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Das grobmaschige Netz - Roman

Das grobmaschige Netz - Roman

Titel: Das grobmaschige Netz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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hinter diesen Teil der Verhandlung.

12
    »Entschuldigung.«
    Van Veeteren wich zwei Journalisten aus und quetschte sich in die Telefonzelle. Zog die Tür hinter sich zu, um Flüche und Protestworte nicht hören zu müssen ... Für wen hielten die sich eigentlich? Die Ordnungsmacht hatte ja wohl der Presse gegenüber den Vortritt!

    Während es am anderen Ende der Leitung läutete, betrachtete er das groteske Gesicht, das ihn von der blanken Fläche über dem Apparat her ansah. Erst nach einigen Sekunden begriff er, dass es sich um sein eigenes Spiegelbild handelte. Etwas war offenbar anders als sonst, und er brauchte noch ein paar Sekunden, um zu begreifen, was das war.
    Er lächelte.
    Er hatte seine Mundwinkel zu einem großzügigen Bogen hochgezogen, was ihm einen Ausdruck von mildem Wahnsinn verlieh.
    Wie ein Grimassen schneidender Gorilla, dachte Van Veeteren düster, aber das war ja auch kein Trost. Das Lächeln war einfach da, und ganz insgeheim verspürte er auch ein Vibrieren, eine Art dumpfes Schnurren, was alles zusammen eine tiefe Befriedigung zum Ausdruck bringen musste. Eine warme und dankbare Befriedigung.
    Er hatte wirklich nur selten etwas derart Lustiges erlebt. Die Vorstellung von Staatsanwalt Ferrati in einer Spitzenunterhose war einfach ein köstliches Bild, das er für den Rest seines Lebens nicht mehr vergessen würde. Ganz zu schweigen von der ungetrübten Freude, die er empfinden würde, wenn er Montagmorgens Ferrati begegnen und fragen könnte:
    »Tag, Herr Staatsanwalt. Welche Farbe hat denn heute Ihr Höschen?«
    Es war unbezahlbar. Als er noch dastand und den Gorilla anstarrte, ging ihm auf, dass sein Zustand sich fast schon als Glück beschreiben ließ.
    Zumindest für seine Verhältnisse.
    Dieses Glück würde zwar nicht von langer Dauer sein, aber es war da.
     
    Nun aber ging es um Münster. Die Badmintonpartie um zwölf musste abgeblasen werden. Er konnte das auf seinen Fuß schieben.

    »Das kommt von diesem verdammten Wetter. Ich spüre, dass ich einfach noch nicht wieder einsatzfähig bin. Es tut mir Leid, aber es geht wirklich nicht.«
    Münster hatte Verständnis. Das sei doch nicht weiter schlimm. Er konnte auch eine Runde mit dem Kommissaranwärter Nelde einschieben ... der Kommissar brauche sich keine Sorgen zu machen.
    Keine Sorgen machen? Das war nun wirklich nicht das Problem. Warum sollte ich mir Sorgen machen? Wofür hält der Bursche sich eigentlich?
    Aber dann musste er wieder an den eigentlichen Grund denken.
    Nämlich, dass er einfach keine Lust hatte, den Gerichtssaal mit der Sporthalle zu vertauschen. Jetzt wenigstens noch nicht.
    Mitter.
    Dieser verdammte Mitter.
    Wieder verspürte er dieses Vibrieren, konnte es aber stoppen. Dieser Fall, wirklich ... an diesem Morgen war er vor allem hergekommen, weil er mit keiner neuen Arbeit anfangen wollte. Auf seinem Schreibtisch wartete ein Pyromane, das wusste er, aber wenn er überhaupt irgendetwas verabscheute, dann waren das Pyromanen.
    Er wollte nur ein paar Stunden lang zuhören. Um zu sehen, wie der Studienrat sich im Zeugenstand machte ... im Zeugenstand und in der Konfrontation mit Ferrati. Nur ein bisschen zuhören, bis es Zeit für Badminton und Mittagessen war.
    Und jetzt war er gefangen. Konnte sich einfach nicht losreißen. Noch nicht jedenfalls, wie gesagt. Nicht die Sache mit den Spitzenhöschen hielt ihn fest. Nein, es gab einen anderen Grund. Noch vor dem ganzen Palaver und der Unterbrechung war ihm aufgegangen, dass er hierbleiben und zusehen musste, wie sich das alles entwickelte ... nicht, weil er glaubte,
dass Mitter hier noch eine Chance hatte, darum ging es ihm nicht. Er war davon überzeugt, dass Mitter am Ende verurteilt werden würde.
    Aber war er schuldig?
    Hatte dieser halbvertrottelte Lehrer wirklich den Kopf seiner Frau unter Wasser gedrückt und festgehalten, bis sie tot war?
    Zwei Minuten? Nein, das war nicht genug ... drei, dreieinhalb Minuten ...
    Van Veeteren hatte seine Zweifel. Und Zweifel fand er überhaupt nicht gut.
    Und war Mitter klar bei Verstand?
    Zum Zeitpunkt des Mordes war er das bestimmt gewesen. Aber jetzt?
    Sie haben keine Spitzenhose an ... heute.
    Ich gebe alles zu, wenn ich eine Zigarette bekomme.
    Vor dem Richter und den Geschworenen. Es war großartig.
    Und... ganz zuletzt. Wenn Mitter seine Frau nicht umgebracht hatte, wer war es dann gewesen?
    Er dachte daran, dass Reinhart einmal gesagt hatte, dass keine zwei Berufe größere Ähnlichkeit miteinander haben

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