Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
herbei, die sie in den vierzehn Tagen gemacht und worein sie gestickt hatte, wer sie war und wie es ihr gegangen. Die Fahne ließ sie oben an den Mast nageln, damit Jeder gleich sehen könne, wer da komme.
Jetzt muss ich aber gestehen, dass sie eigentlich eine Königstochter war. Ihr Vater hatte drei wunderschöne Töchter gehabt, die waren ihm alle drei gestohlen worden und seit drei Jahren schon segelten des Königs Schiffe in der Welt umher und suchten. Solch ein Schiff kam nun heran geschwommen und sah die Fahne. Gleich war es da. Unter großem Vivatrufen stieg die Prinzessin mit ihrem Mann hinein und rasch ging es fort nach Haus zu.
Die Befehlshaber des Schiffs waren aber drei große Bösewichter, die hätten den Lohn für die Erlösung der Prinzessin viel lieber selber gehabt und so wurden sie eins, dass sie, als es dunkel wurde, den jungen Kaufmann im Schlafe beim Kopf nahmen und hinunterwarfen in die See.
Der hatte aber kaum das Wasser berührt, so war ein kohlschwarzer Kerl neben ihm, der hielt ihn, dass er nicht sinken konnte: er glaubte es wäre der Teufel. Gegen Morgen tat ihn der Schwarze wieder ins Schiff und als seine Frau da saß und sich grämte, weil ihr die Bösewichter erzählt hatten, wie er aus Versehen über Bord gefallen sei, ging auf einmal die Thür auf und er trat frisch und gesund herein. Die drei Mörder glaubten, er sei unbemerkt am Schiff wieder in die Höhe geklettert und stellten sich, als wenn sie sich sehr über seine Rettung freuten. Sie bauten ihm nun eine Falle und lockten ihn darauf, dass er auf einmal durch ein Loch wieder in das Wasser hinab fiel und dießmal kam er nicht wieder. Dann fuhren sie mit gutem Winde weiter und landeten daheim bei dem alten König. Der hatte eine gar zu große Freude und fragte, wer denn seine Tochter erlös't habe? „Das haben wir getan!“ sagten die Mörder und weil sie der Königstochter einen Schwur abgenommen hatten, dass sie nichts sagen durfte, so wurden sie große Männer im Land und der reichste von ihnen sollte die Prinzessin heiraten. Da sie sah, dass es nicht anders ging, bat sie sich Jahr und Tag Frist aus und als die Frist um war, sagte sie, jetzt wolle sie heiraten, vorher aber müsste ihr Bräutigam die drei Brautzimmer nach ihren Gedanken ausmalen lassen. Es wurden nun aus der ganzen Welt die besten Maler herbeigerufen, aber keiner konnte es ihr recht machen, immer sagte sie, es sei nicht nach ihren Gedanken.
Jetzt müssen wir wieder nach dem Kaufmannssohn sehen. Wie der zum zweitenmal ins Wasser fiel, hatte ihn auch gleich der Schwarze wieder beim Arm und führte ihn mit sich fort durch die Luft. Unterwegs aber sagte er zu ihm, er sehe jetzt, wie schlimm seine Sachen stünden, doch könne ihm noch geholfen werden, wenn er ihm das erste Kind, das er dereinst von seiner Frau bekomme, auf seinen zwölften Geburtstag zu eigen geben wolle. In seiner Not versprach der Kaufmannssohn Alles und war nur froh, dass es nichts Größeres war. Der Schwarze flog noch lang mit ihm fort und setzte ihn endlich in ein warmes Mooshüttchen, das weit, weit an dem steinigen Meerufer stand. Da lag er nun und hatte Hunger und Durst und dachte: ach wenn du nur ein gutes Stück Braten und einen Schoppen Wein hättest! Und noch hatte er's nicht fertig gedacht, da stand's schon da. Als er gegessen und getrunken hatte, wünschte er sich eine Pfeife Taback, und gleich hatte er sie im Munde. So lebte er fort, Jahr und Tag, und aß und trank zu was er Lust hatte und betrachtete die weite Aussicht. Nach langer Zeit endlich kam der Schwarze und fragte ihn, ob er nicht Lebkuchenbäcker werden wolle in einer großen schönen Stadt? Er verstand sich zwar nicht auf die Bäckerei, weil er sich nie damit abgegeben, doch um nur einmal fortzukommen aus dem langweiligen Hüttchen, sagte er zu. Der Schwarze packte ihn auf, flog wieder weit, weit mit ihm fort und setzte ihn endlich in die große schöne Stadt, einem Lebkuchenbäcker vor die Thür, der gerade einen Gesellen nötig hatte und den Kaufmannssohn deßwegen mit Freuden annahm. Der machte sich gleich an die Arbeit und die Sache ging ihm so gut von der Hand, dass man bald in der ganzen Stadt von dem geschickten Lebkuchenbäcker sprach. Es kam auch vor den König, der ließ ihn kommen und da er großes Wohlgefallen an ihm und seinen Bäckereien fand, so sagte er: wenn er die Lebkuchen so schön malen könne mit Bildern und Verslein, so könne er vielleicht auch seiner Tochter die Zimmer ausmalen, wie sie es haben
Weitere Kostenlose Bücher