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Das grobmaschige Netz - Roman

Das grobmaschige Netz - Roman

Titel: Das grobmaschige Netz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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es nicht. Sechs oder sieben Flaschen vielleicht ... zusammen, meine ich.«
    »Wein?«
    »Ja.«
    »Aber Sie hatten doch bei Ihrem ... Beischlafessen noch keine sieben Flaschen gekippt?«
    Irgendwer kicherte, und Rüger erhob Einspruch.
    »Abgewiesen«, verkündete Havel. »Beantworten Sie die Frage.«
    »Nein ... das glaube ich nicht.«
    »Ich kann daraus also schließen, dass Sie um neun Uhr noch nicht ins Bett gegangen sind?«
    »Nein, das bin ich wohl nicht ...«
    »Auf jeden Fall müssen Sie reichlich betrunken gewesen sein, oder was meinen Sie, Herr Mitter?«
    »Ja...«
    »Ich kann Sie nicht hören!«, fiel Havel ihm ins Wort.
    »Ja, ich war betrunken.«
    »Waren Sie auch betrunken, als Sie Ihrer Exfrau zwei Ohrfeigen gegeben haben?«
    »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Begreifen Sie das wirklich nicht?« Ferrati lachte.
    »Einspruch!«, rief Rüger, aber damit kam er nicht durch.
    »Ja, damals war ich auch betrunken«, gab Mitter zu. »Aber Trunkenheit ist doch kein Verbrechen, hoffe ich.«
    »Durchaus nicht«, antwortete Ferrati freundlich. »Und Ihre Frau, ich meine Eva Ringmar, war sie auch betrunken?«
    »Ja.«
    »Haben Sie häufig solche Mengen getrunken, Herr Mitter? Ihre Frau hatte über drei Promille im Blut.«
    »Ja, das ist vorgekommen.«

    »Stimmt es, dass Ihre Frau schon früher Alkoholprobleme hatte?«
    »Einspruch!«, rief Rüger wieder.
    »Bitte, stellen Sie diese Frage anders«, sagte Havel.
    »War Ihre Frau schon einmal wegen ihrer Alkoholprobleme in Behandlung gewesen?«, präzisierte Ferrati.
    »Ja, vor sechs Jahren ... auf eigenen Wunsch. Im Zusammenhang mit äußerst tragischen Ereignissen ... ich glaube. . .«
    »Danke, das reicht. Das wissen wir. Welches ist Ihre nächste Erinnerung?«
    »Was?«
    »Woran erinnern Sie sich nach dem Eintopf und dem Beischlaf?«
    »Ich bin aufgewacht.«
    »Wann denn?«
    »Um zwanzig nach acht ... morgens.«
    »Erzählen Sie uns, was Sie dann gemacht haben.«
    »Ich bin aufgestanden ... und habe Eva im Badezimmer gefunden.«
    »Was war mit der Tür ... der Badezimmertür, meine ich?«
    »Die war abgeschlossen. Ich habe sie mit dem Schraubenzieher geöffnet.«
    »War das schwer?«
    »Nein, überhaupt nicht.«
    »Sie haben von außen die Tür problemlos geöffnet. Hätten Sie sie da nicht auch von außen verschließen können?«
    »Einspruch! Die Anklage zwingt meinen Man...«
    »Abgelehnt. Beantworten Sie diese Frage!«
    »Ich ... ich nehme es an.«
    »Sie hätten also Ihre Frau in der Badewanne ertränken und dann die Tür von außen abschließen können?«
    Rüger wollte schon aufspringen, aber Havel hob warnend einen Finger.

    »Bitte, beantworten Sie die Frage, Herr Mitter.«
    Mitter feuchtete sich die Lippen an.
    »Sicher«, sagte er dann mit ruhiger Stimme. »Aber das habe ich nicht getan.«
    Ferrati schwieg einige Sekunden. Dann kehrte er Mitter den Rücken zu, als könne er den Anblick des Angeklagten nicht mehr ertragen. Als er wieder das Wort ergriff, senkte er seine Stimmlage und sprach so langsam, als diskutiere er mit einem Kind. Als versuche er, es zur Vernunft zu bringen.
    »Herr Mitter, Sie haben keinerlei Erinnerung mehr an diese Nacht ... und doch behaupten Sie, Ihre Gattin nicht ermordet zu haben. Sie haben jetzt einen Monat über diese Sache nachdenken können, und ich muss zugeben, dass ich mir von einem Philosophielehrer mehr Logik erwartet hätte. Warum wollen Sie nicht wenigstens zugeben, dass Sie nicht mehr wissen, ob Sie sie ermordet haben oder nicht?«
    »Das könnte ich nicht vergessen.«
    »Bitte?«
    »Ich würde es nicht vergessen können, wenn ich meine Frau ertränkt hätte. Ich kann mich nicht daran erinnern ... ergo habe ich sie nicht ermordet.«
    Rüger putzte sich die Nase. Möglicherweise wollte er damit einfach von Mitters letzter Aussage ablenken. Aber das gelang ihm nicht, denn Ferrati wiederholte sie, wenn auch ein wenig verzerrt. Er trat dicht vor die Geschworenen und erklärte eindringlich:
    »Ich kann mich nicht erinnern, also bin ich unschuldig. Darf ich die Damen und Herren von der Jury bitten, sich diese Worte zu Herzen zu nehmen? Was sagen Sie? Ich sehe, dass Sie die Antwort schon wissen — diese Aussage wiegt weniger als Luft. Und so ist es um die gesamte Verteidigung beschaffen. Heiße Luft, nur heiße Luft!«
    Er richtete den Blick wieder auf Mitter.
    »Herr Mitter, zum letzten Mal ... warum wollen Sie nicht
zugeben, dass Sie Ihre Gattin Eva Ringmar durch Ertränken in der Badewanne ermordet

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