Das große Buch vom Räuber Grapsch
zwischen den Dachsparren hinausspähte und ihn rennen sah, rief sie erschrocken: „Du hast ja nichts an!" Und als sie sah, dass er in Richtung Jucke-nau rannte, kreischte sie ihm nach: „Und wehe, du raubst!"
Meerschweinchen in der Bluse
Am Abend, als es schon finster war, klopfte es an Maxens Tür. Besser gesagt: Es tat Schläge, dass das ganze Häuschen zitterte. Max, der Feuerwehrmann, war gerade von einem Feuerwehreinsatz zurückgekommen und saß in der Badewanne, um sich den Ruß abzuwaschen. Das Wasser in der Wanne war kohlrabenschwarz. Herrje, schon wieder brennt's wo!, dachte er, sprang aus der dampfenden Wanne und rannte pudelnackt zur Haustür. Aber kein Feuerwehrmann stand davor, sondern Räuber Grapsch, ebenfalls pudelnackt. Nur seine Füße steckten in Stiefeln. Er war blauviolett vor Kälte. „Du bist's, mein lieber Lebensretter!", rief Max erfreut und zog ihn ins Haus.
Grapsch antwortete nicht. Sein Unterkiefer war am Oberkiefer festgefroren. Aber als er die dampfende Wanne erblickte, wurde er lebendig, fuhr aus den Stiefeln und hüpfte mit einem mächtigen Satz ins Rußwasser, dass die Wogen über den Rand schwappten. „Bist du wahnsinnig?", rief Max. „Du wirst doch ganz schwarz!" Grapsch zog die Knie hoch, rutschte tief in die Wanne, tauchte den Kopf ganz ein, bis alles Festgefrorene aufgetaut war, tauchte als Mohr wieder auf und grunzte: „Lieber schwarz als kalt -" Max schüttelte den Kopf, trocknete sich ab und zog sich an. Dann kochte er einen Riesentopf Kartoffeln und schlug ein Dutzend Eier in die Pfanne, wobei er sich Sorgen machte, ob diese Menge wohl reichte. Und was sollte Grapsch anziehen? Schon stieg der Räuber aus der Wanne, schwarz gestreift, und Wasserbäche ergossen sich in die ganze Wohnung. Max riss schnell seinen Kleiderschrank auf, schleppte herbei, was er besaß, und Grapsch probierte. Hosen platzten, Nähte krachten. Schließlich entschied er sich für Maxens Jogginganzug. Der war dehnbar. Die Hosenbeine reichten zwar nur bis knapp unter die Knie, und die Bluse war nicht im Stande, Grapschs Bauch zu bedecken. Aber Grapsch langte sich einfach das nasse Badetuch her, wickelte es sich um die nackte Partie zwischen Hose und Bluse - und fertig.
Als Max Kartoffeln und Rührei auf Grapschs Teller häufte, winkte der Räuber traurig ab und wischte sich mit dem Bart über die Augen.
„Du hast keinen Hunger?", rief Max bestürzt. „Dann geht's dir schlecht. Erzähle! Kratz dir's von der Seele, Mann!" Da geschah etwas Unglaubliches: Grapsch, dieser riesige, haarige Kerl, fing an zu weinen. Er weinte so heftig, dass sein Bart troff und das Rührei vom Tisch geschwemmt wurde. Vor Rührung weinte Max mit. Und sobald er den Grund für Grapschs Tränenstrom erfahren hatte, begann er gleich alles, was er in seiner Speisekammer hatte, in einen Bettbezug zu füllen. Denn einen Sack hatte er nicht zur Hand.
„Danke", schluchzte Grapsch und umarmte Max so heftig, dass dem die Knochen knackten. „Ich verspreche dir auch, dass ich dir dafür gern noch mal dein Leben rette ..."
Gemeinsam wischten sie die Wohnung trocken, dann nahm Grapsch Abschied.
„Warte", sagte Max, „ich muss dir noch was zeigen, bevor du gehst." Und er führte Grapsch in den Schuppen, wo er ihm stolz seine Meerschweinchen vorführte, die er seit seiner Heimkehr aus dem Rabenhorster Wald züchtete. „Hier", sagte er und steckte dem Räuber ein schwarzes Meerschweinchen vorn in die Bluse, „ein kleines Geschenk für Quarka."
„Und Lisbeth?", fragte Grapsch.
Es zeigte sich, dass Max noch nichts von Lisbeth wusste. „Nein so was!", rief er. „Ich gratuliere!" Und er steckte noch ein zweites Meerschweinchen in Grapschs Bluse, ein weißes.
Erleichtert stapfte Grapsch zurück in den Wald. Kurz vor Mitternacht kam er daheim an. Olli sprang an ihm hoch und wollte ihm um den Hals fallen, doch da sah sie sein schwarz gestreiftes Gesicht. „Wo warst du?", schrie sie entsetzt. „In einer rußigen Badewanne", antwortete er. Die Kinder waren auch noch nicht im Heu, sondern kugelten in der Stube herum. Als sie ihren Vater erkannten, krähten sie vor Vergnügen.
„Ich hab auch allen was Schönes mitgebracht", tönte Grapsch und wuchtete Olli den prallvollen Bettbezug vor die Füße. „Geraubt?", fragte Olli finster.
„Geschenke von Max", antwortete Grapsch. Und schon zog er das schwarze Meerschweinchen aus der Bluse und gab es Quarka in die Patschhände. Schwuppdiwupp, auch das weiße erschien. Er setzte es
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