Das große Buch vom Räuber Grapsch
Fledermäuse nicht aus der Höhle hast scheuchen lassen. Überhaupt - diese Höhle!"
Die ganze Nacht beobachteten sie das Kind. Aber Quarka schlief fest. Als sie erwachte, saugte sie putzmunter an Ollis Brust. „Gott sei Dank", sagte Grapsch. „Sie scheint Fledermausdreck gut zu vertragen."
„Egal, ob Durchfall oder nicht", sagte Olli energisch, „jedenfalls steht fest: Höhlen sind nichts für kleine Kinder. Tassilo, wir brauchen ein Haus!"
Überschall im Darm
Nein, von einem Haus wollte Grapsch nichts hören. Da nahm er lieber seine Taschenlampe und die große Ersatzräuberpistole aus der Schrankschublade - die andere Pistole hatten ihm die Juckenauer Polizisten abgenommen, bevor sie ihn ins Gefängnis gesteckt hatten -, warf sich den Beutesack über die Schulter und stapfte davon. Nur so hatte er seine Ruhe. Und schließlich musste ja auch Essen her! Quarka brauchte Milch, und Milch gab's nur, wenn Olli genug zu essen bekam. Außerdem spürte er selber heftigen Hunger. Er musste vorsichtig sein. Er war ja gerade erst aus dem Juckenauer Gefängnis ausgebrochen, und sicher lauerten alle Polizisten darauf, ihn wieder einzufangen. Und so schlich er diesmal nicht nach Jucke-nau, auch nicht nach Juckendorf, sondern nach Juck am See. Dort raubte er selten. Dort würde man ihn nicht erwarten.
Es war schon dunkel, als er an den See kam. Er konnte ihn nicht überqueren, denn das Eis war schon getaut. So musste er außen herumgehen, um das Dorf zu erreichen. Er schlug einen Bogen um den Bahnhof und schlich an den Gleisen entlang. Vor dem Einfahrtsignal, das auf Rot stand, wartete ein Güterzug. Der Lokomotivführer streckte den Kopf aus dem Fenster, um frische Luft zu schnappen.
„Hallo", rief Räuber Grapsch aus der Dunkelheit zu ihm hinauf, „was bringst du denn Schönes ins Juckener Ländchen? Kohle? Autos?"
„Nichts dergleichen", antwortete der Lokomotivführer. „Lauter Fressalien. Von Schinken bis Nudeln, von Kaffee bis -" Grapsch grunzte erfreut, kletterte am ersten Wagen hinter der Lokomotive hinauf und schoss das Türschloss auf.
„He", rief der Lokomotivführer empört, „was machen Sie denn da?"
„Na was wohl?", fragte Grapsch gelassen. „Einen Überfall natürlich."
In diesem Augenblick wurde das Einfahrtsignal grün. Der Lokomotivführer musste weiterfahren. „Schuft!", brüllte er wütend zu Grapsch hinüber. Der kümmerte sich nicht um das Geschrei, schob hastig die Tür auf - und schon war er im Wagen. Das war ein Duft! In aller Eile warf er drei Kisten Salamiwurst zur Tür hinaus. Vier riesige Schinken schleuderte er hinterher. Er kannte die Gegend genau. Er würde alles wieder finden.
Der Lokomotivführer war in Panik: Auf den Bahnhöfen Juck am See und Juckendorf durfte er nicht halten. Denn in Juckenau, der Endstation dieser Bahnlinie, wartete der Schnellzug DONNER UND DO RIA. Der durfte erst abfahren, wenn der Güterzug angekommen war, damit es keinen Zusammenstoß gab. Und er musste pünktlich abfahren! So konnte der Lokomotivführer dem Bahnhofsvorsteher von Juck am See nur verzweifelt zurufen: „Räuber im Zug!"
Der Bahnhofsvorsteher sah dem Zug kopfschüttelnd nach. Er hatte noch nicht erfahren, dass Grapsch aus dem Gefängnis ausgebrochen war. Und außer Grapsch gab es keine Räuber im Juckener Ländchen.
„Ich glaube, der Lokomotivführer wollte sich einen Spaß mit uns machen", sagte er zum Fahrkartenverkäufer. „Oder er spinnt." Grapsch turnte inzwischen durch die offene Waggontür wieder hinaus und hangelte sich hinüber zum zweiten Wagen. Tür auf! -Hinein! - Nudelpakete und Zuckersäcke raus! - Weiter zum dritten Wagen! Vier Heringsfässer rollten den Bahndamm hinunter, eine Margarinekiste platzte auf, acht Käse, groß wie Hutkoffer, flogen durch die Nachtluft und landeten in einem Tümpel am Waldrand.
Und da rumpelte der Zug auch schon durch den Bahnhof von Juckendorf. Auch dort stand der Bahnhofsvorsteher auf dem Bahnsteig und grüßte zur Lokomotive hinauf.
„Räuber im Zug!", schrie der Lokomotivführer und winkte verzweifelt.
Der Bahnhofsvorsteher war schon einunddreißig Jahre im Dienst. Durch den Lärm der vielen Züge, die im Lauf seines Lebens an ihm vorübergedonnert waren, hörte er nicht mehr gut. „Wie bitte?", rief er.
Der Lokomotivführer beugte sich weit aus der Lokomotive und brüllte aus Leibeskräften: „Überfall! Alarm!"
„Der Arme", sagte der Bahnhofsvorsteher bekümmert zu einem Weichensteller, der gerade vorüberkam. „Er
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