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Das große Haus (German Edition)

Das große Haus (German Edition)

Titel: Das große Haus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Krauss
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herschleifen konnte. Aber so heftig ich dem Rhinozeros den Speer auch in die Flanke stieß, ich bekam ihn nicht tief genug hinein. Am Ende lag der verrottende Leichnam auf dem Gehsteig vor unserer Wohnung, wo auch der kranke Ficus und das modernde Sofa gestanden hatten, aber inzwischen war eine erneute Wandlung erfolgt, und als ich oben im fünften Stock aus unserem Fenster nach unten schaute, wurde mir klar, dass das, was ich für ein Rhinozeros gehalten hatte, der Körper des verlorenen, verwesenden Dichters Daniel Varsky war. Am nächsten Tag, als ich in der Eingangshalle am Hausmeister vorbeiging, glaubte ich ihn sagen zu hören, Sie schlachten den Tod ja ganz schön aus. Ich stockte und wirbelte herum. Was haben Sie gesagt?, fragte ich. Er musterte mich ruhig, und mir war, als verrieten seine Mundwinkel ein leichtes Grinsen. Sie machen jetzt wohl das ganze Haus, sagte er. Die Renovierung. Das gibt einen Lärm mit diesen Handwerkern, ergänzte er und knallte scheppernd den Versorgungsaufzug zu.
    Mit meiner Arbeit lief es weiterhin schlecht. Ich schrieb langsamer denn je und immer mit nachträglichen Zweifeln an dem soeben Geschriebenen, unfähig, das Gefühl loszuwerden, alles, was ich in der Vergangenheit geschrieben hatte, sei falsch, abwegig, eine Art enormer Fehler gewesen. Mir kam der Verdacht, dass ich, statt die verborgenen Tiefen der Dinge zu enthüllen, wie ich es mir die ganze Zeit vormachte, in Wahrheit vielleicht das Gegenteil getan und mich selbst hinter den Dingen, die ich schrieb, versteckt hatte, sie benutzte, um einen heimlichen Mangel zu verschleiern, eine Unzulänglichkeit, die ich mein Leben lang vor allen anderen versteckt und durch das Schreiben versteckt gehalten hatte, sogar vor mir selbst. Ein Mangel, der mit den Jahren gewachsen und dementsprechend schwerer zu verbergen war, sodass meine Arbeit immer schwieriger wurde. Was für ein Mangel? Ich glaube, man könnte es einen Mangel an Geist nennen. An Kraft, Vitalität, Mitgefühl und von daher, als unvermeidliche Folge, einen Mangel an Wirkung. Solange ich schrieb, war die Illusion all dieser Dinge da. Die Tatsache, dass ich keine unmittelbare Wirkung sah, bedeutete nicht, dass es keine gab. Ich machte es mir zum Prinzip, die Frage, die mir mit einiger Regelmäßigkeit von Journalisten gestellt wurde: Glauben Sie, Bücher könnten das Leben der Menschen verändern? (womit in Wirklichkeit gemeint war: Glauben Sie tatsächlich, irgendetwas von dem, was Sie schreiben, könnte für irgendwen irgendetwas bedeuten?), mit einem unschlagbaren kleinen Gedankenexperiment zu beantworten, indem ich den Interviewer bat, sich einmal vorzustellen, was von seiner Person wohl übrig bliebe, wenn alle Literatur, die er in seinem Leben gelesen habe, irgendwie aus seinem Gedächtnis geschnitten, aus Geist und Seele getilgt würde, und während der Journalist über diesen nuklearen Winter meditierte, lehnte ich mich mit einem selbstzufriedenen Lächeln zurück, wieder einmal davor bewahrt, der Wahrheit ins Auge zu sehen.
    Ja, ein Mangel an Wirkung aus Mangel an Geist. Besser kann ich es nicht beschreiben, Euer Ehren. Und nachdem es mir über Jahre gelungen war, dies zu verbergen, einer gewissen Blutarmut im Leben mit der Entschuldigung einer anderen, tieferen Ebene des Seins in meiner Arbeit entgegenzutreten, merkte ich plötzlich, dass ich es nicht mehr konnte.
    Ich sprach nicht mit S darüber, ich sprach es nicht einmal gegenüber Dr.   Lichtman an, zu der ich während meiner Ehe regelmäßig ging. Ich nahm es mir vor, aber jedes Mal, wenn ich in ihrer Praxis ankam, überfiel mich ein Schweigen, und der unter Hunderttausenden von Worten und einer Million kleiner Gesten verborgene Mangel blieb wieder eine Woche in Sicherheit. Denn das Eingeständnis des Problems, das laute Aussprechen, hätte den Stein ins Rollen gebracht, auf dem alles andere ruhte, es hätte einen Notruf ausgelöst und danach endlose Monate, wenn nicht Jahre dessen, was Dr.   Lichtman «unsere Arbeit» nannte, was aber in Wirklichkeit nur eine grauenhafte Ausgrabung meiner selbst mit einer Reihe stumpfer Werkzeuge war, während sie in einem abgewetzten Ledersessel danebensaß, die Füße auf der Ottomane, und gelegentlich etwas auf den Notizblock schrieb, den sie die ganze Zeit auf ihren Knien balancierte, bereit für den Moment, da ich mich mit geschwärztem Gesicht und verkratzten Händen, einen kleinen Klumpen Selbsterkenntnis in der Faust, aus dem Loch herauskämpfte.
    Also machte ich

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