Das grobmaschige Netz - Roman
als der eines Lehrers und der eines Schauspielers.
Höchstens vielleicht noch der eines Polizisten und der eines Schlammringers, überlegte Van Veeteren und drängte sich zu seinem Platz auf der Zuschauertribüne zurück.
13
»Darf ich Sie bitten, uns alles zu erzählen, woran Sie sich vom Abend und von der Nacht vom 4. auf den 5. Oktober noch erinnern können?«
Als Erstes hatte Havel alle Beteiligten gewarnt. Sie konnten mit weiteren Unterbrechungen und dem Ausschluss der Öffentlichkeit
rechnen, wenn keine Ruhe einkehrte. Trotzdem zeigte das Gemurmel auf der Tribüne deutlich, wie gespannt Mitters Antwort erwartet wurde.
»Womit soll ich denn anfangen?«
»Von dem Moment, an dem Sie die Schule verlassen haben.«
»Gerne.« Mitter räusperte sich. »Ich habe um 15.30 aufgehört. Eva hatte nur vormittags Unterricht, deshalb sind wir nicht zusammen nach Hause gefahren. Ich hatte den Wagen... bin bei Keen vorbeigefahren, um Wein zu kaufen...«
»Wie viel Wein?«
»Wie viel? Eine Kiste ... zwölf Flaschen.«
»Danke. Weiter.«
»Ich war so gegen halb fünf zu Hause. Eva hatte schon mit Kochen angefangen... einen Eintopf, den wir später abends essen wollten. Sie machte eine Pause, als ich kam, wir haben uns mit einer Zigarette und einem Glas Wein auf den Balkon gesetzt. Es war ziemlich schönes Wetter, und wir waren mindestens eine Stunde draußen.«
»Worüber haben Sie sich unterhalten?«
»Über nichts Besonderes ... die Schule, Bücher...«
»Besuch hatten Sie nicht?«
»Nein.«
»Irgendwelche Anrufe?«
»Nur von Bendiksen.«
»Wer ist Bendiksen?«
»Ein guter Freund. Wir wollten am Sonntag angeln gehen. Er wollte noch ein paar Kleinigkeiten klären.«
»Nämlich?«
»Das weiß ich nicht mehr genau. Wann wir aufbrechen würden, glaube ich.«
»Keine weiteren Anrufe?«
»Nein.«
»Und wirklich kein Besuch?«
»Nein.«
»Soweit Sie sich erinnern können?«
Ferrati lächelte.
»Ja ... soweit ich mich erinnern kann.«
»Nun, Sie saßen also bis um ... bis um halb sechs auf dem Balkon?«
»Ungefähr.«
»Wie viel haben Sie getrunken?«
»Ich weiß nicht. Eine Flasche vielleicht...«
»Pro Person?«
»Nein, zusammen.«
»Nicht mehr?«
»Doch, vielleicht ...«
»Und danach? Bitte, erzählen Sie weiter.«
»Wir sind in die Küche gegangen und haben den Eintopf fertig gemacht. Danach haben wir geduscht.«
»Nacheinander, oder ...?«
»Nein, zusammen.«
»Weiter!«
»Danach haben wir ferngesehen...«
»Welche Sendungen?«
»Nachrichten und einen Film.«
»Was war das für ein Film?«
»Das weiß ich nicht mehr. Ein französischer aus den sechziger Jahren, glaube ich ... wir haben ausgeschaltet.«
»Und dann?«
»Sind wir zum Essen in die Küche gegangen.«
»Wie spät war es inzwischen?«
»Das weiß ich nicht. Halb neun, neun, nehme ich an.«
»Wieso nehmen Sie das an?«
»Die Polizei hat mir das Fernsehprogramm für den fraglichen Abend gezeigt. Um acht Uhr fing ein französischer Film an.«
»Aber Sie selber können sich nicht erinnern?«
»Nein.«
»Danke.«
»Nehmen wir nun an, dass das alles stimmt. Irgendwann so gegen neun sitzen Sie mit Ihrer Frau beim Essen... was passiert dann?«
»Das weiß ich nicht.«
»Das wissen Sie nicht?«
»Nein ... ich kann mich danach an nichts mehr erinnern.«
»Sie können sich an diesen ganzen Abend nicht mehr erinnern?«
»Nein.«
»Aber Sie haben der Polizei doch erzählt, dass Sie mit Ihrer Frau Verkehr gehabt haben ...«
»Ja...«
»Trifft diese Aussage zu?«
»Ja ... aber die Zeitpunkte überschneiden sich.«
»Wie meinen Sie das?«
»Das war während des Essens.«
Irgendwer oben auf der Tribüne seufzte. Ferrati schaute sich um.
»Ja... ungefähr gleichzeitig.«
Wieder war Gemurmel zu hören, und Havel griff zum Hammer. Aber er brauchte nicht einmal damit zu drohen. Ganz offenbar hatte er die Lage unter Kontrolle.
»Woran können Sie sich sonst noch erinnern?«, fragte Ferrati nun.
»An nichts, das habe ich doch schon gesagt.«
»An nichts?«
»Nein.«
»Nicht daran, dass Sie sich ausgezogen haben und zu Bett gegangen sind ... oder dass Ihre Gattin noch baden wollte?«
»Nein ... bitte, stellen Sie mir nicht immer wieder dieselben Fragen.«
»Aber, Herr Mitter ... Sie stehen unter Mordanklage. Ich
glaube, es liegt auch in Ihrem Interesse, dass wir sorgfältig vorgehen. Nur noch eins, ehe wir zum folgenden Morgen kommen. . . wie viel hatten Sie während des Abends getrunken?«
»Ich weiß
Weitere Kostenlose Bücher