Das Große Spiel
freuten sich lauthals wie neureiche Händler.Vorbei die Zeiten, in denen man verhalten, diskret und kontrolliert seiner Freude Ausdruck verlieh.
Jeden Dienstagmorgen besuchte der neue Finanzminister seinen Freund Saint Simon. Die Aktienhausse war auch am Haus des Herzogs nicht spurlos vorübergegangen.
»Was ich sehe, erfreut mein Herz«, lachte John Law, »neue Möbel, neues Silberbesteck, draußen steht eine neue Karosse, die Fassade renoviert, einen zusätzlichen Stall angebaut, zusätzliche Dienstboten ...«
Der Duc de Saint Simon winkte verlegen ab, als fürchte er, ganz Paris könne zuhören: »Monsieur, ich verschaffe einigen Menschen ein bisschen Arbeit und leiste so meinen bescheidenen Anteil zum Aufblühen unserer Nation.«
»Wie selbstlos Sie doch geblieben sind, mein lieber Duc de Saint Simon«, rief John Law und umarmte seinen Freund herzlich.
»Ich schätze Ihre Anwesenheit überaus, Monsieur. Welcher Mann von Ihrem Stand würde sich noch dazu hergeben, einen unbedeutenden Menschen wie mich zu besuchen?«
»Eine Freundschaft ist nie unbedeutend, Monsieur«, entgegnete John Law mit aufrichtigem Blick, »ich schätze Ihre Weisheit, Ihre Ehrlichkeit...«
»... und meine Nähe zum Regenten«, schmunzelte Saint Simon nun seinerseits.
»Ja, in der Tat, und er bereitet mir große Sorgen, unser Philipp d'Orleans.«
»Mir offen gestanden auch«, pflichtete Saint Simon bei, »er muss sich endlich seinen Verpflichtungen stellen. Seit die Aktienkurse die Sechstausendermarke überschritten haben, hat er nicht mehr aufgehört, Feste zu feiern. Seine nächtlichen Ausschweifungen untergraben seine Autorität, die Autorität des Königs. Und wenn er trinkt, erzählt er ganz abscheuliche Dinge. Er hat mehr Mätressen als der König Pferde in seinem Gestüt. Wenn ich mit ihm rede, reißt er sich zusammen, bereut alles und verspricht, seinen Lebenswandel zu ändern. Aber nichts ändert sich Sie müssen selbst mit ihm sprechen, Monsieur! Auf Sie wird er hören!«
Catherine warf das Glas nach John und schrie: »Ganz Paris lacht über deine Eskapaden. Wie kannst du dich bloß mit einer katholischen Nonne einlassen!«
»Das war der Preis, Madame ...«
Catherine nahm die Porzellanvase und warf sie mit voller Wucht in die Vitrine mit den chinesischen Miniaturen.
»Und das ist mein Preis, Monsieur!«
»Es war der Preis der katholischen Kirche!«, rief John Law und wollte sich Catherine nähern. Doch sie rannte um den Tisch, griff nach einem Degen, der an der Wand befestigt war, und hielt John Law in Schach.
»Du willst dich doch nicht etwa duellieren!«
»Warum nicht? Es gibt keine Grenzen! Sagtest du nicht selbst, dass sich eines Tages auch die Frauen duellieren werden? Prahlst du nicht selbst damit, dass wir unserer Zeit voraus sind? Also, greif zum Degen, Monsieur Law of Lauriston!«
»Catherine, ich bitte dich! Nimm Vernunft an!« Dann sagte er schmunzelnd: »Ich bin der Generalkontrolleur der Finanzen!«
Doch Catherine hatte keinen Sinn mehr für Humor. Sie war tief verletzt. Mit grimmiger Miene kam sie auf ihn zu. Law wich einige Schritte zurück.
»Ich bin dir überallhin gefolgt, durch ganz Europa, ich habe stets zu dir gehalten, habe dir Mut zugesprochen, dir zwei Kinder geschenkt...«
»Ich wurde mit einem Trank willig gemacht!«
»O, man hat Monsieur willig gemacht ... Und er lässt sich täglich von neuem willig machen!«, schrie Catherine. Sie blieb vor einem kleinen Serviertisch stehen und schenkte sich ein Glas Rotwein ein. Die Hälfte ging daneben. In einem Zug trank sie das Glas leer.
»Mildernde Umstände verlangt Monsieur«, schrie Catherine wieder los und fegte mit einer schwungvollen Bewegung Gläser und Teller vom Tisch.
»Wir wollten eigentlich zu Abend essen, Madame«, sagte John Law leise. Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit. Angelini streckte seinen Kopf hinein.
»Später Angelini«, sagte John Law laut.
»Ich wollte nur sehen, ob alles in Ordnung ist«, sagte Angelini leise und schloss gleich wieder die Tür.
»Ja, ja«, murmelte John Law.
»Nichts ist in Ordnung«, brüllte Catherine, so laut sie konnte, und schenkte sich erneut ein Glas Wein nach.
»Hör auf damit, es wird noch ein Unglück geschehen«, versuchte John sie zu beruhigen. Doch Catherine ließ sich nicht mehr beruhigen. Wie eine Raubkatze duckte sie sich und ging nun langsam und drohend auf John Law zu.
»Leg den Degen beiseite«, sagte John Law ungeduldig.
Als Catherine neben dem neuen Porträt
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