Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
hörte, ließ er schnell eine prächtige Mahlzeit anrichten; dabei saß der General neben der Prinzessin und meinte schon, er hätte sie. Ja, damit hatte es aber gute Weile, denn als ihm gegen das Ende der Tafel eine große goldene Schüssel vorgehalten wurde und er den goldenen Apfel darauf legen sollte, und er in die Tasche griff und den Wunderapfel herausziehen wollte, da hatte er einen Dreck in der Hand und der roch so übel, dass die Prinzessin ohnmächtig wurde, denn die war derartige Gerüche nicht gewohnt. Der König aber wurde ganz wüthend, denn er meinte, der General hätte ihn zum Narren halten wollen; er rief die Schildwache herein, und ließ den General in das dunkelste Gefängniß werfen und ihn nur mit Wasser und Brot traktiren, was dem General lange Zeit nicht zum Besten schmecken wollte.
Nun geschah es, dass ein gemeiner Soldat, der aber ein sehr gutes Herz hatte, desertirte, weil das Soldatenspielen ihm nicht gefiel und er lieber einerlei Tuch am Rock trug, als zweierlei. Der kam auch, aber ganz zufällig, in den großen Wald und da setzte er sich in's Gras, zog ein Stückchen Wurst und Brot aus der Tasche und schnitt's zu Scheiben und fing an, es zu verzehren. Indem er damit beschäftigt war, trat das graue Männchen zu ihm und sprach: „Mich hungert sehr, gib mir auch ein Stückchen Brot und ein Scheibchen Wurst!“ „Von Herzen gern,“ sagte der Soldat, schnitt eine dicke Scheibe vom dicksten Ende der Wurst ab, brach das Brot in zwei Teile und gab das größte Stück mit der Wurst dem Männchen. Da sprach das Männchen: „Ich danke dir von Herzen und weil du so gut gegen mich warst, so will ich es auch gegen dich sein.“ Und es zog einen goldenen Apfel aus dem Sack und ein Pfeifchen und gab's dem Soldaten und sprach: „Mit dem Apfel kannst du dir die Königstochter erwerben, wenn du ihn dem König bringst, und das Pfeifchen wird dir auch schon gute Dienste tun.“ Und fort war's, und der Soldat wusste gar nicht, wo es hingeraten war, das kleine graue Männchen. Da hätte einer den Menschen springen sehen können! Er konnte lang seiner Freude nicht Meister werden, aber langsam kam es doch, wenn auch sehr langsam, eben wie der alten Frau das Tanzen.
Sein erster Weg war jetzt natürlich zur Hauptstadt. Da ging er in das Schloss, trat vor den König und sprach: „Herr König, ich habe den goldenen Apfel, womit man die Prinzessin erwerben kann.“ – „Hast du den Apfel, dann behalt ihn bis zu Ende der Mahlzeit,“ sprach der König und ließ schnell Gäste laden und ein Gastmahl zurichten, und der Soldat saß neben der Prinzessin und konnte sich nicht satt sehen, weil sie so sehr schön war, konnte aber gar nicht essen, denn er hatte viel zu viel Freude und hielt stets die Hand am Sack, worin der kostbare Apfel war, denn er war bang, er könnt ihm noch gestohlen werden. Am Trinken ließ er es aber nicht fehlen. Gegen das Ende der Mahlzeit brachte man die goldene Schüssel und da griff er schnell in den Sack, zog den Apfel heraus und legte ihn auf die Schüssel, indem er sprach: „Da habt ihr ihn, da ist er!“ – „Ach, wie schön!“ rief der König und da riefen auch die anderen Alle: „Ach, wie schön!“ Der Soldat aber sprach: „Jetzt hab ich euer Begehr erfüllt, Herr König, nun marsch zur Hochzeit, Jungfer Prinzessin!“
Dazu hatte die Königstochter aber nicht sonderliche Lust, denn der Soldat hatte so schlechte Kleider an und aus der Tasche guckte gar sein Stummelpfeifchen und ein Wurstzipfelchen, und außerdem hatte er so rauhe Hände und roch nach Tabak, so dass sie ein über das anderemal ihr Riechfläschchen vor die Nase hielt. Dem König gefiel der Schwiegersohn auch nicht zum Allerbesten und er meinte, es habe wohl noch Zeit bis in einigen Tagen. „In Gottes Namen, wenn's nicht länger wird,“ sprach der Soldat. „Ich möchte mir auch einen andern Kittel machen lassen.“ – Das ist gut, dachte der König. Kommt Zeit, kommt Rath.
Der König fing jetzt an nachzusinnen, wie er sich den Schwiegersohn ordentlicherweise vom Halse schaffen könne, aber es fiel ihm kein Mittel ein. Da dachte er an den General, der ihm stets mit klugen Rathschlägen zur Hand gewesen war, wenn der Schuh ihn irgendwo drückte, und er ließ ihn alsbald aus dem Gefängnisse holen und erzählte ihm Alles und frug ihn, was man dem Soldaten noch für ein schweres Stück aufgeben könnte. „Das will ich euch sagen, Herr König,“ antwortete der General. „lasst ihn hundert Hasen aus dem
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