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Das grobmaschige Netz - Roman

Das grobmaschige Netz - Roman

Titel: Das grobmaschige Netz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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das ist ausgeschlossen...«
    »Genau. Die Blindschleichen in den Majoren haben keinen Dreck gesehen, nicht einen einzigen Buchstaben. Und dabei hat so ein Heini Mitter sogar beim Schreiben zugesehen!«
    »Wieso denn das?«
    »Weiß ich nicht. Entweder überwachen die das Briefeschreiben aus Sicherheitsgründen, oder dieser Typ schreibt
irgendeine Examensarbeit ... über den Zusammenhang zwischen Schizophrenie und Linkshändigkeit ... scheißegal. Das Wichtige ist, und jetzt hör gut zu, denn das ist wirklich grundlegend. . . ein Pfleger gibt Mitter Papier, Briefumschlag, Kugelschreiber und eine Briefmarke ... Mitter setzt sich in den Sammelsaal — so nennen die das wirklich — und schreibt seinen Brief. Dafür braucht er nur zehn Minuten — er gibt dem Pfleger den Brief, der wirft ihn zwei Stunden später, als er Feierabend macht, am Ausgang in den Briefkasten. Bis dahin hat er ihn in seiner Kittelschürze stecken. Hast du das Bild klar vor Augen?«
    »Sicher.«
    »Und was fällt dir daran auf?«
    Münster schloss die Augen. Lehnte den Kopf an die Wand und dachte nach.
    »Ich weiß nicht ...«
    »Die Adresse.«
    »Wie meinst du das?«
    »Nachdenken, Münster, zum Teufel! Wenn du das hier nicht schaffst, werde ich nie im Leben deine Beförderung befürworten.«
    »Natürlich ... woher wusste er die Adresse?«
    »Des Mörders, ja...«
    »Adressbuch?«
    »Nein. Hatte er nicht bei sich... im Krankenhaus überhaupt, meine ich.«
    »Telefonbuch?«
    »Gibt es nicht im Sammelsaal.«
    »Und da hat er die ganze Zeit gesessen?«
    »Der Krankenpfleger hat ihn nicht aus den Augen gelassen. Die ganze Zeit nicht, frag mich nicht, warum. Zwischen den Zimmern gibt es eine Glastür, er hat zwei Zigaretten geraucht, sagt er. Offenbar eine Marke, die fünf Minuten vorhält. . .«

    »Wenn er seinen Job wirklich ernst nähme, hätte er ja wohl einen Blick auf den Brief werfen können.«
    Van Veeteren grunzte.
    »Glaubst du, ich hätte ihm das nicht auch erzählt? Aber es steht noch nicht fest, dass uns das geholfen hätte, besonders lesekundig kam er mir nicht vor. Das war so ein Typ, der nicht weiß, welches Ende des Kugelschreibers nach unten gehört.«
    Münster lachte pflichtschuldigst.
    »Aber egal«, sagte Van Veeteren. »Niemand hat gesehen, was Mitter auf den Umschlag geschrieben hat. Er hat kein Adressbuch und kein Telefonbuch oder sonst was benutzt. Das bedeutet. . .«
    »Dass er die Adresse auswendig wusste. Ja, verdammt ...«
    »Genau. Obwohl ich das ein bisschen schneller kapiert habe. Wie viele Adressen weißt du auswendig?«
    Münster dachte nach.
    »Zähl sie doch mal auf«, sagte Van Veeteren.
    »Meine eigene«, sagte Münster.
    »Bravo«, sagte Van Veeteren.
    »Die meiner Eltern ...«
    »Und?«
    »Die aus meiner Kindheit, in Willby ...«
    »Zu alt.«
    Münster zögerte.
    »Die meiner Schwester in Hestrup, glaube ich.«
    Dann verstummte er.
    »Diese hier natürlich«, sagte er dann nach einer Weile.
    Van Veeteren suchte nach einem weiteren Zahnstocher, aber sein Vorrat war offenbar erschöpft.
    »War’s das?«, fragte er.
    Münster nickte.
    »Du bist zweiundvierzig Jahre alt und kannst vier Adressen auswendig. Das ist wirklich eine Leistung. Ich selber kann nur drei. Was schließt du daraus?«

    »Er hat an jemanden geschrieben, der ihm sehr... nahe steht.«
    »Oder?«
    »An sich selber?«
    »Idiot«, sagte Van Veeteren. »Oder?«
    »Oder an seine Arbeitsstelle.«
    Van Veeteren verschränkte hinter seinem Nacken die Hände und reckte sich in seinem Schreibtischsessel.
    »Das Bunge-Gymnasium«, sagte er. »Möchtest du ein Bier?«
    Wieder nickte Münster. Van Veeteren schaute auf die Uhr.
    »Wenn du mich nach Hause fährst, kannst du mich unterwegs zu einem Glas einladen ... ich glaube, im Kraus.«
    Münster zog seinen Mantel an.
    Das soll wohl ein Gunstbeweis sein, dachte er.
     
    »Ja verdammt, es ist ja Freitag«, stellte Van Veeteren fest, als sie sich einen Weg zur Theke freikämpften.
    Mit schäumenden Krügen zwängte er sich dann zwischen zwei jungen Frauen auf ein Sofa. Er zündete ein Zigarillo an, und zwei Minuten später gab es auch für Münster Platz.
    »Bunge oder ein guter Freund«, sagte Van Veeteren. »Und die Freunde können wir wohl ausschließen. Gibt es irgendeinen Haken?«
    »Ja«, sagte Münster. »Zumindest einen ... einen ungewöhnlichen Namen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Wenn man einen ungewöhnlichen Namen hat, kommt die Post auch ohne genaue Adresse an. Zibebenstrudel oder

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