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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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George of St. Andrews. Es ist Mathematik. Zu Beginn des Spiels haben alle Karten die gleiche Wahrscheinlichkeit, gezogen zu werden. Mit jeder neuen Runde verändert sich die prozentuale Wahrscheinlichkeit zugunsten von einzelnen Karten. Die gilt es zu berechnen. Und zwar schnell.«
    »Und das soll Ihre Gabe sein, Schnellrechnen? Kein Mensch kann wirklich in so kurzer Zeit derartige Berechnungen anstellen.«
    »Ich beweise Ihnen doch bereits den ganzen Abend das Gegenteil. Oder wollen Sie an meiner Rechtschaffenheit zweifeln?«
    »O nein«, wehrte Sir George of St. Andrews entsetzt ab, »ich habe nicht im Sinn, mich mit Ihnen zu duellieren, Monsieur Law. Ich bewundere Ihre ... Fähigkeiten. Ein Spieler wie Sie ... ist mir ... noch nie begegnet. Das wollte ich damit sagen.«
    John Law teilte ihm neue Karten aus. Sir George setzte seine letzten Jetons auf die Sieben. Gezogen wurde die Acht. Wütend starrte er vor sich hin. Dann brach es aus ihm heraus:
    »Sie können mir meine Frau wegnehmen, aber nicht mein Vermögen!«
    Er stieß seinen Stuhl zurück und verließ wutentbrannt den Salon.
     
    Marc-Rene de Voyer de Paulmy, der Marquis d'Argenson und oberster Pariser Polizeipräfekt, saß in seinem spärlich erleuchteten Arbeitszimmer in der Benediktinerabtei im Faubourg St. Antoine und dachte nach. Er war um die fünfundvierzig. Unter der üppigen pechschwarzen Allongeperücke leuchteten zwei kluge, wache Augen. Doch das große nach außen gewölbte Gebiss verlieh dem ganzen Mann etwas Animalisches, Bedrohliches. Nach einer Weile fragte er: »Lieben mich die Leute da draußen?«
    Er beugte sich weiter über den Tisch und schaute der bezaubernden Marie-Anne de Cháteauneuf direkt in die Augen.
    »Man fürchtet Sie, Marquis d'Argenson. Man sagt, es gebe keinen Menschen in dieser Stadt, von dem Sie nicht ganz genau wüssten, wann er morgens aufsteht und wohin er geht, was er tut und was er denkt. Und was er morgen zu tun gedenkt.«
    Der Marquis d'Argenson lächelte gelangweilt. Er hatte die Frage nicht ernst gemeint. Es belustigte ihn, dass die Leute ihm vor lauter Angst selbst unsinnige Fragen beantworteten. Er musterte die Frau, die ihm gegenübersaß, und beobachtete, wie sich ihr Busen beim Atmen hob und senkte. Er versuchte, sich Marie-Anne de Cháteauneuf nackt vorzustellen. Aber die Vorstellung erregte ihn nicht. Er schwieg. Die äußere Ruhe und Unerschrockenheit, die er ausstrahlte, verliehen ihm eine Gefährlichkeit, die all jenen, die ihm jemals begegnet sind, in Erinnerung blieb. Man ahnte, dass in diesem Mann irgendetwas Ungewöhnliches vorging, irgendetwas, das einem eines Tages zum Verhängnis werden konnte. Er war kein Mann der galanten Worte. Wenn er lächelte, machte er den Menschen Angst. Ihm traute man alles zu. Schutz vor dem königlichen Hof oder ewige Verbannung auf französischen Galeeren oder in unterirdischen Verliesen. Der Marquis duldete keine Fehler.
    »Der König bezahlt mich nicht, um geliebt zu werden, La Duclos.« La Duclos - so nannte ganz Paris die gefeierte Schauspielerin Marie-Anne de Cháteauneuf, die in ihrem Salon alles versammelte, was in Paris Rang und Namen hatte. Sie war eine kleine, knabenhaft wirkende Person, stets in Bewegung, als leide sie an einer inneren Unruhe. Sie trug das Haar kürzer als andere Frauen, hatte einen schönen, vollen Mund und große Augen, die manches Herz heftiger schlagen ließen. Es war schwer, sich nicht in sie zu verlieben.
    »Ich lade Sie gern in meinen Salon ein«, lächelte sie, »schließlich ist der oberste Polizeipräfekt von Paris ein stets gern gesehener Gast...«
    »Ein gefürchteter Gast«, lächelte der Marquis.
    »Ein respektierter Gast«, korrigierte ihn La Duclos. Der Marquis d'Argenson nahm die Schmeichelei zur Kenntnis. Er verzog keine Miene: »Woher kommt er?«
    Nun musste La Duclos schmunzeln: »Monsieur le Marquis ... wollen Sie mir weismachen, dass Sie nicht wissen, wovon schon ganz Paris spricht?«
    »Woher kommt er?«, fragte d'Argenson trocken.
    »Aus England. Er soll dort einen Beau im Duell getötet haben.«
    »Was will er hier?«
    »Spielen. Sie sollten ihn spielen sehen. Während er spielt, causiert er beiläufig über finanztheoretische Fragen, und während ihm die Leute gebannt zuhören und versuchen, ihm zu folgen, verlieren sie ihr gesamtes Spielgeld.Viele halten ihn für ein Genie.«
    »O, voilá, wir haben also ein Genie in Paris.«
    »Bitte, geben Sie ihm eine Chance, Monsieur le Marquis. Noch hat er sich nichts

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