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Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen

Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen

Titel: Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Grimm
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ausgestanden hatte, der liebe Gott die große warme Stube wieder aufSchloss, schaute er eines Morgens nach seiner Gewohnheit nach den Stiefeln, ob er sie nicht bald zu Schanden gelaufen habe. Da sah er, dass die Sohlen so dünn waren, dass sie keine acht Tage mehr halten konnten. Das war die erste frohe Stunde, welche er seit vielen Jahren wieder hatte und er dankte Gott auf seinen Knien dafür. Sein erster Weg war nach dem Walde zu, an dessen Ende der Einsiedel am großen Wasser wohnte. Er bat ihn, dass er ihm nur einmal noch den Kahn gebe, der ihn über das große Wasser trüge und der gute Einsiedel führte ihn zum Ufer und hieß ihn einsteigen. Ebenso schnell wie das erstemal war er am andern Ufer. Der zweite Einsiedel half ihm dort in den andern Kahn, also kam er zu dem dritten Einsiedel, welcher ihn zu den Vögeln schickte. Es dauerte nicht lange, da flog der Vogel Greif wieder heran und Ferdinand bat ihn flehentlich, er möge ihn noch einmal in das Himmelreich tragen. Da fasste der Greif ihn mit seinen starken Klauen und erhob sich in die Luft und flog immer höher und höher, bis er den Prinzen in dem wunderschönen Paradiesgarten niedersetzte. Unterwegs frug Ferdinand, wie es der schönen Prinzessin ergehe? Da sprach der Greif: „Seitdem du fort warst, ist sie sehr traurig gewesen, nun aber feiert sie ihre Hochzeit mit ihrem neuen Gemahl.“ Das schnitt dem armen Prinzen durch das Herz, und er bat den Greif, doch nur schnell zu fliegen, bevor die Prinzessin mit ihrem neuen Gemahl in ihre Kammer gehe.
    Als der Prinz an das Schloss kam, da erscholl ihm herrliche Musik entgegen und Alles war Freude und Lust. Leise schlich er durch das Tor und die Treppen hinan zu der Kammerthür seiner lieben Frau. Da zog er seine jetzt ganz zerrissenen Stiefel aus und stellte sie hin; an die Türe schrieb er:
    ›Es ist möglich, ein Paar eiserner Stiefel zu zerreißen,
    Und ist auch möglich ins himmlische Paradies zu reisen.‹
    Er selber aber stellte sich nebenan in eine dunkle Ecke.
    Abends als die Königstochter mit ihrem neuen Gemahl in ihre Kammer eingehn wollte, stieß sie an die eisernen Stiefel. Da erschrak sie freudig, aber noch mehr, als sie das Haupt erhob und auf der Thür las, was der Prinz geschrieben hatte. Sie erkannte daraus, dass ihr geliebter Ferdinand wieder zurückgekehrt sei, hieß ihren neuen Gemahl auf den andern Abend warten und ging allein in ihre Kammer. Wie war der Prinz so glücklich, als er sie in ihrer ganzen Schönheit wiedersah und nun wusste, dass sie ihn doch lieber habe, als ihren neuen Gemahl. Er regte sich aber nicht in seiner Ecke, bis sie in ihrem Zimmer war, dann ging er und offenbarte sich den Bedienten, befahl ihnen jedoch, keinem Menschen etwas von seiner Rückkehr zu sagen. Er wurde nun in seine prächtige Kammer geführt, wo er die Nacht blieb, er schlief aber nicht vor lauter Freude.
    Am folgenden Tage wurde auf Befehl der Prinzessin ein herrliches Mahl bereitet und alle Hochzeitsgäste dazu geladen. Als nun die Speisen aufgetragen waren, erhob sich die Prinzessin und sprach: „Ich habe eine eiserne Kiste, worin ich meine Perlen und Edelsteine verschlossen halte. Durch Unvorsichtigkeit verlor ich den Schlüssel dazu. Ich suchte lange vergebens danach, als ich ihn nicht finden konnte, ließ ich den Schlosser kommen und bestellte einen neuen Schlüssel. Nun habe ich glücklicherweise den alten Schlüssel wieder gefunden und möchte euren Rath hören, welchen der Beiden ich nehmen soll, den alten oder den neuen?“ „Natürlich den alten!“ riefen alle Gäste einstimmig. Da öffnete sich die Türe und der Prinz trat in den Saal und alle Gäste eilten ihm entgegen, ihn willkommen zu heißen, nur der neue Bräutigam nicht. Der schlich sich leise fort und Niemand hörte noch sah jemals wieder etwas von ihm. Zuerst vor allen aber flog die Prinzessin ihrem geliebten Gemahl an die Brust und ein glücklicheres Paar mag wohl nie gewesen sein, als die Beiden waren.
     
     

Von der schönen Schwanenjungfer
    In Frankreich war ein junger Jägerbursch, der war der beste Schütze weit und breit, aber an einem Tage ging er bis zum Abend im Wald herum und konnte nicht zum Schuss kommen. So kam er endlich mitten in der Wildniß an einen großen schönen See, darauf schwamm ein Schwan, blank und silberweiß wie er noch keinen gesehen hatte. Er legte rasch seine Armbrust an und zielte auf den Vogel, da rief eine Stimme: „Schieß nicht, sonst kostet es dich dein Leben!“ Er erschrak und setzte

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