Das große Buch der Lebenskunst
sein, und oft genug darfst du selbst aktiv mithelfen, dass sich Chaos in Ordnung, Dunkles
in Helles, Krankes in Heiles und Abgelehntes und Verdrängtes verwandelt in das unberührte Bild Gottes. Wer das in sich entdeckt, findet seine persönliche
Berufung, sein Charisma, sein Wort, das nur er dieser Welt zu sagen hat.
Ratgeber werden
W ir spüren in uns einen Drang, unsere Wunden zu verstecken. Vielleicht wehrst auch du dich dagegen, sie
anderen zu zeigen. Du denkst, das würde dich schwächen. Die Leute würden über dich schlecht reden, sie würden dich verachten und dich aus ihrer
Gemeinschaft ausschließen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Wenn du den Mut findest, deine Wunden zu zeigen, dann wirst du erfahren, wie Menschen zu dir
kommen und dir von ihren Verletzungen und ihren Wunden erzählen. Du wirst zu einem Ratgeber für andere. Deine Wunde wird zu einer kostbaren Perle werden,
für dich selbst und für andere.
Du musst deine Wunde freilich nicht jedem zeigen und brauchst auch ein Gewand, mit dem du deine Wunde bedecken kannst vor neugierigen Gaffern.
Spüre, wo es angebracht ist, die Wunden zu zeigen, und wo es besser ist, sie zu bedecken.
Vergeben
D er Schwache kann nicht verzeihen. Verzeihen ist eine Eigenschaft der Starken.« Das ist das Wort eines
frommen Hindu, Mahatma Gandhi. Er hat sich in seinem Engagement übrigens ausdrücklich auf Jesus berufen.
Manche Christen empfinden es als Last, dass sie dem vergeben sollen, der sie verletzt hat. Bei ihnen bekommt die Vergebung einen resignierenden
Beigeschmack. Ich darf gar nicht wütend sein. Ich muss vergeben. Doch Verzeihung ist immer Ausdruck von Stärke und nicht von Schwäche.
Ich kann dem andern nur vergeben, wenn ich mich erst einmal innerlich von ihm distanziert habe. Dazu brauche ich die Aggression, eine starke innere
Kraft, mit der ich den andern aus mir herauswerfe.
Der zweite Schritt der Vergebung ist dann, dass ich die Verletzung beim andern lasse. Vergeben heißt: das, was der andere mir antut, wegzugeben, so
dass es mich nicht mehr belastet.
Der dritte Schritt besteht dann darin, dass ich versuche, den andern zu verstehen. Wenn ich ihn verstehe, dann ist die Vergebung nicht mehr eine
mühsame Pflicht, der ich mich unterziehe, um dem Gebot Jesu zu gehorchen, sondern ein Akt der Befreiung. Wenn ich verstehe, dass der andere mich nur
verletzt hat, weil er selbst ein »verletztes Kind« ist, weil er seine eigenen Verletzungen weitergegeben hat, dann hat er keine Macht mehr über mich. Ich
werde frei von dem, was er mir angetan hat.
Solange ich nicht vergeben kann, bin ich an den andern gebunden. Vergebung befreit mich. Manche Menschen werden nicht gesund, weil sie nicht vergeben
können. Es braucht einen guten Selbstand, um vergeben zu können. Und zugleich führt die Vergebung zu innerer Stärke und Klarheit und Freiheit.
Lust am Leben wecken
W er Verantwortung für andere hat, kann sie auf verschiedene Weise wahrnehmen. Er kann andere klein
machen, damit er an seine eigene Größe glauben kann. Er kann abhängige Menschen um sich sammeln, deren einzige Aufgabe ist, den Chef zu bewundern. Doch
wenn ich andere klein mache, kann ich auch nur eine kleine Leistung erwarten. Und von Bewunderungszwergen wird nichts Kreatives ausgehen. Für mich heißt
Verantwortung und Führung: Leben wecken, Leben hervorlocken. Das verlangt, dass ich mich in den Einzelnen hineinmeditiere, dass ich mir bewusst mache, was
ihn bewegt, worunter er leidet, wonach er sich sehnt, was in ihm an Potential steckt. Es verlangt ein gutes Sichhineinspüren in den andern, um den
Schlüssel zu entdecken, durch den ich Zugang finde zum inneren Reichtum, der in jedem steckt, zu seinen Fähigkeiten, zu seiner Phantasie und
Kreativität. Wer Leben weckt in den andern, dessen Arbeit ist in sich sinnvoll. Er dient mit seiner Arbeit dem Leben, der Gesundheit, der Freude, der Lust
am Leben. Und er tut in seiner Arbeit nichts anderes, als das Gebot Jesu zu erfüllen: »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!«
Erbarmen üben
W er Erbarmen übt, tut sich selbst wohl.« Diese Einsicht steht in der Bibel (Sprüche 11,17). Sie ist
gültig bis heute – vom »Mehrwert des Guten« hat Allan Luks einmal in zeitgemäßer Sprache gesprochen: Wer andern hilft, hilft auch sich selbst.
Auch das Gegenteil liegt auf der Hand: Wer den andern hart behandelt, tut sich selber weh. Wenn ich einen anderen anschreie, verletze ich mich
selber. Ich
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