Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
Vom Netzwerk:
und von Bayern bis nach Gibraltar erstreckte. Überall wurde gekämpft, auf dem Land, zur See, in den fernen Kolonien. Private Reisen mit der Kutsche erforderten eine gehörige Portion Mut oder bloße Dreistigkeit.
    John Law war mit beidem gesegnet. Und so reiste er auch in den folgenden Jahren durch Europa, von Metropole zu Metropole. In Venedig verlängerte er den Mietvertrag für die Lagerhalle, die ihm der Bankier Rezzonico vor Jahren vermietet hatte, und gab ihm den Auftrag, weitere Gemälde zu erwerben. Er nahm Anstellungen in Den Haag, Amsterdam, Wien, Turin und Genua an. Und immer wieder in Amsterdam. Er vertiefte seine Kenntnisse über das weltweit führende holländische Bankwesen, knüpfte in den Salons neue Kontakte, brillierte mit finanztheoretischen Vorträgen, während er en passant die Karten auflegte. Doch während sein Ruf - und sein mittlerweile legendäres Vermögen - immer größer wurden, wurden seine Gnadengesuche in England weiterhin abgelehnt.
    Catherine Knollys war mittlerweile zweifache Mutter geworden. Ihr Amsterdamer Salon gehörte zu den besten Adressen der holländischen Geld- und Finanzaristokratie. Hier trafen sich Botschafter, Gelehrte, Künstler, Mätressen, Spione, hier verkehrten russische Fürsten genauso häufig wie Adlige aus Italien oder Spanien. Aber niemand wollte John Law gestatten, die Richtigkeit seiner Finanztheorien in einer realen Volkswirtschaft zu beweisen und sie im großen Stil in die Tat umzusetzen. Noch immer galten John Laws Theorien zur Finanzwirtschaft als skurrile, wenn auch unterhaltsame Ideen eines notorischen Spielers.
     
    AMSTERDAM, 1711
     
    »Catherine, wir sollten nach Paris zurück«, sagte John Law. An diesem Morgen war ein Brief aus Frankreich gekommen. Der Due d'Orleans hatte John Law an den Hof geladen. Louis XIV. war krank. Sehr krank. »Die Einladung des Herzogs ist ein Wink des Himmels. Wir sollten sie annehmen. Wenn ein Land in Europa meine Ideen umsetzen kann, dann Frankreich.«
    Catherine hielt die fünfjährige Kate im Arm. Sie war eingeschlafen.
    »Wenn du nach Frankreich gehen willst, John, dann gehen wir nach Frankreich«, sagte Catherine leise.
    »Zum Sonnenkönig?«, fragte der sechsjähriger John, der auf dem Fußboden kniete und ein kleines Holzpferd über den Teppich galoppieren ließ.
    »Ja«, sagte John Law, »der Due d'Orleans ist sein Neffe.«
    »Er ist bestimmt traurig, dass sein Onkel so krank ist«, sagte der kleine John und blickte zu seinem Vater hoch.
    »Ich glaube nicht«, erwiderte John Law, »der Sonnenkönig ist dreimal so alt geworden wie die meisten Menschen. Und unsterblich kann er nun mal nicht werden.Traurig ist vielmehr, was er den Menschen in seinem Land angetan hat und was er ihnen nun hinterlässt. Eine Staatsschuld von zwei Milliarden Livre.«
    »Zweitausend Millionen!«, schrie der kleine John. Seine Schwester schreckte aus dem Schlaf hoch, stöhnte missmutig und schlief dann wieder ein.
    »Ja, und was hat er dafür mit seinem Leben angefangen? Er hat es sinnlos vergeudet, mit Kriegen, höfischer Protzerei und religiösem Fanatismus. Er hat sein Land ruiniert. Jetzt verkauft er sogar sein Tafelsilber, um seine Soldaten bezahlen zu können, und der gesamte Adel muss es ihm gleichtun und auf zerbrechliches Porzellan umstellen.«
    Der kleine John spannte das Holzpferd vor einen Spielzeugwagen und belud diesen mit kleinen Fässern.
    »Und wenn der Sonnenkönig stirbt, wird dein Freund, der Due d'Orleans, König?«
    »Vor ihm gab es vier Thronfolger. Drei davon sind jedoch innerhalb von kurzer Zeit gestorben. Jetzt gibt es nur noch einen Due Louis d'Anjou, und der ist noch ein Säugling. Wenn der Sonnenkönig stirbt, wird der Due d'Orleans bis zur Mündigkeit des kleinen Louis Frankreich regieren. Die Chance, dass dies so kommen würde, betrug keine fünf Prozent. Und doch ist sie eingetreten, und nun wiegt sie hundert Prozent.«
    Das war dem Sechsjährigen nun doch zu kompliziert.
    »Ein König bezahlt seine Soldaten mit Suppenlöffeln«, murmelte der Kleine und lud die kleinen Holzfässer unter dem Sofa ab.
    »Aber wie willst du nach Paris gelangen?«, fragte Catherine. »Europa steht in Flammen, und die Leute sagen, dass uns einer der härtesten Winter der letzten Jahrzehnte bevorsteht.«
    John Law lächelte: »Wir können natürlich auch hier bleiben und den Holländern Lotterien verkaufen.«
    »Aber die Holländer sind doch so geizig«, sagte der kleine John und galoppierte mit seinem Holzpferd über die

Weitere Kostenlose Bücher