Das Große Spiel
hagerer Mann verbeugte sich vor John Law und stellte sich vor:
»Mein Name ist Angelini, Monsieur. Ich war meinem verstorbenen Herrn stets zu Diensten und erfüllte alle seine Wünsche zu seiner Zufriedenheit...«
»Ich weiß, Angelini, Maitre le Maignen hatte es in einem seiner Briefe erwähnt. Ihre Familie war stets in den Diensten großer Bankiers.«
»Monsieur le Notaire, Maitre le Maignen, wohnt ganz in der Nähe ...« John Law nickte und begleitete seine beiden Kinder Kate und John zum großen Kamin. Man hatte ein großes Feuer entfacht. Angelini folgte ihnen und verbeugte sich jedes Mal, wenn John Law, Catherine oder die Kinder ihn ansahen. Dann wandte sich John Law an die Belegschaft, die immer noch dastand, bangend und hoffend.
»Sie können alle bleiben, Angelini«, sagte John Law leise. Die Mägde und Kammerdiener hatten es dennoch gehört. Sie konnten ihre Gefühle nicht unterdrücken. Einige fielen auf die Knie und flüsterten mit tränenerstickten Stimmen Dankesworte und Lobpreisungen, andere versuchten krampfhaft, Fassung zu bewahren, unbeweglich mit leicht gesenktem Kopf, als hätten sie mit all den Tränen nichts zu tun, die ihnen über die Wangen liefen. Auch Angelini schien sehr bewegt: »Wir werden Sie nicht enttäuschen, Monsieur!«
»Machen Sie in allen Salons Feuer und stellen Sie das Personal Madame und den Kindern vor.«
John Law reichte Angelini einige Geldmünzen: »Lassen Sie einkaufen. Wir werden zum Essen oft Besuch haben, Angelini. Und sagen Sie der Belegschaft: Es werden alle genug zu essen haben. Es gibt also keinen Grund, mich zu bestehlen. Ich erwarte absolute Loyalität, Diskretion und Zuverlässigkeit.«
»Wir werden Sie nicht enttäuschen, Monsieur«, wiederholte Angelini und ging unter vielen Verbeugungen rückwärts aus dem Raum. Kate warf ihrem Bruder einen fragenden Blick zu. Er nickte mit ernster Miene, als wolle er andeuten, dass die Höllenfahrt durch die Schlachtfelder Europas zu Ende war.
Bereits eine Stunde später saß Maitre le Maignen John Law im großen Arbeitszimmer im ersten Stock gegenüber. Maitre le Maignen war ein weit über die Grenzen Frankreichs bekannter Notar, der sich gern mit seiner auserlesenen Kundschaft brüstete. Er ging inzwischen auf die sechzig zu, was außerordentlich genug war, und es gab kaum jemanden in Paris, der mehr Erfahrung mit internationalen Geldgeschäften hatte.
»Ich bin sehr zufrieden mit dem Anwesen«, sagte John Law, »aber die Verhältnisse in Paris befremden mich. Sie übertreffen alles, was ich in den letzten Monaten gehört habe. Ich bin entsetzt, Monsieur.«
»Ich bedaure dies außerordentlich, Monsieur Law. Die Zeiten sind schlechter geworden. Der Due d'Orleans wird Ihnen ein Lied davon singen können.«
»Angelini«, sagte John Law, ohne sich nach seinem neuen Sekretär und Kammerdiener umzusehen, »haben Sie den Due d'Orleans schon über unsere Ankunft unterrichtet?«
»Ganz Paris spricht von Ihrer Ankunft, Monsieur. Und von Ihrer Mildtätigkeit«, antwortete Angelini. Der Vorfall mit den Broten hatte sich in Windeseile herumgesprochen.
»Aber nicht alle sind erfreut, Monsieur Law. Einige einflussreiche Persönlichkeiten sind der Meinung, dass Sie den Adel verärgern. Sie sagen, wenn Monsieur Law den barmherzigen Samariter spielt, müssen wir es ihm gleichtun«, sagte le Maignen. Man sah ihm an, dass dies auch seine Meinung war. John Law ignorierte die Bemerkung und bat, die Bankgeschäfte zu erledigen. Maitre le Maignen insistierte nicht. Er hatte die Dokumente bereits bis zur Unterschriftsreife vorbereitet. John Law las jedes Dokument sorgfältig durch und unterschrieb es dann.
John war noch mit dem Notar beschäftigt, als die Ankunft des Due de Saint Simon angekündigt wurde. John Law warf dem Notar einen fragenden Blick zu. Musste man den empfangen?
»Er steht dem Due Philipp d'Orleans sehr nahe«, sagte Maitre le Maignen, »denken Sie also stets daran: Was Sie dem Due de Saint Simon erzählen, erfährt am nächsten Tag der Neffe des Königs. Und was Saint Simon nicht weitererzählt...«
»... vertraue ich meinen geheimen Tagebüchern an«, gluckste eine helle Stimme. Der Herzog stürmte in das Arbeitszimmer. Er war ein kleiner Mann, ungefähr vierzig, der mit listigen, flinken Augen den Raum inspizierte und jedes Wort mit hektischen Bewegungen untermalte.
»Mein hoch verehrter Monsieur Law of Lauriston! Welch eine Gnade, mich zu empfangen! Zuerst spenden Sie den Armen Brot, und jetzt empfangen Sie
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