Das grosse Muminbuch
nahm stattdessen sein Abendspielchen vor. Einen Augenblick schwankte er zwischen dem Abenteuerspiel und dem Rettungsspiel, dann wählte er das Rettungsspiel, das fühlte sich richtiger an. Er schloss die Augen und machte seinen Kopf leer. Dann nahm er einen Sturm vor. Oh! An einer öden felsigen Küste, die ziemlich der Insel ähnelte, stürmte es heftig. Man lief am Ufer hin und her und rang die Pfoten - da draußen war jemand in Seenot. Niemand wagte sich hinaus, um zu retten, es war ganz unmöglich, die Schiffe würden in einem Augenblick zerschellen.
Mumintroll rettete jetzt nicht mehr die Mutter, er rettete das Seepferdmädchen.
Es war das kleine Pferd mit dem Silberhuf, das da draußen kämpfte, vielleicht gegen eine Seeschlange. Nein, nein. Nur gegen den Sturm, das reichte.
Der Himmel war gelb. Ein Sturmhimmel. Und jetzt, jetzt kam er selber über den Strand, er sprang entschlossen in eines der Boote ... alle schrien auf, nein, hindert ihn daran, das schafft er nie, das Meer verschlingt ihn. Er stieß sie weg, er bekam das Boot hinaus, er ruderte und ruderte, rund um ihn herum ragten die Felsen aus dem Meer wie schwarze Zähne ... doch er hatte überhaupt keine Angst. Hinter ihm am Ufer rief die Kleine My: jetzt erst begreife ich, wie mutig er ist. Oh, wie ich es bereue, jetzt, da es zu spät ist ...
Der Mumrik biss in seine Pfeife und murmelte, Alter Freund ... Leb wohl ... Doch er kämpfte weiter, bis er das kleine Seepferdchen erreichte, das gerade dabei war zu sinken - er hob sie ins Boot, da lag sie, ein Häuflein in ihrem gelben nassen Haar. Er führte es sicher ans Ufer, an ein einsames Ufer weiter weg, und er hob sie an Land. Sie flüsterte, wie mutig du bist. Du hast dein Leben für mich aufs Spiel gesetzt ... Und er lächelte zerstreut und sagte, hier muss ich dich verlassen. Mein Weg ist einsam. Lebewohl. Das Seepferdchen blickte ihm nach, verwundert und beeindruckt.
Aber? sagte sie. Und er, Mumintroll, winkte ein wenig und ging.
Einsam ging er über die Klippen im Sturm, dann wurde er immer kleiner ...
Alle am Ufer waren erstaunt, und der eine sagte zum anderen ...
Doch hier schlief Mumintroll ein. Er seufzte glücklich und sank in Schlaf, zusammengerollt unter der warmen roten Decke.
Wo ist denn der Wandkalender, fragte der Vater. Ich muss meinen Strich machen, das ist wichtig!
Warum, fragte die Kleine My und kam durchs Fenster geklettert.
Wir müssen ja wissen, welcher Tag heute ist, erklärte der Vater. Die Wanduhr ist nicht mitgekommen, schlimm genug. Aber nicht wissen, ob Sonntag ist oder Mittwoch, das ist ja unmöglich. So kann niemand leben.
Die Kleine My zog Luft durch die Nase ein und pfiff sie durch die Zähne in ziemlich gemeiner Weise wieder aus, was so viel wie so-was-Albernes-hab-ich-mein-Lebtag-nicht-gehört, bedeutet.
Der Vater begriff, was sie meinte, und war also auf Böse sein vorbereitet, als Mumintroll sagte, ich habe ihn mir ein bisschen ausgeliehen.
Es gibt bestimmte Dinge, die auf einer öden Insel sehr wichtig sind, sagte sein Vater. Ganz besonders Beobachtungen. Man muss über alles eine Art Logbuch fuhren, muss alles beobachten, nichts darf man dem Zufall überlassen. Zeit, Windrichtung, Wasserstand, alles. Du wirst den Wandkalender sofort wieder aufhängen.
Gut, gut, sagte Mumintroll missvergnügt Er schüttete den Kaffee hinunter, stampfte die Wendeltreppe hinab und hinaus in den kühlen Herbstmorgen. Der Nebel lag noch. Wie ein riesiger Pfeiler stieg der Leuchtturm empor ins Graue, man sah nicht, wo er endete. Dort oben war nur wallender Nebel, und drinnen saß die Muminfamilie und war verständnislos. Mumintroll war böse und müde und vollständig uninteressiert an Morras und Seepferden und Eltern. Jetzt.
Unten am Leuchtturmberg wachte er etwas mehr auf. Aha, typisch. Die Morra hatte von allen Plätzen Mutters Garten zum Sitzen gewählt.
Er überlegte, ob sie dort wohl mehr als eine Stunde gesessen habe. Hoffentlich nicht. Doch die Rose war ganz braun. Einen Augenblick lang zuckte ihm das Gewissen durch den Schwanz, dann wurde er zornig und dann wieder müde. Väter. Wandkalender. Striche am Rand. Aber wie sollte auch ein alter Troll jemals begreifen, dass das Bild vom Seepferdmädchen ein Bild der Schönheit war, das nur er zu sehen vermochte.
Mumintroll kroch ins Gestrüppwäldchen und nahm den Wandkalender von seinem Ast. Der Nebel hatte ihn völlig verbuckelt. Er warf den Rahmen aus verwelkten Blumen weg und saß eine Weile
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