Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)
verändert. Es ist, als ob ich von Monat zu Monat in einer anderen Nährlösung schwimme und von meiner Umgebung je nach Stadt sanft (Sydney, Honolulu) oder unsanft (Mumbai, der verdammte Höllenpfuhl) in andere Bahnen gelenkt werde. Das große Vergnügen in diesem Jahr besteht darin, mich auf all die Vorschläge, die mir ein Ort zu machen scheint, bedenkenlos einzulassen. Und dann zu sehen, was passiert.
Ich kann jetzt schon sagen: Die Hawaii-Meike, die gefällt mir ganz gut. Die ist entspannter als die Werkseinstellung, das Modell Hamburg. Unaufgeregter. Aber sie hat auch viel von den bisherigen Monaten profitiert: Ich bilde mir ein, Shanghai hat mir das genauere Hinschauen beigebracht. Wenn man sprachlos ist wie ich in China, muss man andere Wege finden, um sich zurechtzufinden, und andere Wahrnehmungskanäle öffnen. Zuhause habe ich einen ziemlichen Schritt am Leib und rausche durch die Stadt, weil ich irgendwo hin will. Blind für meine Umgebung, die ich bestenfalls in Sekundenbruchteilen wahrnehme und sofort wieder vergesse. In Shanghai habe ich begonnen, die Straße Buchstaben für Buchstaben zu lesen. Nicht hastig umzublättern, sondern genau und geduldig hinzuschauen. Ich bin öfter stehen geblieben und habe einfach zugeguckt. So sehr das Leben um mich herum gerast ist, so langsam wurde ich dabei– wie sich jetzt herausstellt, die perfekte Vorbereitung auf Hawaii.
Und wie immer ist auch hier völlig unvorhersehbar, wohin mein Blick fällt und wo er sich verhakt. Ich lasse mich überraschen, auch von mir selbst. An einem Regentag in der Honolulu Academy of Art entdeckte ich zum Beispiel, dass es nach Anmeldung kleine, geführte Ausflüge nach Shangri La gibt, der sagenumwobenen Villa der exzentrischen Millionenerbin Doris Duke. Hin, natürlich– ich habe eine heimliche Schwäche für diese glamourösen Der große Gatsby- Gestalten der zwanziger und dreißiger Jahre, die mit ihrem Geld noch etwas anzufangen wussten.
Mit zwölf hatte Doris Duke 100Millionen Dollar (nach heutigem Wert circa vier Milliarden) von ihrem Vater geerbt, dem Gründer der American Tobacco Company. Für die Klatschpresse war sie ab da nur » das reichste Mädchen der Welt«. Doch anders als die meisten poor little rich girls des letzten Jahrhunderts, die unter ihrem Reichtum eher litten, als dass sie ihn genossen, hat sie das Beste aus ihrem vergoldeten Leben gemacht. Sie war eine intelligente, eigenwillige, athletische Frau, gut 1,80Meter groß. Sie beherrschte fünf Sprachen, schrieb Jazzsongs, sang in einem Gospelchor, lernte tanzen bei Martha Graham, spendete einen guten Teil ihres Vermögens für wohltätige Zwecke und reiste, reiste, reiste zu einer Zeit, als das Reisen auch für sehr reiche Menschen noch eine Zumutung war. Ihre einjährige Hochzeitsreise– sie war Anfang 20, ihr Mann ein 15Jahre älterer Politiker, die Ehe hielt immerhin fünf Jahre– führte sie einmal um den Globus, nach Ägypten, Indien, Indonesien, China. Unterwegs verliebte sie sich unsterblich: erst in islamische Kunst und Architektur, dann in Hawaii.
Eigentlich hatte sie nur zwei Wochen auf Oahu bleiben wollen, dann wurden es vier Monate. Sie freundete sich mit der Surflegende Duke » The Big Kahuna« Kahanamoku und seinen fünf Brüdern an, ging mit ihnen surfen, paddeln und segeln.
Schnell war klar: Hier wollte sie ihr Haus bauen, nicht wie geplant im Millionärsghetto Palm Springs. 1937 begannen die Arbeiten an Shangri La. Der Name stammt aus einem Bestseller jener Jahre, Lost Horizon von James Hilton, der einen mythischen Ort in Tibet schilderte. Schnell wurde er zum Kürzel für jede Art von verstecktem Paradies auf Erden.
Und gut versteckt ist Shangri La bis heute. Von außen sieht das Haus fast unscheinbar aus, ein schlichter weißer Quader. Innen allerdings öffnet sich eine ganze Welt: Es ist bis an den Rand gefüllt mit Schätzen aus allen Winkeln der Erde. Doris Duke kaufte Möbel und Teppiche in Syrien, Irak, Iran, Ägypten, Usbekistan und der Türkei, ließ Holzdecken in Rabat schnitzen und Kacheln in Isfahan fertigen, lieferte sich ein Bietgefecht mit dem Metropolitan Museum um einen Mihrab, eine kostbare Gebetsnische aus dem 13. Jahrhundert (der beim Angriff auf Pearl Harbor flott in den Keller gebracht wurde). Ein Museum war das Haus nicht, darin wurde gelebt, es wurde ständig umgebaut. An einer Wand ist ein kreisrundes Loch zu sehen, hier hat Doris Duke, damals fast 80, kurz vor ihrem Tod 1993 ein Ornament aus der Wand
Weitere Kostenlose Bücher