Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
ihr Gift und sprach: „Mische ihm das in seinen Kaffee, dann plaudert er nicht mehr.“
Als der Knabe Nachmittags aus der Schule kam, rief ihn die Königin und sprach: „Da mein liebstes Söhnchen, trink deinen Kaffee.“ „Stell ihn auf mein Tischlein, liebe Mutter,“ erwiederte das Kind. „Ich laufe einmal schnell in den Stall, um nach meinem Füllchen zu schauen.“ Als der Knabe in den Stall kam lag das Füllchen da und war sehr traurig. „Füllchen, ach liebes Füllchen, was fehlt dir?“ fragte der Knabe und das Füllchen sprach: „Ach mein liebster Sohn, ach mein liebster Sohn, trink deinen Kaffee nicht, sondern gib nur ein wenig der Katze und du wirst sehn, was drin ist.“ Da sprang das Kind zurück und gab der Katze ein wenig von dem Kaffee und kaum hatte sie es getrunken, da flog sie wider die Decke und zerplatzte: so stark war das Gift.
Der Jud wusste gar nicht, was er dazu denken sollte, dass das Kind nicht sterben wollte, kam zu der Königin und sprach. „Au waih geschrieen, der Bub muss sterben, wenn er uns nicht verraten soll. Hier hast du Stoff zu einem Kittelchen, den trage zu den neun und neunzig Schneidern, und lass ihn schnell zurecht machen, dann muss er zu Grunde gehen.“ Die Königin tat, wie der Jud gesagt und gegen Mittag war das Kittelchen fertig. Als nun das Kind aus der Schule kam, rief sie es zu sich und sprach: „Sieh einmal, mein liebstes Söhnchen, was habe ich dir für ein schönes Kittelchen machen lassen!“ „Lege es auf mein Tischlein, liebste Mutter,“ antwortete das Kind; „ich laufe einmal schnell in den Stall, um nach meinem Füllchen zu schauen.“ Als der Knabe in den Stall kam, lag das Füllchen da und ließ den Kopf hängen. „Füllchen, ach liebes Füllchen, was fehlt dir?“ fragte der Knabe. „Ach mein liebster Sohn, ach mein liebster Sohn,“ sprach das Füllchen; „ziehe das Kittelchen von deiner Mutter nicht an. Droben in meiner Krippe liegt ein Stoff, der sieht eben so aus, trag ihn zu den neun und neunzig Schneidern und lass dir ein Kittelchen daraus machen und das ziehe an. In das andere sollst du den Haushund wickeln und du wirst sehen, was drin ist.“ Der Knabe tat also und als der Haushund in dem Kittelchen steckte, drehte er sich hundertmal im Kreis herum und war tot. Dann ging das Kind wieder zu den neun und neunzig Schneidern, holte sein anderes Kittelchen und zog es an, das stand ihm gar zu schön.
Am folgenden Tage kam Prinz Hans von seinem Feldzug zurück. Als er eben am Tor anlangte lief der schlechte Hofjud zu der Prinzessin und sprach: „Au waih geschrieen, der Prinz kommt und der Bub plaudert. Leg dich schnell ins Bett, stell dich todkrank und tue was ich dir sage, dann geht Alles gut.“ Dann gab er ihr einen bösen falschen Rath und lief weg.
„Wo ist meine herzallerliebste Frau?“ frug Hans, als er in das Schloss kam und er war ganz untröstlich, als er hörte, sie sei plötzlich todkrank geworden. Er eilte zu ihr und da tat sie gerade, als liege sie in den letzten Zügen. „Ach ist denn nichts, was dir helfen kann?“ rief Hans. Da sprach sie: „Alle Aerzte sind hier gewesen und keiner konnte mir einen Rath geben, außer einem, der hat aber sofort weiter reisen müssen, weil er so gar viel zu tun hat. Aber was der mir gesagt hat, kann ich nicht tun, ja nicht einmal sagen, ach es ist allzu erschrecklich.“ „Sage es nur,“ sprach Hans, „mir ist nichts zu teuer, wenn ich meine herzliebe Frau vom Tode retten kann.“ „Wenn ich es denn sagen muss,“ sprach sie und seufzte heuchlerisch dazu, „nun gut, dann will ich es sagen. Das einzige Mittel mich zu retten, ist dass du unseres lieben Söhnchens Zunge in Milch kochen lässest.“ Da war Hans noch viel unglücklicher. Er ging hinaus, da sprang ihm der Knabe mit dem Füllchen entgegen und Hans dachte bei sich: „Das Füllen ist mit dem Kinde zu ein und derselben Stunde geboren, wir wollen dem Tier die Zunge ausschneiden lassen.“ Während nun ein FeldScherer geholt wurde, sprach das Füllen zu dem Knaben: „Mein lieber Sohn, ach mein lieber Sohn, gleich kommen sie und wollen mir die Zunge ausschneiden. Bitte aber deinen Vater, er möge dich vorher dreimal herumreiten lassen und halte dich fest im Sattel.“ Gleich darauf kam der FeldScherer mit Messern und Scheren und Hans sprach: „Hole dein Füllen, lieber Sohn, wir müssen ihm die Zunge ausschneiden und sie deiner Mutter als Arznei geben, sonst stirbt sie.“ Der Knabe sagte: „Lieber Vater, lass mich vorher
Weitere Kostenlose Bücher