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Das große Buch vom Räuber Grapsch

Das große Buch vom Räuber Grapsch

Titel: Das große Buch vom Räuber Grapsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Pausewang
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im Kerzenlicht ein Paar grau-grün-braun geringelte Tarnsocken, wie er sie sich immer gewünscht hatte.
    Es regnete nun fast jeden Tag, und die Bäume bogen sich im Sturm. In der Frühe war das Brombeerdickicht samt Bartbüscheln von Grapsch und seinem Vater und seinem Großvater bereift, und hin und wieder fielen ein paar Flocken. Olli hängte Grapschs großen Räuber sack vor den Höhleneingang, damit es drinnen warm blieb. Er wurde ja jetzt nicht gebraucht. Nun war es in der Höhle finster. Nur der Feuerschein erhellte sie.
    Olli fror jetzt viel. Sie weinte manchmal heimlich. Besonders dann, wenn das Feuer über Nacht ausgegangen war und morgens Eiszapfen von der Höhlendecke herabhingen, fühlte sie sich sehr unglücklich. Mit Sehnsucht dachte sie manchmal an ihr warmes kleines Zimmer in Tante Hedwigs Häuschen in Juckendorf. Außerdem wurde sie von Tag zu Tag dicker.
    „Wo ich doch sowieso schon immer etwas moppelig war", klagte sie.
    „Von mir aus kannst du auch eine Kugel werden", meinte Grapsch. „Ich mag dich, egal, ob rund oder eckig."
    Aber ihr blieb nicht viel Zeit für trübe Laune. Sie hatte wirklich alle Hände voll zu tun.
    „Lass doch diese blöden Nüsse und Bucheckern", brummte der Räuber im Laubbett. „Sobald ich wieder fit bin, raub ich in einer Nacht mehr zum Essen, als du in einer Woche sammeln kannst."
    „Werde du erst mal fit", sagte Olli. „Du liegst ja noch so schlapp da wie ein frischer Kuhfladen."
    Diese Worte ärgerten ihn. Er, der dem Polizeihauptmann Sieghelm Stolzenrück am helllichten Nachmittag die Stiefel abgenommen hatte, der den Juckenern auf der Nase herumtanzte, er wurde mit einem schlappen Kuhfladen verglichen!
    Er hob den Kopf. Er hob ihn zehnmal. Er hob ihn zwanzigmal. Er drehte ihn hin und her. Dann ließ er ihn zurückfallen, zog sich die rosa Steppdecke, die er einmal einer alten Dame von der Teppichstange geraubt hatte, bis unter die Nase und schlief den Rest des Tages. So sehr hatte ihn diese Übung erschöpft. Aber am nächsten Tag schaffte er es schon, die Arme senkrecht hochzuheben.
    Er übte eisern weiter. Drei Tage später gelang es ihm bereits, sich alleine aufzusetzen. Wieder drei Tage später konnte er schon seine Olli hochstemmen. Das war früher für ihn eine Kleinigkeit gewesen, nicht der Rede wert. Aber jetzt trat ihm dabei der Schweiß auf die Stirn.
    „Siehst du", jubelte Olli, als er sie über sich hielt, „es wird!"
    „Aber die Beine rühren sich nicht", seufzte er. „Sie tun, als wären sie nicht von mir."
    Da zog sie ihm die neuen Socken an die Füße, lcuschelige Wollsocken, richtige Zehenwärmer. Und schon ging es ihm besser. „Jetzt musst du nur noch Appetit kriegen", ermunterte ihn Olli, „dann bist du bald wieder in Hochform." Und sie machte ihm eine Pfanne voll Bratkartoffeln mit Speck. Die musste er ganz leer essen.

Rein ins Grab -raus aus dem Grab

    Mit dem Essen kam der Appetit. Jeden Tag aß Grapsch mehr, bis fast alle Vorräte aufgebraucht waren, die er über den Sommer zusammengeraubt hatte. Und schließlich, am allerletzten Novembertag, war es so weit, dass er ein paar Schritte aus der Höhle wagen konnte, ein paar torkelige Schritte durch den frisch gefallenen Schnee.
    Olli strahlte, obwohl Grapsch zum Erbarmen aussah: blass und so mager, dass er zweimal in seine Lederhose gepasst hätte. Seine Muskeln waren jämmerlich zusammengeschrumpelt. Er geriet bis an das Loch, das Olli gegraben hatte. „Gute Arbeit", lobte er. „Das hätte ich dir gar nicht zugetraut." Da strahlte Olli noch mehr.
    „Hurra", brüllte er, „in ein paar Tagen wird wieder geraubt!"
    Da begann Olli zu weinen. Sie warf sich die Schürze vors Gesicht und schluchzte: „Jetzt hast du so lange nicht geraubt. Willst du dir's wirklich wieder angewöhnen?"
    „Ich war doch nur verhindert", sagte er finster. „Wenn sich hier jemand was abgewöhnen muss, dann bist du's. Nämlich, mir dauernd das Rauben abgewöhnen zu wollen. Das macht mich ganz verrückt."
    „Du kannst noch lange nicht fort", antwortete sie. „Du bist noch viel zu schwach."
    „Und was sollen wir, bitte schön, in ein paar Tagen essen, wenn die Vorräte weg sind ? Etwa Nüsse und Brombeermarmelade ?"
    „Warum nicht?", sagte sie zornig. „Und du kannst ja auch ab und zu mal einen Hasen oder einen Hirsch schießen."
    „Wo soll denn die Munition dafür herkommen, wenn ich sie nicht raube?", fragte er.
    Darauf wusste sie nichts zu antworten.
    Am nächsten Tag schaffte er es schon bis zum

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