Während Bod den Friedhofshügel hinaufhumpelte, entdeckte er am Fuß eines Grabsteins einen gefalteten Zettel. Er hob ihn auf und las:
Die Hunde Gottes stand darauf. Die Überschrift war in roter Tinte gedruckt. Dann folgte:
Die Lykanthropen oder Werwölfe, wie sie gemeinhin he i ßen, nennen sich selbst Hunde Gottes, weil sie von sich behaupten, ihre Verwandlung sei ein Geschenk ihres Schöpfers. Dieses Geschenk vergelten sie mit der Behar r lichkeit, mit der sie Übeltäter bis zu den Pforten der Hö l le
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