Das große Heinz Erhardt Buch
auf der Bühne des Kabaretts der Komiker und hatte zehn Hervorrufe - was mich nicht weiter verwunderte, ist doch zehn die Quersumme von dreiundsiebzig …
Aber schon im Oktober kam der nächste Gestellungsbefehl - diesmal mit der zweiten Post.
Und wieder begab ich mich zum Wehrbezirkskommando. Mit dem festen Vorsatz, Pferde, ja auch Hunde und Katzen völlig abzulehnen, betrat ich es.
»Treiben Sie Sport?« lautete diesmal die Frage. Schlau, wie ich nun einmal bin, antwortete ich: »Nein, überhaupt nicht!« - »Können Sie radfahren?« Nun, das war meine große Leidenschaft - also sagte ich: »Jawoll!«
»Schön! Dann kommen Sie zu den Radfahrern nach Brandenburg!«
Mir war auch nicht viel wohler als das erste Mal …
Wieder war es fünf Uhr morgens, als Pappi mit der Pappschachtel loszuckelte. Diesmal nahm ich die U-Bahn … Ein riesiger Kasernenhof verschluckte mich, und wieder umzingelten mich wehklagend fremde Angehörige, aber - und das war mir ebenso fremd - kein Dienstgrad schrie mich an! Im Gegenteil!
Man fragte mich freundlich, wohin es mich zöge, worauf ich - wie gehabt - den bekannten Schein vorwies. »Nach links, bitte, da, wo der kleine Haufen steht!« Aha, dachte ich beim Anblick der paar Radfahrer, es scheint doch nicht so viele davon zu geben, wie allgemein behauptet wird …
Ich gesellte mich also zu ihnen.
Plötzlich steuerte ein Offizier auf uns zu und musterte uns leutseligen Auges. Als sein Auge - ich glaube, es war das rechte - auf mir zu ruhen geruhte, stutzte er und trat auf mich zu: »Sind Sie nicht dieser Klavierhumorist, über den ich noch gestern im Kabarett der Komiker so herzlich gelacht habe?« - »Jawohl!« erwiderte ich, so gut es mir die Klöße im Halse gestatteten. »Machen Sie, daß Sie wegkommen!« flüsterte er mir zu, drehte sich um und ging.
Und ich auch. Was heißt, ich ging? Ich rannte und rannte …! Selbst ein Radfahrer hätte Mühe gehabt, mich einzuholen …
Ausgerechnet am 11. 11. mußte ich wieder zum Wehrbezirkskommando. »Diesmal aber«, sprach ich zu mir, »bist du nicht so dumm! Weder kannst du radfahren, noch bist du tierlieb, kurz, du kannst und bist gar nichts!«
So gerüstet betrat ich die mir schon liebgewordenen Räume …
Der Wehrbezirkskommandant begrüßte mich, als seien wir Freunde: »Na, mein Lieber, hat es das letzte Mal wieder nicht geklappt?« - »Nein, leider!« - »Nun, man hört ja so allerhand von Ihnen! Kabarett der Komiker und so! Was machen Sie da eigentlich?« - »Ich singe Chansons und begleite mich selbst am Klavier.« - »So, Sie können klavierspielen? Das ist ja großartig! Das Musikkorps der Kriegsmarine in Stralsund sucht einen Klavierspieler. Für was sie den brauchen, weiß ich nicht! Die werden doch nicht, wenn sie durch die Stadt marschieren, ein Klavier vornewegschieben?! Ha-ha-ha! Ist ja auch egal! Hätten Sie Lust?!«
Na und ob! Und so kam ich als Nichtschwimmer und Brillenträger zur Marine … !
Die Gardinenpredigt
An den blumigen Gardinen
hängen Reste deiner Predigt,
und seitdem du sie gehalten,
bin ich für die Welt erledigt.
Einsam schleich ich durch die Landschaft.
Und der Schwager und die Nichten
zeigen nun auf mich mit Fingern,
statt mich wieder aufzurichten.
Bis zur nächsten großen Wäsche
muß ich meine Wohnung meiden,
denn ich kann diese Gardinen,
die geblümten, nicht mehr leiden!
Dünne Luft
Ich sitz in fast viertausend Meter Höhe,
doch meine Stimmung ist so ziemlich down …
Die Luft ist dünn, das macht ganz schrecklich müde -
den Zustand merken Sie an diesem Liede:
mir ist, als wär vor meinem Kopf ein Zaun …
Doch ohne Zaun klafft dicht vor mir ein Abgrund!
Ist er es wert, daß man ihn überhaupt erwähnt?!
Nun, ich schreib dies Gedicht hin als Etüde …
Die dünne Luft macht wirklich einen müde –
sogar der Abgrund gähnt …!
Das Steckenpferd
Der eine liebt Konkretes nur,
der andre das Abstrakte,
der dritte schwärmt für die Natur
und deshalb für das Nackte.
Der vierte mag nur Fleisch vom Schwein,
der fünfte Milch und Eier,
der sechste liebt den Moselwein,
der siebte Fräulein Meier.
Für jeden gibt es was von Wert,
für das er lebt und streitet,
und jeder hat sein Steckenpferd,
auf dem er immer reitet.
* * *
Freunde, hütet euch vor diesen,
die da husten, wenn sie niesen! …
Drei Balladen
1
Es war einmal ein altes Schloß.
Und Kunibert, so hieß der Boß.
Er hatte Mägde, hatte Knechte
und eine Frau - das war das Schlechte!
Ihr Mund war breit, ihr Hals war lang,
und es klang
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