Das Graveyard Buch
Junge mit einem Geheimnis, ein Ve r bindungsglied zu ihrer Kindheit. Er war irgendetwas anderes, etwas nicht mehr ganz Menschliches.
Was Mama jetzt wohl denkt, dachte sie. Bestimmt ruft sie immer wieder bei Mr Frost an, um zu hören, wann ich nach Hause komme. Wenn ich hier lebend herauskomme, dann zwinge ich sie, mir ein Handy zu kaufen. Es ist l ä cherlich. Ich bin praktisch die Einzige in meinem Jah r gang, die kein eigenes Handy hat.
Gleich darauf dachte sie, Mama fehlt mir.
Sie hätte nicht gedacht, dass sich ein Mensch so g e räuschlos durchs Dunkel bewegen könnte, aber eine Hand legte sich über ihren Mund und eine Stimme, die gerade noch als die von Mr Frost zu erkennen war, sagte kalt: »Eine falsche Bewegung – und ich schneide dir die Kehle durch. Nick mit dem Kopf, wenn du verstanden hast.«
Scarlett nickte.
Bod sah das Durcheinander auf dem Boden des Frobi s her-Grabmals , er sah die heruntergerissenen Sä r ge und alles, was quer über den Gang verstreut war. Viele Fro s bishers und Frobyshers, auch einige Pett y fers standen herum, in ganz unterschiedlicher Verfa s sung, die einen aufgebracht, die anderen fassungslos.
»Er ist schon unten«, sagte Ephraim.
Bod bedankte sich. Er schlüpfte durch die Öffnung in der Mauer in den Stollen und stieg die Stufen hi n unter.
Bod konnte sehen, wie die Toten sehen, er sah die St u fen vor sich und die Kammer ganz unten. Und schon mi t ten auf der Treppe sah er, dass der Mann namens Jack Scarlett in seiner Gewalt hatte. Er hatte ihr den Arm auf den Rücken gedreht und hielt ihr ein langes Messer an die Kehle.
Der Mann namens Jack schaute hinauf in die Dunke l heit.
»Hallo, Junge«, sagte er.
Bod blieb stumm. Er konzentrierte sich darauf, sich unsichtbar zu machen, und tat dann einen weit e ren Schritt.
»Du denkst wohl, ich kann dich nicht sehen«, sagte Jack. »Und da hast du recht. Aber ich kann deine Angst riechen. Und ich kann hören, wie du dich b e wegst und wie du atmest. Und seit ich von deinem schlauen Trick weiß, dich in Luft aufzulösen, kann ich dich auch fühlen . Sag jetzt etwas. Sag etwas, d a mit ich dich hören kann, oder ich schneide dieses Fräulein hier in kleine Stücke. Hast du verstanden?«
»Ja«, sagte Bod und seine Stimme hallte in der Ka m mer wider. »Ich habe verstanden.«
»Gut«, sagte Jack. »Jetzt komm her. Wir wollen ein bisschen miteinander plaudern.«
Bod stieg die Stufen hinunter. Er konzentrierte sich dabei auf das Furchteinflößen, darauf, das Maß an Panik in der Kammer zu erhöhen, darauf, den Schrecken grei f bar zu machen …
»Hör auf damit«, befahl Jack. »Was immer du da tust. Tu es nicht.«
Bod ließ es bleiben.
»Du denkst wohl«, sagte Jack, »du kannst deine kle i nen Zaubertricks an mir ausprobieren. Weißt du eigen t lich, wer ich bin, Junge?«
»Du bist Jack. Du hast meine Familie umgebracht. Und du hättest auch mich umbringen sollen.«
Jack zog die Brauen hoch. »Ich hätte dich umbringen sollen?«
»Allerdings. Der alte Mann hat zu mir gesagt, wenn ihr zulasst, dass ich das Erwachsenenalter e r reiche, dann wird euer Orden zerstört. Jetzt bin ich erwachsen. Ihr seid gescheitert und ihr habt verl o ren.«
»Mein Orden reicht bis in die Zeit vor Babylon z u rück. Nichts kann ihm etwas anhaben.«
»Sie haben es Ihnen noch nicht erzählt, oder?« Bod stand fünf Schritte von dem Mann namens Jack en t fernt. »Diese vier anderen. Das waren die letzten Jacks. Wie war das noch? Krakau und Vancouver und Melbourne, alles verloren.«
»Bitte, Bod«, flehte Scarlett. »Sag ihm, er soll mich loslassen.«
»Hab keine Angst«, sagte Bod mit einer Ruhe in der Stimme, die er gar nicht empfand. Zu Jack sagte er: »Es hat keinen Sinn, ihr etwas zu tun. Genauso wenig, wie mich umzubringen. Verstehen Sie denn nicht? Es gibt nicht einmal einen Orden der Jacks. Nicht mehr.«
Jack nickte nachdenklich. »Wenn das wahr ist«, sagte er, »und wenn ich jetzt der einzige Jack bin, dann habe ich einen ausgezeichneten Grund, euch beide zu töten.«
Bod sagte nichts.
»Stolz«, sagte Jack. »Stolz auf mein Werk. Stolz da r auf, das zu Ende zu bringen, was ich angefangen habe.« Und dann fragte er: »Was machst du da?«
Bod spürte, wie sich seine Haare sträubten. Er spürte, wie ein Wesen sich durch den Raum schlä n gelte wie eine Rauchsäule. »Das bin nicht ich«, sagte Bod. »Das ist der Sleer. Er hütet den Schatz, der hier vergraben ist. «
» Lüg nicht.«
»Er lügt nicht«, sagte
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