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Das grosse Muminbuch

Das grosse Muminbuch

Titel: Das grosse Muminbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Jansson
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jeden Abend tun, da wir jetzt auf einer Insel wohnen.
    Also ruderten Mumintroll und sein Vater mit den Netzen hinaus. Wir legen sie in einem Bogen vor der östlichen Landspitze aus, sagte der Vater. Die westliche gehört dem Fischer. Man kann nicht mitten vor seiner Nase fischen, das tut man nicht. Jetzt ruderst du langsam, während ich den Grund beobachte.
    Hier wurde das Wasser wirklich tief Wie eine breite vornehme Treppe führten die geschwungenen Terrassen aus Sand weiter ins Meer hinein. Mumintroll ruderte über die Tangwälder, die immer dunkler wurden, zur Landzunge hin.
    Stopp, rief der Vater. Ein bisschen zurück. Hier ist der Boden gut. Wir ziehen sie schräg nach außen zu den kleinen Schären hin.

    Er warf den Schwimmer mit dem weißen Fähnchen hinein und tauchte das Netz ins Wasser. Nun glitt es in langen, gleichmäßigen Bewegungen hinaus, glitzernde Wassertropfen in jeder Masche, die Korken verweilten einen Augenblick an der Oberfläche und sanken dann wie eine Perlenkette hinter ihnen. Netzelegen befriedigt, eine männliche und ruhige Beschäftigung. Man tut etwas für die Familie.
    Nachdem alle Netze gelegt waren, spuckte der Vater dreimal auf den Netzspan und ließ ihn gehen. Er steckte das Ende in die Luft und verschwand unter Wasser, senkrecht hinab. Der Vater setzte sich auf die hintere Ruderbank.
    Es war ein friedlicher Abend. Nun wurden die Farben blass und ver­loschen langsam in der Dämmerung, nur mitten über dem Gestrüpp­wäldchen war der Himmel ganz rot. Sie zogen das Boot in vergnüg­lichem Schweigen an Land und wanderten über die Insel nach Hause.
    Als sie bis zu den Espen gekommen waren, drang ein schwacher, klagender Laut vom Wasser her zu ihnen. Mumintroll blieb stehen.
    Das habe ich gestern auch gehört, sagte der Vater. Ein Vogel wahr­scheinlich.
    Mumintroll schaute über das Meer. Dort auf der Schäre sitzt etwas, sagte er.
    Das ist ein Seezeichen, sagte der Vater und ging weiter.
    Heute morgen war kein Seezeichen dort, dachte Mumintroll. Nichts war dort. Er stand ganz still und wartete.
    Jetzt bewegte es sich. Sehr sehr langsam, glitt über den Berg und war verschwunden. Das war nicht der Fischer, der ist klein und schmal. Das war etwas anderes.
    Mumintroll schüttelte sich und ging weiter nach Hause.
    Er würde nichts sagen, bevor er sicher war. Im übrigen hoffte er, nie zu erfahren, wer da draußen saß und jeden Abend heulte.
    Als Mumintroll in der Nacht aufwachte, lag er lange unbeweglich da und lauschte. Jemand hatte ihn gerufen. Aber er war nicht sicher, vielleicht hatte er nur geträumt. Die Nacht war genauso still wie der Abend und erfüllt von blauweißem Licht, der zunehmende Mond stand genau über der Insel.
    Mumintroll stand so leise wie möglich auf, damit Vater und Mutter nicht aufwachten und trat ans Fenster, öffnete es behutsam und guckte hinaus. Jetzt hörte er das schwache Geräusch von den Wellen am Ufer, weit weg einen Vogel; die Felsinseln schwammen leer und dunkel im Meer. Die Insel schlief.
    Nein, unten am Strand geschah etwas. Entferntes Trappeln von schnellen Füßen, Wasserplätschern - dort geschah etwas.
    Mumintroll wurde von heftiger Spannung ergriffen. Er war ganz sicher, was dort unten geschah, ging ihn an, nur ihn und niemanden von den anderen. Er musste hin. Er fühlte es überall, es war wichtig, er musste in die Nacht hinausgehen und nachsehen, was am Sandstrand geschah. Jemand hatte ihn gerufen, und er durfte keine Angst haben.
    An der Tür erinnerte er sich an die Treppe und zögerte. Nachts die Wendeltreppe, das war ein ziemlich schrecklicher Gedanke - am Tage lief man sie hinunter und dachte nicht nach. Mumintroll trat zurück und nahm die Sturmlaterne, die auf dem Esstisch stand. Die Streich­hölzer fand er auf dem Herd.
    Jetzt schloss sich die Tür hinter ihm und der Turm öffnete sich unter ihm wie ein tiefer, schwindelerregender Brunnen. Er sah ihn nicht, aber er ahnte ihn. Die Flamme in der Laterne flackerte und stieg, jetzt brannte sie ruhiger. Er schloss das Glas und wagte, sich umzusehen.

    Das Licht hatte alle Schatten aufgescheucht; schlaftrunken flatterten sie umher, als er die Lampe aufhob. So viele Schatten, so viele phan­tastische Formen und Gestalten, die durch das ausgehöhlte Innere des Leuchtturms auf und niederflatterten. Es sah schön aus. Die Treppe wendelte sich nach unten, tiefer und tiefer hinab, grau und zerbrechlich, gleich dem Skelett eines vorhistorischen Tieres, das das Dunkel dort unten entgegennahm.

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