Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
lassen, doch er lässt sich nicht halten und fliegt als Rabe davon.
Sobald er vor dem Schlosse war, verwandelte er sich in einen Menschen und stieg ins Thal hinab. Unterwegs begegnete ihm eine alte Frau, die fragte, wohin er denn wolle. „Ich will den Riesen töten“, antwortete er. Da sprach sie: „So will ich dir ein Schwert geben, und wenn der Riese einen Waffenstillstand verlangt, so soll ein Brot aus der Luft geflogen kommen, das musst du auffangen und essen.“
Jetzt ging der Jüngling zur Riesenhöhle und forderte den Riesen zum Kampfe heraus; der aber spottete seiner und wollte anfangs gar nicht mit ihm kämpfen. Als sie dann aber doch einander gegenüber standen, schlug der Riese beim ersten Hiebe mit seinem eisernen Stabe fehl und der Lehrling hieb ihm unterdessen mit seinem Schwerte in den Arm. Deshalb musste er sich den Arm verbinden und um Waffenstillstand bitten, und sowie er das Wort aussprach, gedachte der Lehrling an das Brot, rieb die Hundehaare und wurde ein Windhund. Das Brot kam auch richtig schon durch die Luft geflogen, und schnapp hatte es der Windhund im Maule und verzehrte es. Es stärkte ihn aber so, dass er als Mensch sogleich von neuem den Riesen zum Kampfe herausforderte. Der hatte unterdessen den Arm verbunden und sprang grimmig auf den jungen Menschen los. Allein der rieb die Löwenhaare, sprang dem Riesen brüllend entgegen und tödtete ihn mit der ungeheuern Kraft, die das Brot ihm verliehen hatte. Als der Riese tot war, verwandelte er sich wieder in einen Menschen, schnitt ihm den Bauch auf und husch sprang der Hase heraus und lief den Berg herunter. Der Lehrling setzte als Windhund hinter dem Hasen her, packte ihn im Genick und schnitt ihm dann neben der Riesenhöhle mit seinem Schwerte den Balg auf. Sowie der geöffnet war, flog auch schon die Taube davon. Der Lehrling aber verwandelte sich in einen Raben, holte sie ein, packte sie und flog mit ihr nach dem Schlosse zum Fenster der Prinzessin hinein. Dort tödtete er die Taube, nahm das Ei heraus und gab es der Prinzessin.
Am andern Tage musste die Prinzessin den Mann ohne Leib wieder lausen. Da schlug sie ihm plötzlich, ohne dass er's ahnte, das Ei auf dem Kopfe entzwei, und da war der Mann ohne Leib erlöst und es wurden Pauken und Trompeten gehört. Jetzt aber sprach der Mann ohne Leib: die Prinzessin ist mein. Allein die wollte den Glockengießer heiraten, der ihr Erlöser war. Sie einigten sich nun alle Drei dahin, dass der Vater der Prinzessin entscheiden solle, wem seine Tochter angehöre, und reisten miteinander nach der Heimat der Prinzessin, wohin der Lehrling schon früher als Rabe einen Brief von ihr gebracht hatte mit der Nachricht, dass sie noch am Leben sei. Einstmals fuhren sie zusammen über ein Wasser und der Glockengießer neigte sich über den Kahn, da warf der Mann ohne Leib ihn sogleich hinein und er ertrank. Darüber war der Mann ohne Leib hoch erfreut, die Prinzessin aber weinte über den Tod des Glockengießers. Als die Beiden nun miteinander zum Schlosse des Königs kamen, bestimmte der, dass zum Andenken an den Glockengießer alle Tage in das Wasser geschossen werden solle, in dem er ertrunken war. Wie nun die Soldaten des Königs, um den Glockengießer zu ehren, zum dritten Male in das Wasser geschossen hatten, kam ein weißes Männchen aus dem Wasser herauf und sprach: „Werft nur den Mann ohne Leib in das Wasser hinein, dass er ertrinkt, so wird der Glockengießer wieder lebendig aus dem Wasser hervorkommen.“
Da wurde der Mann ohne Leib in das Wasser geworfen, und gleich darauf tauchte der Glockengießer ganz munter daraus hervor. Jetzt stellte der König eine große Hochzeit an und der Glockengießer heiratete die Prinzessin.
Soldat Lorenz
Es war einmal ein Soldat mit Namen Lorenz, der diente bei einem Könige. Drei Mal kam in der Nacht auf seinen Posten ein Geist und kündigte ihm an, dass er seinen Abschied nehmen und ihm nachfolgen solle, um König zu werden. Als der Geist in der dritten Nacht kam, hatten ihm seine Kameraden gesagt, er solle auf ihn feuern. Das Gewehr aber versagte ihm und der Geist sprach: wenn er ihm nicht gehorche, so koste es sein Leben. Er solle immer gen Morgen gehen, da würde er Anweisung erhalten, was er weiter zu tun habe.
Am vierten Tage verlangte der Soldat seinen Abschied, den er auch erhielt. Lorenz reiste nun mehrere Tage; die Lebensmittel, die er mitgenommen, wurden all, und mit dem Hunger kamen Zweifel, ob wirklich der Geist ihn gerufen habe.
So
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