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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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Er hatte erreicht, was er wollte.
    Draußen blieb er noch eine Weile bei der eingezäunten Weide stehen. Große, warme Regentropfen klatschten jetzt auf Eaglesham nieder. Eine braune Stute näherte sich George. Er wollte ihr über die Nüstern streichen, doch sie scheute und galoppierte davon. In der Ferne hörte man Donnergrollen. George summte vergnügt das Kirchenlied, das sie am Ende des Gottesdienstes gesungen hatten. So etwas tat er nur, wenn er besonders ausgelassen war - oder sich fürchtete.
     
    John löste sich von Annes nacktem Körper und wandte sich ihrer Schwester Mary zu. Mary hatte sich bereits entkleidet und kniete nun vor John nieder. Sie sprachen kein Wort. Sie wussten alle, dass es das letzte Treffen war. Schon bald würde John Law nach Edinburgh zurückkehren. Wahrscheinlich würden sie sich nie mehr sehen.
    Draußen ergoss sich ein orkanartiges Gewitter über das kleine Eaglesham und drohte es zu ersäufen. Donner und Blitz trieben die gottesfürchtigen Bewohner in ihre guten Stuben. Dort verharrten sie in Ehrfurcht und beteten auf den Knien zu Gott dem Allmächtigen.
    Die beiden Schwestern vergaßen alle Vorsicht, die sie sonst immer hatten walten lassen. Keine der beiden Schwestern stand heute hinter dem kleinen Fenster und spähte auf den Hof hinaus. Sie liebten sich laut und heftig, leidenschaftlich und grob, als müsse ihre Wollust auf Jahre gesättigt werden.
    Niemand sah, wie sich in der hintersten Pferdebox eine Gestalt erhob. Es war Robert. Mit dem Dreschflegel in den Händen sah er fürwahr bedrohlich aus. Lautlos strich er das Heu von seinen Schultern und trat aus der Pferdebox. Noch sah ihn niemand. Leise schritt er eine Box nach der anderen ab. In der hintersten Box lagen seine beiden Schwestern. Die eine lag auf dem Rücken. Sie hatte die Augen geschlossen. Sie genoss ganz offensichtlich das Abklingen der Erregung, die ihren Körper durchflutet hatte. Die andere Schwester küsste Johns Geschlecht. Es war John, der als Erster das gespenstisch versteinerte Gesicht von Robert sah. Er schob das Mädchen sanft zur Seite. In diesem Augenblick schwang Robert den Dreschflegel durch die Luft und ließ ihn auf John Law niederkrachen. Das kürzere, mit einem Lederriemen befestigte Ende traf John Law an der rechten Schulter. Robert sprach kein Wort. John taumelte rückwärts. Ein zweiter Schlag traf ihn in die Rippen. John wandte sich um und griff nach einer Heugabel, die im Heu stak. Er hielt sie schützend vor sich, bevor ein dritter Schlag ihn treffen konnte.
    Die beiden Schwestern griffen hastig nach ihren Kleidern und rannten in Richtung Stalltor. Für einen Augenblick schien Robert abgelenkt. Johns Heugabel traf ihn direkt in den rechten Fuß. Robert zuckte zusammen und sackte zu Boden. Der Schmerz war so groß, dass er keinen Laut herausbrachte. Erst als John die Gabel wieder aus dem Fleisch herauszog, wimmerte er kläglich und wälzte sich am Boden. Stöhnend hielt er den blutenden Fuß mit beiden Händen fest.
    »Woher weißt du, dass wir hier sind?«, fragte John. Robert stöhnte nur. Er schien John nicht gehört zu haben. John schmiss die Heugabel zur Seite und hob Robert hoch. Er schubste ihn unsanft gegen die Boxenwand.
    »Robert, ich fordere dich zum Duell auf.«
    Bei diesen Worten kamen die beiden Schwestern zurückgerannt, stürzten sich auf John und flehten ihn an, es nicht zu tun. Aber John schlug Robert die flache Hand ins Gesicht und wiederholte: »Ich fordere dich zum Duell auf.«
    »Er kann nicht«, flehte Anne.
    »Er ist verletzt, John«, setzte die Schwester nach.
    »Ich werde an seiner Stelle das Duell austragen«, sagte plötzlich eine Stimme. Alle drehten sich um. Aus dem Dunkeln trat eine Gestalt hervor. Es war George. Er kam langsam auf John zu und blieb vor ihm stehen. Er musterte den nackten John. Dort, wo der Dreschflegel ihn getroffen hatte, begann sich die Haut bereits zu verfärben.
    »Und vergiss die Spielmünzen nicht, John. Ich würde sie dir gern vor dem Duell umtauschen. Wer weiß, ob wir nach dem Duell noch Gelegenheit dazu haben.«
    »Ganz, wie du willst. Morgen bei Tagesanbruch bei der Brücke«, sagte John, verneigte sich knapp, zog sich rasch wieder an und verließ den Stall.
    Draußen regnete es immer noch in Strömen. John hatte Schmerzen. Die Blutergüsse an Schulter und Rippen waren noch größer geworden. John betrat das Haus der Woodrows und ging in die Küche. Mit einem nassen Lappen versuchte er, die Prellungen zu kühlen. Nach einer Weile

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