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Das grosse Muminbuch

Das grosse Muminbuch

Titel: Das grosse Muminbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tove Jansson
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der Schnauze über der Reling sah er sehr klein aus, da unten im Boot, das umhertrieb. Die Ruder schleppten im Wasser nach.
    Komm und sieh einmal, rief die Mutter.
    Der Vater ruderte das Boot an die Landzunge heran.
    Guck mal, richtige Muscheln, sagte die Mutter. Sie lagen ganz oben am Sandstrand, und gestern war dort überhaupt nichts zu finden.
    Das ist höchst sonderbar, sagte der Vater und klopfte seine Pfeife am Fels aus. Das ist eines der Geheimnisse des Meeres. Manchmal bin ich ganz benommen, wenn ich an die geheimnisvollen Wege des Meeres denke. Hast du gesagt, dass sie hoch oben im Sand lagen, und gestern war dort nichts? Na, das bedeutet, dass das Meer innerhalb von ein paar Stunden einen Meter steigen und dann wieder sinken kann. Obwohl wir nicht Ebbe und Flut wie im Süden haben. Hat man doch gehört. Das ist sehr interessant. Und was diese Inschrift angeht, es er­öffnet ungeahnte Möglichkeiten.
    Ernst schaute er die Mutter an und dann sagte er, du weißt doch, das sind die Dinge, über die ich nachdenke, und über die ich vielleicht eine Abhandlung schreiben werde. Alles, was mit dem Meer zu tun hat, dem richtigen großen Meer. Ich muss das Meer verstehen lernen. Bootsbrücken und Wege und Fischfang und so etwas, das ist nur was für kleine Leute, die sich um die großen Zusammenhänge nicht küm­mern. Er wiederholte feierlich, die großen Zusammenhänge, das hörte sich gut an. Und es ist dieser Kolk hier, der mich auf die ganze Idee gebracht hat.
    Ist es dort tief? fragte die Mutter mit großen Augen.
    Sehr, antwortete der Vater. Das Lot reicht kaum hinab. Heute habe ich einen Blechkanister hochgezogen. Das beweist, dass meine Theo­rien richtig sind.
    Die Mutter nickte. Nach einer Pause sagte sie, vielleicht werde ich den Garten mit den Muscheln einzäunen.
    Der Vater antwortete nicht, er war in Gedanken vertieft.
    Ungefähr gleichzeitig verbrannte Mumintroll in Mutters Herd ein abgeschältes Muschelkästchen.
    Es lohnte sich nicht, es aufzubewahren, jetzt, da er alle Muscheln abgeklaubt hatte. Mumintroll hatte das Kästchen in der untersten Kommodenschublade gefunden, an die die Mutter nicht hatte heran­gehen wollen, da es sich so offensichtlich um die persönlichen Sachen des Leuchtturmwärters handelte.
    Der Blechkanister war rostig und zerlöchert, er hatte vermutlich nie interessantere Dinge als Terpentin oder Öl enthalten. Aber er war ein Beweis. Der Kolk war das Versteck des Meeres, ein Geheimfach. Der Vater wusste, dort unten lag alles und wartete auf ihn. Alles - alles was man sich nur denken konnte. Er war davon überzeugt, dass er, wenn er es nur nach oben bekäme, das Geheimnis des Meeres verstehen wür­de, alles fände seinen Platz. Auch er. Das fühlte er.

    Aus diesem Grund arbeitete er eigensinnig weiter und senkte das Lot genau in die Mitte des Kolks, an die Stelle, die er das bodenlose nannte. Das Bodenlose, flüsterte er sich zu, und er spürte die Magie des Wortes durch sein Rückgrat kribbeln.
    Meistens blieb das Lot in verschiedenen Tiefen haken. Aber es ge­schah auch, dass das Seil unendlich tief hinablief und nicht lang genug war, wie viel er es auch verlängerte. Das ganze Boot war voll von ver­knoteten Seilen, der Wäscheleine, den Fischerstricken, dem Ankerseil, jedem Stückchen Bindfaden, das er hatte auftreiben können (und das natürlich zu etwas ganz anderem vorgesehen war. Aber so ist das ja immer mit Bindfaden).
    Der Vater entwickelte Theorien über ein tiefes Loch, das zum Mit­telpunkt der Erde führte, er phantasierte von einem erloschenen Krater. Schließlich begann er, seine Überlegungen in einem alten Wachs­tuchheft, das er auf dem Boden gefunden hatte, niederzuschreiben. Auf einigen Seiten waren Aufzeichnungen des Leuchtturmwärters zu finden, kleine Wörter mit langen Zwischenräumen, es sah aus, als sei eine Spinne über das Papier gelaufen.
    Die Welle ist einsam, der Mond steht im siebenten Haus, las der Vater. Saturn trifft Mars.
    Vielleicht hatte der Leuchtturmwärter doch Gäste auf der Insel empfangen. Das hatte ihn sicher aufgemuntert. Doch der Rest waren meistens Zahlen. Der Vater verstand sie nicht. Er drehte das Wachs­tuchheft um und fing von hinten an zu schreiben. Hauptsächlich zeich­nete er Karten vom Kolk, von oben und im Querschnitt, und er verlor sich in verwickelten perspektivischen Erklärungen und Berechnungen.
    Der Vater sprach nicht mehr so viel über seine Untersuchungen. Allmählich hörte er auf zu loten und saß

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