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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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sein, William«, sagte John und blieb stehen.
    »Du verkaufst stets die Zukunft, John. Beweise, dass du es ernst meinst. Lass mich jetzt schon an deinem Reichtum teilhaben. Oder sind das auch bloß Geschichten, die man sich in den Salons erzählt?«
    William ging auf John zu. Wieder wischte er sich das Blut aus dem Gesicht.
    John griff in seine breite Manteltasche und nahm einen ledernen Beutel hervor. Er warf ihn William zu. William öffnete den Beutel. Er griff hinein. Zum Vorschein kam eine Hand voll Goldmünzen.
    »Dann ist es also wahr, was man sich in den Salons erzählt. Du bist ein vermögender Mann geworden.«
    »Non obscura nec ima«, antwortete John.
    »Weder unbedeutend noch gering«, wiederholte William. Er wollte John den Geldbeutel zurückgeben, doch dieser wehrte ab.
    »Ich hoffe, es reicht, um auch den Fensterladen da oben zu reparieren«, sagte John und zeigte auf den verlotterten Fensterladen, der sich aus der Verankerung zu lösen drohte.
     
    »Eine Rede vor dem schottischen Parlament?«, murmelte der junge Duke of Argyll und ließ den Blick über seine stolze Bibliothek schweifen. Sie nahm alle Wände in Anspruch. Selbst über der doppelflügeligen Salontür und dem großen Fenster zum Park stapelten sich die Bücher in den endlosen Regalen, die bis zur Decke reichten. In der Mitte des Raumes thronte der Duke of Argyll hinter einem mächtigen Eichentisch. Sein altmodisch gefärbter Justaucorps hatte noch vertikal eingeschnittene Taschen, wie man sie nur noch selten antraf. Zu seiner Rechten befand sich eine Weltkugel in einem Holzgestell. Sie hatte über einen Meter Durchmesser und zeigte noch dort Meere, wo längst Land entdeckt worden war.
    »Sehen Sie, Mr Law«, begann der Herzog von neuem, »Schottland ist nicht das geeignete Land für finanztheoretische Experimente. Benutzen Sie dafür ein Stück Papier, aber nicht eine ganze Nation!«
    John Law neigte kurz den Kopf, als wolle er sich bereits für diese Aussage höflich bedanken: »Schottland verfügt kaum noch über Metallgeld, Sir. Handel ist nur noch in beschränktem Ausmaße möglich. Es wird immer weniger produziert. Die Folge sind Arbeitslosigkeit und Armut...«
    Der Herzog lächelte: »Ein solches Land ist immer anfällig für neue vielversprechende Theorien. Sehen Sie, Mr Law, hier, im Arbeitszimmer meines selig verstorbenen Vaters, saß einmal ein Mann namens William Paterson. Er fand hier unter seinen Landsleuten kein Gehör und gründete im Jahre 1694, also vor genau zehn Jahren, in London die Bank of England.«
    John Law wusste sehr genau, wer William Paterson war. Als sein Landsmann die Bank of England gründete, saß er in London im Gefängnis.
    »William Paterson kam als Triumphator nach Edinburgh zurück«, fuhr der Duke of Argyll fort, »und warb für eine schottische Handelskolonie in Panama. Sie sollte Schottland innerhalb weniger Jahre zum reichsten Land der Erde machen. Sie haben es nicht miterlebt, John, aber die Leute waren ganz verrückt danach, ihm ihr Geld nachzuwerfen. Über vierhunderttausend Pfund vertrauten sie ihm an.Er versprach unermessliche Gewinne.Vierhunderttausend Pfund, das ist die Hälfte des gesamten schottischen Volksvermögens. Fünf Schiffe stachen in See, das war vor sechs Jahren, zweitausend Menschen waren an Bord. Drei Monate später erreichten sie ihr Ziel. William Paterson war dabei, seine Frau, sein Sohn. Zwei Jahre später waren nur noch Paterson und dreihundert von Malaria und Ruhr geplagte Unglückliche am Leben. Die Spanier haben die Siedlung Tag und Nacht belagert. Die Engländer haben tatenlos zugesehen, wie die ungeliebte Konkurrentin kläglich verendete. Mit einer bloßen Idee hat der Gründer der Bank of England innerhalb von nur drei Jahren ganz Schottland ruiniert. Und, Gott möge ihm verzeihen, meinen Vater in den Freitod getrieben. Mein Vater hatte ihm vertraut. Er hat alles verloren. Wenn Sie also vor das schottische Parlament treten, John Law, sollten Sie etwas mehr als eine bloße Idee anbieten.«
    Der Herzog gab John Law das Manuskript zurück, das John ihm vor einigen Wochen zugesandt hatte: »Ich habe Ihre Betrachtungen über Geld und Handel genau studiert. Manches erinnert an die Schriften von Hugh Chamberlen.« Der Herzog hielt inne und überlegte. »Aber nun ja«, fuhr er langsam fort und dehnte die Worte ins Unerträgliche, »ich gebe zu, Ihr Manuskript ist ... interessant. Ihre Überlegung, wonach Geld kein Wert, sondern lediglich eine Funktion ist - nun das ist eine

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