Das große Doppelspiel
Ende
des Korridors und eilte nach oben.
Die Frage war, was er nun tun sollte. Im Haus war es
völlig still. Er blieb einen Augenblick in der Halle stehen und
horch te, schlich dann in Baums Arbeitszimmer und machte die
Tür leise hinter sich zu. Er setzte sich an den Schreibtisch, nahm
den Hörer ab und bat die Vermittlung, ihn mit Grancester Ab
bey zu verbinden. Es klingelte eine ganze Weile am anderen Ende der
Leitung, ehe Julie sich mit schlaftrunkener Stimme meldete.
»Ich bin’s, Craig. Tut mir leid, wenn ich dich aus dem Bett
geholt habe, aber es ist dringend.«
»Was ist passiert?« fragte sie, plötzlich hellwach.
»Du hattest recht, als du sagtest, irgendwas sei
nicht in Ord nung, aber du hättest dir nicht mal in deinen
wildesten Träu men vorstellen können, was für eine
Sauerei es ist. Hör genau zu …«
Als er ausgeredet hatte, sagte sie: »Was sollen wir machen?«
»Du berichtest es Martin Hare. Sag ihm, ich
brauche einen schnellen Transport nach Frankreich. Ich glaube nicht,
daß er nein sagen wird, wenn er die Fakten kennt. Ich werde so
schnell ich kann in Cold Harbour sein.«
»Wie denn? Mit dem Flugzeug?«
»Manchmal hast du wirklich eine gute Idee, Schatz. Bis dann.«
Er legte auf, zog seine Brieftasche hervor und nahm
seinen SOE-Sicherheitsausweis heraus. Er lächelte vor sich hin. Es
zahlte sich immer aus, aufs Ganze zu gehen. Er hatte sowieso nichts zu
verlieren. Er ging auf die Terrasse, lief im Schutz der Sträucher
zur Mauer, zog sich hoch und sprang auf die Eisen plattform. Einen
Moment später war er unten, lief den Gang entlang und erreichte
die Straße. Er hatte Glück. Als er die nächste Ecke
erreichte, entdeckte ihn ein Taxifahrer, der gerade seinen Dienst
begann, und lenkte den Wagen an den Bordstein.
»Na, wohin so eilig, Kamerad?« sagte er
und grinste. »Ich wette, Sie hatten eine anstrengende Nacht. Ihr
Yankees seid schon verrückte Typen.«
»Baker Street«, sagte Craig und stieg ein.
Er ging jetzt ein Risiko ein und setzte
auf die Vermutung, daß seine Auseinandersetzung mit Munro noch
nicht durchge sickert war. Er zahlte das Taxi, sprang die Stufen
zum Eingang der SOE-Zentrale in der Baker Street hinauf, zeigte seinen
Ausweis und wurde vom Sicherheitsposten durchgelassen. Das Gebäude
war bereits zum Leben erwacht, aber sie machten ja nie richtig zu. Er
eilte, zwei Stufen auf einmal nehmend, die rückwärtige Treppe
hoch und betrat das Büro der Dienststelle für
Beförderung und Sondertransporte. Das Glück war ihm immer
noch hold. Der Offizier, der Nachtdienst hatte – die Schicht
dauerte bis acht Uhr –, war ein pensionierter Infante
riemajor namens Wallace, der reaktiviert worden war. Craig kannte ihn
seit seinen frühen Tagen bei der SOE.
»Hallo, Osbourne«, sagte Wallace
überrascht. »Was treibt Sie so früh am Morgen aus den
Federn?«
»Der große Boß. Munro will, so
schnell es geht, nach Cold Harbour. Ich treffe ihn in Croydon. Geben
Sie mir bitte die übliche Ermächtigung für die RAF und
rufen Sie dann Croy don an und sagen Sie ihnen, sie sollen uns
erwarten. Wir wer den die Lysander brauchen.«
»Wir versuchen wieder, den Krieg auf die
schnelle zu ge winnen, ja?« Wallace klappte eine Akte auf,
nahm ein Formu lar heraus und füllte es aus.
»Ich glaube, offen gestanden, er denkt im Moment
mehr ans Angeln.« Craig saß auf dem Schreibtischrand und
paffte eine Zigarette. »Oh, Sie geben mir am besten gleich auch
einen Zet tel für den Wagenpark.«
»Stets zu Diensten.«
Wallace gab ihm die Dokumente. Craig sagte:
»Sehr gut – ich mache mich besser auf die Socken. Sie rufen
in Croydon an?«
»Aber sicher«, antwortete Wallace geduldig und langte zum Hörer, während Craig hinausging.
In Croydon regnete es leicht, aber die Sicht war gut, und
Craig, der auf dem Beifahrersitz des Jeeps saß, wurde durchs
Tor gewunken. Sie fuhren geradewegs zum üblichen Startplatz, wo
die Lysander, an deren Tragfläche sich noch einige Mecha
niker zu schaffen machten, bereits wartete. Craig schickte den Fahrer
fort und ging in die Wellblechhütte, wo Grant in Flie
gerkluft zusammen mit dem Unteroffizier Tee trank.
Grant sagte: »Hallo, alter Junge, ich hatte gedacht, ich hätte heute frei. Wo ist der General?«
»Planänderung«, erwiderte Craig.
»Er kommt später nach. Hier ist die Genehmigung.«
Er reichte ihm das Formular, und der Unteroffizier prüfte es. »In Ordnung.«
»Also dann, fliegen wir am besten
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