Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das große Buch vom Räuber Grapsch

Das große Buch vom Räuber Grapsch

Titel: Das große Buch vom Räuber Grapsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Pausewang
Vom Netzwerk:
scheint sehr krank zu sein. Geschrien hat er vor Schmerzen! Er sollte sich krankschreiben lassen."
    „Was hat er denn?", fragte der Weichensteller teilnahmsvoll. „Überschall", sagte der Bahnhofsvorsteher. „Wahrscheinlich eine von diesen modernen, heimtückischen Krankheiten. Im Darm, hat er gesagt. Dort ist es sicher ganz besonders lästig."
    „Hm, hm, hm, Überschall im Darm", seufzte der Weichensteller und ging weiter. Plötzlich blieb er stehen und sagte: „Waren deshalb die Türen der Waggons offen?"
    Der Bahnhofsvorsteher starrte ihn einen Augenblick blöde an, dann rannte er zum Telefon.

Die Polizei sieht nackte Waden oder: Ein Holzweiblein mit Räuberbart

    Für Grapsch wurde es nun höchste Zeit, vom Zug zu springen, denn der nächste Bahnhof war Juckenau. Er brach noch schnell den nächsten Wagen auf, scharrte elf große Kaffeepakete und zwei Mehlsäcke aus der Tür und sprang ihnen nach. Mit ein paar Purzelbäumen rollte er in ein Brombeergebüsch. Aber seine gute alte Lederhose ließ keinen Dorn durch.
    Und nun war Eile nötig. Er knipste seine Taschenlampe an. Im Nu hatte er die Kaffeepakete in seinem Räubersack verstaut. Die Mehlsäcke knotete er zusammen und hängte sie sich über den Nacken. Geduckt lief er am Bahndamm entlang zurück. Der Schnellzug DONNER UND DORIA brauste hinter ihm heran, zischte an ihm vorüber und raste ohne anzuhalten durch den Bahnhof von Juckendorf.
    Um diesen Bahnhof schlug Grapsch einen Bogen. Eine Viertelstunde später erreichte er den Weiher, in dem die Käse lagen. Er legte sein Gepäck am Ufer ab und watete in den Morast. Bis zum Gürtel war er voll Schlamm, als er, mit Käse beladen, wieder ans Ufer kam. Mit dem Bart wischte er sich und die Käse sauber. Es zeigte sich, dass der große Räubersack doch zu klein für Kaffee und Käse war. Aber Grapsch war findig: Er stopfte so viele Kaffeepakete vorn und hinten in seine Lederhose, bis alle Käse im Beutesack Platz fanden. Und die Margarine steckte er ins Hemd.
    Er rannte, so schnell er mit der vollen Hose konnte, in den großen Rabenhorster Wald hinein. Dort hatte er viele Verstecke für seine Beute. Das Versteck, das Juckendorf am nächsten lag, war eine breite Felsspalte. Die war ihm schon oft nützlich gewesen, wenn er seine Beute nicht gleich hatte heimschleppen können. Hier hob er sich die Mehlsäcke vom Nacken, leerte Sack und Hosen aus und lief zurück zum Bahndamm. Am liebsten hätte er vor Freude laut gesungen, denn so ein Raub war ihm schon lange nicht mehr geglückt !
    Auch die Zuckersäcke und Nudelpakete stopfte er in die Felsspalte, aber zwei Heringsfässer musste er stehen lassen, als er Schritte auf den Gleisen hörte. Das konnten nur Polizisten sein! Trotzdem kehrte er noch einmal um, denn auf die Würste und Schinken wollte er nicht verzichten. Aber nun wagte er nicht mehr, die Taschenlampe anzuknipsen. Auf allen vieren kroch er herum und suchte die Salamis zusammen.
    Da hörte Grapsch auch schon die Polizeisirene heulen. Ein Jeep kam auf der Straße neben der Bahnlinie her angesaust. Aber Grapsch konnte unglaublich stur sein. Keinen einzigen Schinken, keine Salami wollte er der Polizei überlassen! Er drückte sich ins Gebüsch und ließ den Jeep vorbeifahren. Kaum war diese Gefahr vorüber, stopfte er Wurst und Schinken in seinen Sack. Aber der erwies sich schon wieder als zu klein. Nun, in solchen Schwierigkeiten wusste sich Grapsch immer zu helfen: Diesmal zog er die Hose aus und band die Hosenbeine zu. Und schon hatte er einen zweiten Sack! Rasch stopfte er in den Zwei-Zipfel-Sack alles, was nicht mehr in den Beutesack hineingegangen war, lud sich den einen Sack auf den Rücken, den anderen auf die Brust und stapfte mit flatterndem Hemd, das ihm bis zu den Knien reichte, auf den Wald zu.
    In diesem Augenblick kam der Polizeijeep zurück. Gerade an der scharfen Kurve, wo der Räuber Grapsch einmal dem Polizeihauptmann Sieghelm Stolzenrück die Polizeistiefel Größe neunundvierzig abgenommen hatte, hielt er an. Die Polizisten leuchteten mit ihren starken Polizeitaschenlampen den Waldrand ab. „Dort ist wer!", rief einer von ihnen, als sein Lampenstrahl den Räuber streifte, der sich eben ins Gebüsch am Waldrand drückte. Alle drei Polizisten starrten angestrengt hinüber. Aber sie sahen nur einen riesigen Sack, aus dem Knüppel ragten. Unter dem Sack flatterte ein Rock, darunter sah man nackte Beine in Stiefeln. „Eine Frau", sagte der Polizist, der am Steuer saß, und gab Gas.

Weitere Kostenlose Bücher