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Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)

Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)

Titel: Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meike Winnemuth
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nehmen, eine andere Zeitung kaufen und neue Gedanken in den Kopf lassen, mit einem Fremden an der Bushaltestelle sprechen– und das ist nur die erste halbe Stunde nach dem Aufstehen. Wie kann man sich als Gefangener des eigenen Lebens fühlen, wenn man den Schlüssel zu einem anderen doch selbst in der Hand hat? Zu einem Leben, das gleich nebenan liegt, das weder Anstrengung noch Geld, noch Abschied von dem erfordert, was man liebt?
    Das war auch Thema eines schönen Abends, den ich letzte Woche mit einer ausgesprochenen Meisterin des Sowohl/als auch verbrachte: Michelle Witton, Schauspielerin und Rechtsanwältin, die zwischen London und Sydney pendelt. Ich habe sie vor einem halben Jahr in Sydney kennengelernt. Hier in London lud sie mich in den BAFTA Club ein, in dem sie Mitglied ist– glücklicher hätte sie mich gar nicht machen können.
    Als ich nämlich vor ein paar Jahren mal kurz in Brooklyn wohnte und mich meine New Yorker Freundin Sarah mit einem Mann verkuppeln wollte, pries sie ihn so an: Investmentbanker, superreich, frisch geschieden– und Mitglied des Knickerbocker Club. An all dem interessierte mich nur Letzteres. Ich habe eine Schwäche für alte Clubs, ich mag die getäfelten Räume, die knarrenden Dielen, das Ticken der Standuhren, das Rascheln der Zeitungen, das in der Regel fürchterliche Essen im clubeigenen Restaurant. Die Idee eines third place, eines Ortes zwischen Arbeitsstätte und Zuhause, hat mir immer eingeleuchtet. Ich finde, man braucht solche Dekompressionskammern zwischen Nicht-mehr-da und Noch-nicht-hier, feste Orte für Gespräche, die sich um anderes drehen als die Banalität des Alltags oder die Banalität der Arbeit.
    Aus dem Knickerbocker-Mann und mir wurde nichts (er fand sich spannender als mich, was in seinem speziellen Fall eine grobe Fehleinschätzung war), stattdessen suchte ich mir einen eigenen Club, den Montauk Club in Park Slope, und wieselte mich dort als Gast-Mitglied ein. Ich erzählte dem Auswahlkomittee, dass ich das Haus zum Schauplatz eines Romans machen wolle und dass ich mich deshalb ein bisschen umsehen müsse. Recherche und so. Das genügte ihnen, und fortan stand ich ein paarmal in der Woche gegen sechs an der Bar neben anderen Clubmitgliedern, die auf dem Heimweg kurz abgebogen waren, mit Aktentaschen oder Einkaufstüten neben sich Gin Tonics tranken ( » easy on the tonic, please«) und den peruanischen Barmann Antonio zwangen, frisch gekaufte CD s aufzulegen, gern The Mamas & The Papas. Es waren einige der glücklichsten Monate meines Lebens.
    Deshalb hatte ich mich auf diesen Abend gleich doppelt gefreut: Nicht nur auf Michelle, sondern auch auf den BAFTA Club. BAFTA ist die British Academy of Film and Television Arts, die jährlich ihre eigenen Oscar-ähnlichen Awards verleiht, der Club– in Piccadilly, ein paar Häuser von Fortnum & Mason entfernt– ist Treffpunkt für Schauspieler, Regisseure, Drehbuchautoren. Es ist einer dieser Orte, die nur so prickeln vor Möglichkeiten, vor vergangenen und zukünftigen Projekten. Wie viele Filme wohl an dieser Bar geboren wurden?
    Michelle hatte ich zuletzt vor sechs Monaten gesehen; unsere Gespräche drehten sich folglich viel um das, was bei uns in dieser Zeit passiert war. Das Ergebnis ist in meinem Fall wenig überraschend: jede Menge.
    Es ist immer gut, mal von jemandem zur Vogelperspektive gezwungen zu werden. Ich war mittlerweile zweimal um den Globus gezirkelt– was hat das mit mir gemacht? Schwer, das von sich selbst zu sagen, aber ich würde behaupten: Ich bin sowohl aufmerksamer als auch unerschütterlicher geworden. Ich gucke mehr hin, ich lasse mehr zu, ich bin mehr anwesend. Blödes Wort, aber mir fällt kein besseres ein.
    Außer ein paar weiße Flecken auf meiner Landkarte zu füllen hat dieses erste Halbjahr, bilde ich mir ein, auch ein paar weiße Flecken in meinem Inneren gefüllt. Wenn man allein unterwegs ist, muss man lernen, sich auf sich selbst zu verlassen und vor allem: es mit sich selbst auszuhalten. Dabei hilft, wenn man einen nachsichtigen Blick auf sich wirft in Momenten, in denen man überfordert und eingeschüchtert ist, wie ich es in Indien war, oder lethargisch wie in Hawaii. Auch das sind anscheinend Aggregatzustände von mir und damit kann ich gut leben. Mich hatte ja die transformative Kraft des Woanders interessiert: Na bitte, hier hatte ich sie.
    » Wo hat es dir am besten gefallen?«, fragte Michelle.
    Fragt jeder. Und die Antwort fällt mir von Monat zu Monat

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