Das Grosse Spiel
etwas taugten.
Nach einer Stunde oder so begann es seinen Reiz zu verlieren. Ender verstand inzwischen die Gesetzmäßigkeiten. Verstand die Regeln, denen der Computer folgte, so daß er wußte, daß er den Feind, hatte er die Kontrollen erst einmal gemeistert, immer ausmanövrieren konnte. Spiralen, wenn der Feind dies tat; Schleifen, wenn der Feind das tat. Auf der Lauer liegen bei einer Falle. Sieben Fallen auslegen und sie dann so anlocken. Es war also keine Herausforderung, nur eine Frage, solange zu spielen, bis der Computer so schnell wurde, daß keine menschlichen Reflexe ihn mehr überwinden konnten. Das machte keinen Spaß Es waren die anderen Jungen, gegen die er spielen wollte. Die Jungen, die so von dem Computer trainiert worden waren, daß sie selbst dann, wenn sie gegeneinander spielten, versuchten, den Computer nachzuahmen. Wie eine Maschine zu denken statt wie ein Junge.
Ich könnte sie auf diesem Weg schlagen. Ich könnte sie auf jenem Weg schlagen.
»Ich würde gern mal eine Runde gegen dich spielen«, sagte er zu dem Jungen, der gerade gewonnen hatte.
»Herrjemine, was ist denn das?« fragte der Junge. »Ist das eine Wanze oder ein Krabbler?«
»Da ist gerade eine neue Bande Zwerge an Bord gekommen«, sagte ein anderer Junge.
»Aber es spricht. Wußtet ihr, daß sie sprechen können?«
»Verstehe«, sagte Ender. »Du hast Angst, auf zwei von drei gegen mich zu spielen.«
»Dich zu schlagen«, sagte der Junge, »wäre so leicht wie in die Dusche pissen.«
»Und nicht halb so lustig«, sagte ein anderer.
»Ich bin Ender Wiggin.«
»Hör zu, Knirschgesicht. Du niemand. Kapiert, ja? Du niemand, kapiert, ja? Du solange niemand, bis du ersten Abschuß gemacht. Kapiert, ja?«
Der Jargon der älteren Jungen hatte seinen eigenen Rhythmus. Ender schnappte ihn rasch auf. »Wenn ich niemand, wie dann kommen, ihr Schiß, auf zwei zu drei mit mir zu spielen?«
Jetzt waren die anderen Burschen ungeduldig. »Mach den Affen schnell alle und laß uns weitermachen.«
Also nahm Ender seinen Platz an den ungewohnten Kontrollen ein. Seine Hände waren klein, aber die Kontrollen waren simpel genug. Er brauchte nur ein bißchen herumzuexperimentieren, um herauszufinden, welche Knöpfe bestimmte Waffen in Gang setzten. Die Bewegungskontrolle war ein Standard-Trackball. Zuerst waren seine Reflexe langsam. Der andere Junge, dessen Namen er immer noch nicht kannte, übernahm rasch die Führung. Aber Ender lernte eine Menge und war schon viel besser, als das Spiel endete.
»Zufrieden, Frischling?«
»Zwei von drei.«
»Zwei von drei Spielen lassen wir nicht gelten.«
»Also hast du mich beim ersten Mal geschlagen, daß ich jemals das Spiel angerührt habe«, sagte Ender. »Wenn du's nicht zweimal kannst, kannst du's überhaupt nicht.«
Sie spielten erneut, und diesmal war Ender geschickt genug, um ein paar Manöver abzuziehen, die der Junge offenbar noch nie gesehen hatte. Seine Denkgewohnheiten konnten sich nicht darauf einstellen. Ender gewann nicht leicht, aber er gewann.
Da hörten die größeren Jungen auf, zu lachen und Witze zu machen. Das dritte Spiel verlief in völligem Schweigen. Ender gewann es rasch und sicher.
Als das Spiel endete, sagte einer der älteren Jungen: »Wird Zeit, diese Maschine mal zu ersetzen. Langsam kann die ja schon jeder Dummkopf schlagen.«
Kein Wort des Glückwunsches. Nur völliges Schweigen, als Ender davonschritt.
Er ging nicht weit. Postierte sich einfach etwas abseits in geringer Entfernung und sah zu, wie die nächsten Spieler versuchten, die Dinge einzusetzen, die er ihnen gezeigt hatte. Jeder Dummkopf? Ender lächelte innerlich. Sie werden mich nicht vergessen.
Er fühlte sich gut. Er hatte etwas gewonnen, und zwar gegen ältere Jungen. Vielleicht nicht den besten der älteren Jungen, aber er hatte nicht länger das panikerfüllte Gefühl, daß das hier seine Kräfte überstieg, daß die Kampfschule zu viel für ihn sein könnte. Alles, was er tun mußte, war, das Spiel zu beobachten und zu begreifen, wie die Sache funktionierte, und dann konnte er das System benutzen und es sogar übertreffen.
Es war das Abwarten und Beobachten, das am meisten kostete. Während dieser Zeit nämlich mußte er durchhalten. Der Junge, dem er den Arm gebrochen hatte, war auf Rache aus. Sein Name, so erfuhr Ender rasch, war Bernard. Er sprach seinen eigenen Namen mit französischem Akzent aus, da die Franzosen mit ihrem arroganten Separatismus darauf beharrten, daß der
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