Das Große Spiel
als versuche sie an irgendetwas anzuknüpfen. Catherine nahm es schweigend zur Kenntnis.
»Monsieur le Regent - meine Schwägerin Rebecca«, wandte sich John Law an den Regenten.
»Sie hat sehr gelitten, als ihr Mann in die Neue Welt aufbrach«, fügte Catherine mit unverhohlenem Spott hinzu, »aber steigende Aktienkurse helfen einem selbst über die schwerste Trennung hinweg. Nicht wahr, John?«
John ignorierte Catherines Blick.
»Ich war so ungezogen«, scherzte Rebecca. In ihrem Bemühen, sich an den Herzog zu wenden, geriet sie ins Straucheln. Der Regent stützte sie. Rebecca war betrunken. »Wir sind jetzt alle Mississippianer«, sagte sie aufgekratzt und warf sich wiederum John Law an den Hals. Sie küsste ihn erneut auf den Mund und fuhr mit ihrer Zungenspitze blitzschnell über Johns Lippen. Niemand bemerkte es. »Wir sind alle Mississippianer«, wiederholte sie mit treuherzigem Blick und schaute ihrem Schwager tief in die Augen: »William ist so anders als Sie, John. Er ist so schrecklich - langweilig.« Das letzte Wort stieß sie zornig heraus. Sie begehrte John Law.
»Darf ich Sie trösten, Madame?«, lächelte der Regent. Rebecca holte ihr Riechfläschchen hervor und versuchte, daran zu riechen. Es glitt ihr aus der Hand. Der Regent und Rebecca bückten sich gleichzeitig danach. »Selbst wenn Sie Ihr Fläschchen leer trinken, Madame, Ihnen steigt keine Schamesröte mehr ins Gesicht«, flüsterte der Regent. Dann umfasste er ihre Hüfte, zog sie näher zu sich und hauchte ihr ins Ohr: »Sie kleines Luder!«
John Law und Catherine hatten sich Angelini zugewandt, der mit einer Hand voll Zettel auf Law zueilte.
»Alle wollen Aktien, Monsieur! Noch mehr Aktien!«, entsetzte sich Angelini und reichte Law die Vorbestellungen.
»Alle Menschen wollen reich werden«, stellte John Law lapidar fest.
»Manchmal denke ich«, sagte Catherine in sehr ernstem Ton, »wir sollten unsere Zelte hier abbrechen und nach Amsterdam oder Venedig ziehen. Man sollte das Fest verlassen, wenn man am beliebtesten ist.«
»Aber zuerst werde ich Katholik«, sagte John Law.
Die Fahrt zum Kloster dauerte eine knappe Stunde. John Law besuchte es, wie ihm der Regent empfohlen hatte, in den frühen Morgenstunden. Es schien verwaist. Wahrscheinlich besuchten die Nonnen gerade die Frühmesse. Eine ältere Nonne öffnete das Tor und ließ ihn eintreten. Sie begleitete ihn in die Galerie im obersten Stockwerk. Dann öffnete sie eine schwere Eichentür und bat John Law, die Treppe hinaufzugehen.
Während John Law die enge Wendeltreppe hinaufstieg, schloss die Nonne die schwere Eichentür hinter ihm. Die schmale Treppe führte in eine kleine Bibliothek. Ein einzelnes Erkerfenster erhellte den runden Tisch in der Mitte der Dachkammer. Im Lichtkegel sah man dicken Staub. John Law stellte sich vor dem Dachfenster auf die Zehenspitzen und schaute hinaus über die schneebedeckten Felder.
Nach einer Weile hörte er, wie unten die Tür geöffnet wurde und jemand die Stufen heraufstieg. Eine junge Nonne trug ein Tablett mit einem Zinnbecher in die Bibliothek. Sie stellte das Gefäß auf dem Tisch ab.
»Sie wollen also Katholik werden, Monsieur?«
John Law war für einen Augenblick irritiert: »Mit wem habe ich die Ehre?«
»Abbe de Tencin hat mich gebeten, mit Ihnen das Vorgespräch zu führen.«
Die Nonne setzte sich in den hinteren Teil der Bibliothek. Erst jetzt fiel John auf, dass sie blutjung und hübsch war.
»Ja, ich will Katholik werden«, antwortete John Law.
»Gibt es ein besonderes Erlebnis, das den Entschluss in Ihnen reifen ließ?«
John Law antwortete nicht sofort.
»Lassen Sie sich Zeit. Trinken Sie. Nehmen Sie unsere Gastfreundschaft an.«
John Law nahm den Becher und trank ihn leer. Er wollte Zeit gewinnen. Der Regent hatte ihm zwar die eine oder andere Empfehlung mitgegeben, aber das Kloster hier draußen verunsicherte ihn doch ganz erheblich.
»Es gab da in der Tat«, begann John Law vorsichtig, »ein ganz besonderes Erlebnis.«
»Bitte«, sagte die Nonne mit melodiöser Stimme. Sie schien neugierig. »Schildern Sie das Erlebnis, das Sie näher zu Gott gebracht hat.«
»Nun, es war der Vorschlag des Regenten, mich zum Generalkontrolleur der Finanzen zu ernennen. Ich bin Schotte, müssen Sie wissen. Protestantischer Schotte.«
Die Nonne schwieg. Wahrscheinlich hatte John Law das Falsche gesagt. Überrascht stellte John Law fest, dass ihn die schöne Nonne heftig erregte. Er war hergekommen, um sein letztes
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