Das grosse Muminbuch
spülte das Meer eine kleine Welle über die Landspitze. Sie schlüpfte hinein über die Schwelle und kräuselte für einen kurzen Augenblick den Wasserspiegel. Dann war der Kolk wieder unbewegt und glotzte schwarz und blank zum Himmel.
Dort ist es tief, dachte der Vater. Oh, dort muss es sehr tief sein.
Meine Insel ist wie eine ganze Welt, hier gibt es alles, und sie hat genau die richtige Größe. Nein, bin ich glücklich! - Es ist, als hielte ich die ganze Welt in meiner Pfote.
So schnell er konnte, lief er zum Leuchtturm, er wollte den Kolk zeigen, bevor ihn jemand entdeckte.
Wie schade, dass es dort kein Regenwasser gibt, sagte die Mutter. Nein, nein, das Meer hat ihn gemacht! Der Vater holte mit den Pfoten aus. Mächtige Stürme haben sich über die Insel geworfen und den Kolk gefüllt und die Steine auf dem Grund hin- und hergerollt, immer rundherum, bis er so furchterregend tief geworden ist.
Vielleicht gibt es Fische dort? schlug Mumintroll vor.
Das ist sehr wahrscheinlich, sagte der Vater. Und wenn es da welche gibt, dann sind sie kolossal. Stellt euch bloß vor, ein Riesenhecht, der dort hundert Jahre lang umhergeschwommen ist und immer fetter und immer zorniger geworden ist.
Harte Sachen, sagte die Kleine My und war wirklich beeindruckt. Vielleicht werfe ich eine Angelschnur hinein und untersuche das.
Kleine Kinder dürfen nicht mit der Spinnrute fischen, sagte der Vater bestimmt. Nein, der Kolk ist für Väter gedacht. Geht nicht zu nahe an den Rand. Wie ihr seht, ist das eine unerhört gefährliche Stelle. Ich werde äußerst genaue Untersuchungen vornehmen. Aber nicht jetzt. Jetzt muss ich an die Mole denken und an einen Räucherofen für Aale und Hechte, die über sieben Kilogramm wiegen. Ich muss Pfähle für die Fischnetze aufstellen und einen Fischkasten bauen, bevor es regnet...
Und irgendeine Regenrinne, fiel die Mutter ein. In ein paar Tagen haben wir kein Trinkwasser mehr.
Sei nur ruhig, sagte der Vater beschützend. Kommt alles. Ich werde alles besorgen, wenn ihr nur ein bisschen wartet.
Die Familie ging zurück zum Leuchtturmberg, während der Vater weiter über den riesigen Hecht sprach. Der Wind wehte schmeichelnd durch das Heidekraut, und die sinkende Sonne malte die ganze Insel mit warmen, goldenen Farben an. Doch hinter ihnen lag zwischen seinen Bergen der Kolk in tiefem Schatten.
Die Mutter hatte hinter der Kleinen My Ordnung gemacht, und die Dachluke war geschlossen. Der Vater war kaum eingetreten, als er auch schon den Wandkalender entdeckte.
Das ist genau, was ich brauche, sagte er. Wo habt ihr den gefunden?
Wenn ich überhaupt auch nur ein bisschen Ordnung auf der Insel bekommen soll, muss ich wissen, wie die Tage verlaufen. Heute ist ein Dienstag, das weiß ich.
Der Vater nahm einen Bleistift und zeichnete oben am Rand einen großen runden Ring. Das war die Ankunft. Dann machte er zwei kleine Kreuze für Montag und Dienstag.
Habt ihr schon mal ein Seepferd gesehen, fragte Mumintroll. Sind die ebenso schön wie auf dem Bild?
Kann sein, sagte die Mutter, ich weiß es nicht. Aber man behauptet ja, dass die Maler zu übertreiben pflegen.
Mumintroll nickte nachdenklich. Schade, dass man nicht sehen konnte, ob das Pferdchen silberne Hufeisen an den Füßen hatte oder nicht.
Nun war das Zimmer ganz von dem goldenen Sonnenuntergang erfüllt, nach einer Weile würde es rot werden. Der Vater stand mitten im Zimmer und versuchte sich zu konzentrieren. Jetzt war genau der Zeitpunkt, da er hinaufgehen und das Leuchtfeuer anzünden müsste, dann käme der Abend. Aber wenn er die Leiter hinaufkletterte, wüssten die anderen natürlich, was er vorhatte. Und wenn er wieder hinabkäme, wüssten sie, dass es ihm nicht gelungen war, das Leuchtfeuer anzuzünden. Warum waren sie nicht bis zur Dämmerung draußen geblieben, und er hätte es in Ruhe versuchen können. Manchmal hatte das Familienleben etwas an sich, das der Vater gar nicht gern hatte. Sie hatten einfach kein Gespür für gewisse Dinge. Und trotzdem waren sie mit ihm so lange zusammengewesen.
Der Vater tat das, was man in unlustigen Augenblicken tut, er ging ans Fenster und kehrte ihnen den Rücken.
Dort auf dem Fensterbrett lag der Netzspan. Natürlich. Er hatte völlig vergessen, die Netze zu legen. Das war wichtig, sehr wichtig. Der Vater spürte eine große Erleichterung. Er drehte sich um und sagte, heute Abend legen wir Netze. Sie müssen immer vor Sonnenuntergang im Wasser sein. Eigentlich müssten wir das
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