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Das Graveyard Buch

Titel: Das Graveyard Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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behagliche kleine Gruft. Außerdem ließ sie sich leicht vom Thema ablenken.
    »Es heißt, da unten soll eine Hexe in ungew-, ung e weihtem Boden begraben sein«, sagte er.
    »Ja, das stimmt. Aber da solltest du nicht hing e hen.«
    »Warum nicht?«
    Miss Borrows lächelte das arglose Lächeln der T o ten. »Das sind nicht Leute wie wir«, antwortete sie.
    »Aber es gehört doch zum Friedhof. Und ich darf e i gentlich auch dorthin gehen, oder?«
    »Das wäre nicht ratsam«, sagte Miss Borrows.
    Bod war folgsam, aber er war auch neugierig. Als er den Unterricht für diese Nacht hinter sich hatte, spazierte er an Harrison Westwood und an Baker vorbei und an Familiengräbern und an einem Engel mit nur einem Arm, er ging aber nicht hinunter bis zum Schindanger. Stat t dessen marschierte er zu der Seite des Friedhofs, wo ein Picknick ungefähr dreißig Jahre zuvor seine Spuren in Form eines großen A p felbaums hinterlassen hatte.
    Ein paar Lektionen hatte Bod gelernt. Vor einigen Ja h ren hatte er sich einmal mit den unreifen, weiß gepunkt e ten und sauren Früchten dieses Baumes den Bauch vol l geschlagen und dafür tagelang mit schmerzhaften Dar m krämpfen gebüßt, während Mrs Owens ihm einen Vo r trag darüber gehalten hatte, was man tunlichst nicht essen sollte. Seitdem wartete er mit dem Essen immer, bis die Äpfel ganz reif w a ren, und aß auch nie mehr als zwei oder drei in einer Nacht. Den letzten Apfel hatte er schon vor einer W o che vertilgt, doch mochte er den Apfelbaum auch deshalb, weil man hier in aller Ruhe nachdenken konnte.
    Er kletterte den Stamm hinauf zu seinem Liebling s platz in der Mulde einer Astgabelung. Von oben schaute er im Mondlicht auf Dornengestrüpp und wucherndes Gras im ungeweihten Teil des Friedhofs. Er überlegte, ob die Hexe alt war und Zähne aus E i sen hatte und sich in einem Haus auf Hühnerbeinen fortbewegte oder ob sie dünn war und eine spitze Nase hatte und einen Bese n stiel.
    Sein Magen knurrte und Bod bemerkte, dass er Hu n ger bekam. Ach hätte er doch nicht alle Äpfel an dem Baum aufgegessen, hätte er doch wenigstens einen übrig gela s sen …
    Er schaute nach oben und glaubte, etwas zu sehen. Er schaute ein zweites und noch ein drittes Mal hin, um wirklich sicher zu sein: Tatsächlich, da hing ein Apfel, rot und reif.
    Bod war stolz auf seine Kletterkünste. Er hangelte sich von Ast zu Ast und stellte sich vor, er sei Silas und kön n te so geschmeidig eine glatte Ziegelmauer erklimmen. Der Apfel, dessen rote Backen im Mon d licht fast schwarz aussahen, hing genau außer Reic h weite. Bod bewegte sich auf dem Ast vorsichtig weiter vorwärts, bis er sich genau unter dem Apfel befand. Dann reckte er sich und konnte den schönen Apfel mit den Fingerspitzen berü h ren.
    Aber hineinbeißen sollte er nie.
    Ein lautes Knacken wie von einem Schuss und der Ast brach unter ihm entzwei.
     
    Ein heftiger Schmerz, kalt wie Eis und dunkel wie Donnergrollen, brachte ihn wieder zu sich, drüben im G e strüpp in dieser Sommernacht. Der Boden kam ihm rel a tiv weich und seltsam warm vor. Er tastete mit der Hand he r um und spürte etwas wie ein wa r mes Fell unter sich. Er war auf einem Haufen gelandet, wo die Frie d hofswärter die Grasabfälle abluden. So war sein Sturz abgefedert worden. Dennoch spürte er einen Schmerz in der Brust und ein Bein tat ihm weh, als ob er es sich ve r renkt hätte.
    Bod stöhnte.
    »Still, mein Kleiner, still«, sagte eine Stimme hinter ihm. »Wo kommst du denn her? Donnerst hier he r unter. Ist das eine Art?«
    »Ich war im Apfelbaum«, sagte Bod.
    »Aha. Zeig mir mal das Bein. Genauso gebrochen wie der Ast, auf dem du gesessen hast.« Kühle Finger b e tasteten sein linkes Bein. »Nein, nicht gebrochen, nur verrenkt, vielleicht verstaucht. Du hast ja ve r dammtes Glück, dass du in den Komposthaufen gefa l len bist. Alles nicht so schlimm.«
    »Gott sei Dank«, sage Bod erleichtert. »Tut trotzdem weh.«
    Er wandte den Kopf und blickte hoch. Sie war älter als er, aber noch nicht erwachsen und sie sah weder freun d lich noch unfreundlich aus. Eher wachsam. Ihr Gesicht war intelligent, aber kein bisschen schön.
    »Ich bin Bod«, sagte er.
    »Der lebende Junge?«, fragte sie.
    Bod nickte.
    »Ich dachte es mir schon«, sagte sie. »Wir haben von dir gehört, sogar hier im Schindanger. Wie heißt du we i ter?«
    »Owens«, sagte er. »Nobody Owens, kurz: Bod.«
    »Freut mich, Bod.«
    Bod musterte sie von oben bis unten. Sie trug ein schlichtes

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