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Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)

Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition)

Titel: Das große Los: Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meike Winnemuth
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stürzte die Klippen hinunter, während sich die Nordsee mehr und mehr ins Landesinnere vorarbeitete.
    Schließlich stand nur noch die Ruine der All-Saints-Kirche. » 1919 ist sie zusammen mit den Gebeinen der in dem umliegenden Gottesacker Begrabenen über den Abhang hinuntergerutscht«, schreibt Sebald. » Dunwich mit seinen Türmen und vielen tausend Seelen ist aufgelöst in Wasser, Sand und Kies und dünne Luft. Wenn man hinausblickt in die Richtung, wo die Stadt einst gewesen sein muss, dann spürt man den gewaltigen Sog der Leere.«
    So ist es. Wir fröstelten an diesem trostlosen, untröstlichen Ort, und das hatte nichts mit dem Westwind zu tun, der durch die Straßen pfiff.
    Ein Dörfchen weiter landeinwärts, in Westleton, sah es schon ganz anders aus. Ein heiterer Ententeich, Vorgärten mit Stockrosen und Kornblumen und ein labyrinthisches Antiquariat in einer ehemaligen Methodistenkirche. Überall standen verschlissene Sessel; ein handgemaltes Pappschild forderte dazu auf, mit einem Stock auf einen alten Ölkanister einzudreschen, um die Buchhändler aus den hinteren Räumen zu locken. Ein Mädchen erschien, fragte, ob wir gern Tee hätten, und brachte ein Tablett. Ich fragte nach dem Buch von Sebald, ich wollte es gern in London weiterlesen.
    » I have to ask Bob«, sagte sie.
    Bob erschien aus den Katakomben, ein leichenblasser Mann mit schlohweißem Haar, gekleidet in eine blaugestreifte Pyjamahose, und nach einigem Hin und Her wurde das Buch gefunden.
    » Es ist die Erstausgabe der englischen Übersetzung, deshalb ein bisschen teurer«, sagte Bob. Ganze sechs Pfund.
    Wieder zuhause in London erreichte mich verspätet eine Mail von meinem alten Freund Andrew, Germanistik-Professor in Cambridge, derzeit aber leider in Berlin, sonst hätte ich ihn auf dem Heimweg besucht: » Noch schöne Tage in Suffolk. Die Ringe des Saturn von Sebald kennst Du wahrscheinlich? Ich habe neulich einen Aufsatz zum emigrierten Dichter und Übersetzer Michael Hamburger geschrieben, der in Suffolk lebte und auch bei Sebald vorkommt.«
    Warum ich so ausführlich von diesem Ausflug erzähle? Weil ich feststelle, dass die besten Momente dieser Reise immer die sind, wenn mehrere Elemente zu einem vielstimmigen Gesang zusammenkommen: ein Ort, der etwas in mir zum Klingen bringt, ein Buch über diesen Ort, meine eigene Geschichte (mit 18 war ich kurz und sinnlos in Andrew verliebt, seinetwegen habe ich Anglistik studiert), meine Stimmung, die Menschen, die mir begegnen…
    Oft sind gerade solche stillen Tage, an denen gar nichts Besonderes zu passieren scheint, die wichtigsten. Oder solche, die ich völlig komatös verbringe, die gibt es auch. Tage wie Schnupfen, die ich kraft- und antriebslos einfach vergehen lasse.
    Solche Tage sind nötig, ich habe sie inzwischen zu schätzen gelernt. Ich hadere nicht mehr mit ihnen und nicht mehr mit mir. Oberflächlich betrachtet passiert nichts, in Wirklichkeit aber eine Menge. Dinge werden verarbeitet, Kräfte gesammelt, Gedankenfetzen formen sich zu kleinen Zellklumpen. Die Sporttrainingslehre sagt: Muskeln wachsen an Ruhetagen. Gerade an solchen tauben, scheinbar vertrödelten Tagen sickert die Reise an irgendeine geheime Stelle meiner Eingeweide. Dahin, wo Sinn entsteht.
    Das alles ist natürlich überhaupt nicht steuerbar. Ich muss Dich bei unserem nächsten Treffen unbedingt noch mal genauer ausfragen, wie Du Deine Entdeckungen gemacht hast. Zufall? Systematisches Durchtesten? Abfallprodukt aus einem Fehler, auf der Suche nach etwas ganz anderem, wie das bei der Erfindung des Post-its war? Ich mochte immer das Zitat von Thomas Alva Edison, der erst im 1 0 000-sten Versuch eine funktionstüchtige Glühbirne entwickelte: » Ich bin auch vorher nicht gescheitert. Ich habe 9999 Wege entdeckt, wie es nicht geht.«
    Nicht nur ein gutes wissenschaftliches Prinzip, sondern auch eine gesunde Lebenseinstellung: Das Scheitern ist Teil der Versuchsanordnung. Wie Beckett sagt: » Try. Fail. Try again. Fail better.« Keine Erfahrung ist je vergebens.
    Und so endete mein zweitbester Monat nach San Francisco in Deinem Park hinter dem Haus. Meine beste Freundin Katharina war für ein langes Wochenende nach London geflogen, um mich zu besuchen. In solchen Fällen hofft man ja bizarrerweise immer, dass die Stadt sich von ihrer besten Seite zeigt; in etwa so, wie Eltern sich dafür verantwortlich fühlen, dass sich die Kinder in Gegenwart Fremder anständig benehmen. Dieser eine Monat, den ich hier gewohnt

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