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Das grobmaschige Netz - Roman

Das grobmaschige Netz - Roman

Titel: Das grobmaschige Netz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Patienten, aber die kriegen zum Ausgleich ja Pillen. Na ja, jedenfalls wissen wir, dass er am Montag einen Brief abgeschickt hat. Wenn wir annehmen, dass der Mörder hier in der Stadt oder wenigstens in der Gegend wohnt, dann müsste er ihn am Dienstag erhalten haben. Er wartet noch den Mittwoch ab und schlägt dann Donnerstagabend zu ... verkleidet sich wie blöd, geht auf die Station, wartet in aller Ruhe ... versteckt sich acht oder neun Stunden ... kapierst du, Münster? Dieser Arsch wartet acht oder neun Stunden, bis es soweit ist. Das finde ich wirklich beeindruckend. Wir haben es hier nicht mit irgendeinem Trottel zu tun, ich glaube, das sollten wir uns ganz klar vor Augen halten.«
    Münster nickte. Seine Müdigkeit legte sich jetzt. Er schaute aus dem Fenster. Die Silhouetten der Kathedrale und der Hochhäuser am Karlsplatz zeichneten sich vor dem Nachthimmel ab, und langsam stellte sich das Gefühl ein, das er bei neuen Ermittlungen früher oder später immer hatte und das ihn manchmal dazu zwang, hellwach im Bett zu liegen, obwohl ihm vor Müdigkeit schon schwindlig war. Irgendwo dort draußen war der Mörder ... einer der dreihunderttausend Einwohner dieser Stadt hatte zwei Menschen getötet, und es war ihre, seine und Van Veeterens und die der anderen, verdammte Pflicht und Schuldigkeit, ihn zu finden ... oder sie. Es würde wohl eine Heidenarbeit sein. Man wandte
Tausende von Arbeitsstunden auf, bis alles so weit war, und wenn man endlich mit einem Ergebnis dastand, musste man hinnehmen, dass fast alles, was man unternommen hatte, völlig unnütz gewesen war. Man wusste dann, hätte man einfach von Anfang an dies und jenes gemacht, dann wäre der Fall nach zwei Tagen geklärt gewesen und nicht erst nach zwei Monaten.
    Aber das war erst der Anfang. Noch wusste man im Grunde nichts; es gab nur Van Veeteren und ihn selber, eingesperrt in diesem unordentlichen Zimmer, eingesperrt mit Fragen und Antworten und Annahmen und der langsamen, erbarmungslosen Suche nach dem richtigen Weg. Denn wenn sie den nicht fanden, wenn sie anfangs einen Irrweg einschlugen, ja, dann war es möglich, dass sie nach zwei Monaten mit tausend vergeudeten Stunden und ohne Mörder dastehen würden. Das war der Mühlstein an ihrem Hals, die Möglichkeit, am Ende der Sackgasse zu stehen und zu wissen, dass sie zurückgehen mussten. Und die erste Wegkreuzung war immer die wichtigste.
    »Wir haben uns geirrt«, sagte Van Veeteren, als ob er Münsters Gedanken gelesen habe. »Wir haben Mitter festgenommen, und jetzt ist er tot. Wir sind es ihm zumindest schuldig, diesmal den Richtigen zu erwischen.«
    »Ich habe mir eins überlegt«, sagte Münster. »Diese Morde sind so verschieden. Falls es derselbe Täter war, meine ich. Der zweite ist so viel ... professioneller durchgeführt als der erste. Vielleicht war Mitter beim ersten sogar dabei. Der erste wirkt weniger geplant ... schlampig. Dieser hier ist viel ... kälter.«
    Van Veeteren nickte.
    »Ja, ich weiß. Er hat Blut geleckt, er hat dazugelernt. Aber zurück zu diesem Brief. Hörst du zu?«
    »Sicher.«
    »Mitter schreibt einen Brief an den Mörder, an den Mensehen,
den er in Verdacht hat, etwas mit dem Tod seiner Frau zu tun zu haben...«
    »Halt!«, sagte Münster. »Woher wissen wir, dass er wirklich an den Mörder geschrieben hat? Es könnte doch auch ein ganz harmloser Brief gewesen sein ... an einen Bekannten.«
    »Die Untersuchungen laufen noch«, sagte Van Veeteren und steckte sich einen neuen Zahnstocher in den Mundwinkel. »Aber wir sind noch nicht fertig. Von denen, die ihm am nächsten gestanden haben, die Exfrau, die Kinder oder seine guten Freunde, hat niemand einen Brief bekommen. Einige haben wir noch nicht erreicht, Petersen und Stauff kümmern sich darum ... aber ich glaube nicht, dass sie jemanden finden werden.«
    »Aber das kann doch auch bedeuten ...«
    »Sicher, es ist sehr gut möglich, dass einer von ihnen der Mörder ist, aber es schadet bestimmt nichts, wenn er dann merkt, dass wir keine Idioten sind. Wenn wir ihm dann in einigen Wochen über den Weg laufen, brauchen wir nur noch zuzulangen. Ein Mörder, der eine Zeit lang auf die Folter gespannt worden ist, ist eben etwas ganz Besonderes.«
    Münster nickte.
    »Zurück zu dem Brief«, sagte Van Veeteren. »Gehen wir davon aus, dass der Brief dem Mörder irgendetwas mitteilen soll. Fragen, Münster.«
    »Ja, die Adresse, natürlich. Kann irgendwer den Umschlag gesehen haben? Aber ich nehme an,

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