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Das große Buch vom Räuber Grapsch

Das große Buch vom Räuber Grapsch

Titel: Das große Buch vom Räuber Grapsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Pausewang
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wurde, kochte sie sich einen kräftigen Kaffee. Dann nahm sie den Spaten und hob vor der Höhle ein Grab aus - dort, wo sie das Blumenbeet geplant hatte.
    Sie grub den ganzen Tag. Der Räuber Tassilo Grapsch war ja fast zwei Meter lang, und so musste es ein riesengroßes Loch werden, tief genug, dass ihn die Füchse nicht wieder herausscharren konnten.
    Rings um das Loch wuchsen die Erdhaufen immer höher, und Olli verschwand immer mehr in der Tiefe. Als sie das Grab endlich tief genug fand, konnte sie fast nicht mehr heraus. Sie musste über den Spatenstiel hochklettern. Im Sumpf spiegelte sich schon die untergehende Sonne, und der Räuber lag noch ebenso stocksteif im Heu wie am Abend zuvor.
    Wie aber sollte sie den großen Kerl aus der Höhle ins Grab kriegen ? Er war ja drei- oder viermal so schwer wie sie. Weder mit Zerren noch mit Schieben brachte sie ihn auch nur einen Zentimeter vom Fleck. Sollte sie Hilfe aus Juckenau holen? Aber dann würde man sie sofort ins Gefängnis stecken. Sie hatte ja damals mitgeholfen, die eiserne Ofentür aus der Sparschweinfabrik Fleiß & Preis AG zu rauben.
    „Ach Tassilo", schluchzte sie und beugte sich über den steifen Räuber, „was soll nun aus uns beiden werden? Du bist tot und kannst nicht ins Grab, und ich bin eine Witwe und kann nicht aus dem Wald heraus. So kurz nur waren wir beisammen, und nie, nie wieder werde ich mit dir auf der Ofentür am Sumpf sitzen und meinen Kopf in deinen Bart kuscheln können. Nie mehr werden wir die Frösche gemeinsam quaken hören!"
    Sie warf sich über ihn, weinte laut und küsste ihn auf sein Gesicht, wo's gerade hintraf, von der Stirn bis zum Kinn, von einem Ohr zum andern. Dabei geriet eines ihrer roten Löckchen in sein linkes Nasenloch. Da wölbte sich plötzlich sein Brustkorb, und er nieste so gewaltig, dass Olli fast bis an die Höhlendecke geschleudert wurde. Eine ganze Reihe von Brombeermarmeladegläsern kippte vom Schrank.
    „Tassilo, mein Tassilein", ächzte Olli, sobald sie wieder auf ihren Mann heruntergefallen war, „ach, Tassilo, dass du lebst, mein Her-zensgutzerle, mein Freudenkäuzchen! Und ich wollte dich schon begraben -"

    „Begraben?", fragte der Räuber matt. „Mich? Du mich?" Er fing an zu lachen, und sie lachte mit. Sie lachten beide so aus voller Brust, dass sie kurz darauf einschliefen. Sie hatten ja allen Grund, erschöpft zu sein. Und so schliefen sie drei Tage und drei Nächte durch. Am vierten Morgen erwachte Olli von der Kälte. Verwirrt hob sie den Kopf und sah sich um. Sie waren übersät von Fledermauskot. Unter dem Kessel prasselte längst kein Feuer mehr, und von draußen glänzte es weiß herein. „Tassilo", rief sie und rüttelte ihn, „es hat geschneit!" Grapsch wollte den Kopf heben, konnte aber nicht. „So früh?", seufzte er. „Dann wird's ein strenger Winter. Schlecht für unser-einen. Wenn Schnee liegt, kann man nicht rauben. Die Spuren, verstehst du?"

Schlapp wie ein frischer Kuhfladen

    Zwar taute der Schnee sofort wieder weg, als die Sonne höher stieg, aber die Herbstblätter fielen, und der Wald wurde kahl. Wildgänse und Kraniche überflogen ihn mit traurigem Schrei in Richtung Süden. Längst waren die Wespen verschwunden. Kein Frosch quakte mehr.
    „Die Pilze sind hin", sagte Olli und leerte, schlotternd vor Kälte, die beiden Taschen in den Sumpf aus. „Aber nach diesem Schrecken kann ich fürs Erste sowieso keine Pilze mehr sehen." Sie zündete wieder das Feuer unter dem Kessel an und kochte die Marmelade fertig. Gleichzeitig stellte sie einen Topf mit Wasser an den Rand des Feuers und bereitete einen Tee für den Räuber. Er war noch so schwach. Nicht einmal kauen konnte er. Mehr als dünne Suppen konnte er noch tagelang nicht hinunterkriegen.
    Auch sein guter Appetit kam nur langsam wieder. Matt lag er im Heu und ließ sich von den Fledermäusen bekleckern. Olli musste alles allein machen: die letzte Marmelade in die Gläser füllen, Holz hacken, das Feuer hüten, kochen, das alte, stinkige Heu hinauswerfen und ein neues Bett aus frischem Herbstlaub und vertrocknetem Farn aufschütten, Wasser vom Bach holen und Wäsche waschen. Wann immer ihr ein bisschen Zeit übrig blieb, sammelte sie Haselnüsse und Bucheckern, trug sie heim, klopfte sie auf und trennte die Kerne von den Schalen. Nach und nach füllte sie eine ganze Schublade mit Haselnusskernen und eine zweite mit Bucheckern. Und abends setzte sie sich neben Grapsch, schaltete das Kofferradio ein und strickte ihm

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