Das grobmaschige Netz - Roman
haben? Warum dieser Starrsinn?«
»Darf ich darauf hinweisen, dass ich bereits vor der Pause gestanden habe?«, fragte Mitter. »Wer ist hier starrsinnig?«
Diese Antwort fand offenbar den Beifall des Publikums, und Havel musste zum Hammer greifen. Ferrati nutzte den Moment, um sich mit dem Beisitzer zu beraten, dann machte er sich ein letztes Mal über Mitter her.
»Erzählen Sie, was Sie getan haben, während Sie die Polizei erwarteten.«
»Ich ... ich habe ein bisschen aufgeräumt.«
»Was haben Sie mit den Kleidern gemacht, die Sie und Ihre Frau am Vorabend getragen hatten?«
»Ich habe sie gewaschen.«
»Wo?«
»In der Waschmaschine.«
Ferrati nahm die Brille ab und steckte sie in seine Jackentasche.
»Während Ihre Gattin tot in der Badewanne lag und Sie die Polizei erwarteten, haben Sie die Gelegenheit genutzt, um Kleider zu waschen?«
»Ja.«
Wieder eine Pause.
»Warum, Herr Mitter, warum?«
»Ich weiß nicht.«
Ferrati zuckte mit den Schultern. Trat hinter seinen Stuhl. Breitete die Arme aus.
»Euer Ehren, ich habe keine weiteren Fragen an den Angeklagten.«
Havel schaute auf die Uhr.
»Noch eine halbe Stunde bis zur Mittagspause. Wie viel Zeit braucht die Verteidigung?«
Rüger erhob sich und trat vor.
»Das reicht. Mein Mandant steht unter starkem psychischem
Druck, deshalb will ich mich sehr kurz fassen... Herr Mitter, was war mit Ihrer Wohnungstür? War die am fraglichen Abend und in der darauffolgenden Nacht abgeschlossen oder nicht?«
»Sie war nicht abgeschlossen. Wir schließen ... wir haben nie abgeschlossen, wenn wir zu Hause waren.«
»Nicht einmal nachts?«
»Nein, nie.«
»Und was war mit der Haustür ... der Tür zur Straße?«
»Die soll abgeschlossen sein, aber solange ich da wohne, war das noch nie der Fall.«
Rüger hob ein Blatt Papier hoch und wandte sich an Havel.
»Hier habe ich die Aussage des Hausmeisters, der bestätigt, dass die Tür in der fraglichen Nacht nicht abgeschlossen war... Herr Mitter, bedeutet das nicht, dass wirklich jeder in der Nacht zum 5. Oktober Ihre Wohnung betreten und Ihre Frau ermordet haben kann?«
»Doch, davon gehe ich aus.«
»Wenn wir annehmen, dass Sie, sagen wir, gegen zweiundzwanzig Uhr eingeschlafen sind, dann besteht doch sogar die Möglichkeit, dass Ihre Frau die Wohnung verlassen...«
»Pure Spekulation!«, rief Ferrati, Havel bedachte ihn jedoch nur mit einem Blick.
»Das glaube ich nicht«, sagte Mitter.
»Nein, aber es ist doch nicht ausgeschlossen?«
»Nein ...«
»Welche männlichen Bekannten hatte Ihre Frau?«
»Wie meinen Sie das?«
»Nun, sie muss außer Ihnen doch noch andere Männer gekannt haben ... Sie waren ja erst seit einem halben Jahr zusammen. Sie hat sich vor sechs Jahren von ihrem ersten Mann, Andreas Berger, scheiden lassen. Wissen Sie, welche Beziehungen sie danach gehabt hat?«
»Keine«, antwortete Mitter kurz.
Rüger machte ein verdutztes Gesicht.
»Woher wissen Sie das?«
»Weil sie es mir gesagt hat.«
»Habe ich Sie richtig verstanden, wenn Sie behaupten, Ihre Frau habe sechs Jahre lang keine Beziehung zu einem Mann unterhalten?«
»Ja.«
»Sie war eine schöne Frau, Herr Mitter. Wie ist das möglich? Sechs Jahre?«
»Sie hatte keine anderen Männer. Ist das klar? Ich hatte Sie für meinen Anwalt gehalten ... Euer Ehren, habe ich das Recht, diese Fragerei abzubrechen?«
Richter Havel sah einen Moment lang leicht verdutzt aus, doch ehe er einen Beschluss fassen konnte, hatte Rüger wieder das Wort ergriffen.
»Verzeihen Sie, Herr Mitter, ich möchte nur, dass auch die Jury den Fall ganz klar sieht. Erlauben Sie mir, diese Frage noch einmal aufzugreifen. Ihre Frau, Eva Ringmar, wird allgemein als schöne und attraktive Frau bezeichnet. Auch wenn sie selber keine Beziehung wollte, so muss es doch Männer gegeben haben, die ... sich für sie interessierten.«
Mitter schwieg.
»Ehe Sie ins Spiel kamen, zumindest ... Wie war es zum Beispiel in der Schule?«
Aber Mitter hatte offensichtlich keine Lust zu antworten. Er ließ sich zurücksinken und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Da müssen Sie schon andere fragen, Herr Rüger ... ich habe nichts mehr dazu zu sagen.«
Rüger zögerte kurz, dann stellte er die nächste Frage.
»Und Ihr Streit im Mephisto, den die Anklage erwähnt hat, der hatte also nichts mit einem anderen Mann zu tun?«
»Nichts.«
»Sind Sie sicher?«
»Natürlich.«
Plötzlich schaltete Ferrati sich ein.
»Sind Sie eifersüchtig, Herr
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