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Das Grosse Spiel

Das Grosse Spiel

Titel: Das Grosse Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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dabei.«
    »Wir können einen zur Verfügung stellen.«
    »Einen, der nicht verwanzt ist?«
    »An irgendeinem Punkt muß es Vertrauen geben. Zum Beispiel weiß ich, wer Demosthenes wirklich ist.«
    Sie spürte, wie eine Welle der Furcht sie durchlief, sagte aber nichts.
    »Ich habe es gewußt, seit ich von der Kampfschule hier ankam. Es gibt vielleicht sechs von uns auf der Welt, die seine Identität kennen. Die Russen nicht mitgezählt - nur der Himmel weiß, was die wissen. Aber Demosthenes hat von uns nichts zu befürchten. Demosthenes kann auf unsere Diskretion vertrauen. Genau wie ich Demosthenes vertraue, daß er Locke nichts von dem verrät, was sich heute hier abspielt. Gegenseitiges Vertrauen. Wir unterhalten uns nur.«
    Valentine konnte nicht entscheiden, ob es Demosthenes war, den sie guthießen, oder Valentine Wiggin. Meinten sie Demosthenes, würde sie ihnen nicht vertrauen; war sie selbst gemeint, dann konnte sie es vielleicht. Daß sie nicht wollten, daß sie das hier mit Peter besprach, deutete darauf hin, daß sie vielleicht den Unterschied zwischen ihnen beiden kannten. Sie hielt sich nicht mit der Frage auf, ob sie selbst den Unterschied noch kannte.
    »Sie sagten, er hat das Floß gebaut. Wie lange ist er denn schon hier?«
    »Zwei Monate. Von uns aus sollte sein Urlaub eigentlich nur ein paar Tage dauern. Aber, verstehst du, er scheint nicht daran interessiert zu sein, seine Ausbildung fortzusetzen.«
    »Oh. Also muß ich wieder zur Therapie herhalten.«
    »Diesmal können wir deinen Brief nicht zensieren. Wir lassen es darauf ankommen. Wir brauchen deinen Bruder dringend. Die Menschheit steht vor der Entscheidung.«
    Heute war Val alt genug, um zu wissen, in welch großer Gefahr die Welt war. Und sie war lange genug Demosthenes gewesen, daß sie nicht zögerte, ihre Pflicht zu tun. »Wo ist er?«
    »Unten am Bootssteg.«
    »Wo ist der Badeanzug?«
    Ender winkte nicht, als sie den Hügel hinunter auf ihn zuschritt, lächelte nicht, als sie auf den schwimmenden Steg trat. Aber sie wußte, daß er sich freute, sie zu sehen, erkannte es an der Art, wie seine Augen sich keinen Augenblick von ihrem Gesicht lösten.
    »Du bist größer, als ich dich in Erinnerung habe«, sagte sie. Ihr fiel nichts besseres ein.
    »Du auch«, sagte er. »In meiner Erinnerung warst du schön.«
    »Das Gedächtnis spielt einem manchmal seltsame Streiche.«
    »Nein. Dein Gesicht ist dasselbe, aber ich erinnere mich nicht mehr, was ›schön‹ bedeutet. Komm. Laß uns auf den See hinausfahren.«
    Sie betrachtete zweifelnd das kleine Floß.
    »Du mußt darauf nur sitzenbleiben, das ist alles«, sagte er. Er stieg auf, indem er spinnengleich auf Zehen und Fingern kroch. »Es ist das erste Ding, das ich mit meinen eigenen Händen gebaut habe, seit wir mit Bausteinen spielten und Peter-sichere Gebäude errichteten.«
    Sie lachte. Sie hatten immer Freude daran gehabt, Sachen zu bauen, die selbst dann noch aufrecht stehen blieben, wenn etliche der auf der ersten Blick erkennbaren Stützen entfernt wurden. Peter seinerseits gefiel es, ein Klötzchen hier und da zu entfernen, damit das Gebilde schwach genug wurde, daß der nächste, der es berührte, es umstoßen würde. Peter war ein Arsch, aber immerhin lieferte er einen gemeinsamen Anhaltspunkt für ihre Kindheit.
    »Peter hat sich verändert«, sagte sie.
    »Sprechen wir nicht über ihn«, sagte Ender.
    »Na gut.«
    Sie krabbelte auf das Boot, nicht so geschickt wie Ender. Er benutzte ein Paddel, um sie langsam auf die Mitte des Privatsees zu manövrieren. Sie erwähnte, wie sonnengebräunt und kräftig er sei.
    »Die Kraft kommt von der Kampfschule. Die Sonnenbräune kommt von diesem See. Ich verbringe eine Menge Zeit auf dem Wasser. Wenn ich schwimme, ist es, als wäre ich gewichtslos. Ich vermisse es, gewichtslos zu sein. Außerdem steigt das Land in alle Richtungen an, wenn ich auf dem See bin.«
    »Wie in einem Goldfischglas.«
    »Ich habe vier Jahre lang in einem Goldfischglas gelebt.«
    »Also sind wir jetzt Fremde?«
    »Sind wir das denn nicht, Valentine?«
    »Nein«, sagte sie. Sie streckte die Hand aus und berührte sein Bein. Dann, plötzlich, drückte sie sein Knie, genau da, wo er immer am kitzeligsten gewesen war.
    Aber fast im selben Augenblick fing er ihr Handgelenk in seiner Hand. Sein Griff war sehr kräftig, obwohl seine Hände kleiner waren als ihre und seine eigenen Arme schlank und straff. Einen Augenblick lang sah er gefährlich aus; dann entspannte er

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