Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Grosse Spiel

Das Grosse Spiel

Titel: Das Grosse Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
Unterricht in Standard nicht vor dem vierten Lebensjahr beginnen sollte, wenn die französischen Sprachmuster bereits festgelegt waren. Sein Akzent machte ihn exotisch und interessant; sein gebrochener Arm machte ihn zu einem Märtyrer; sein Sadismus machte ihn zu einem natürlichen Sammelpunkt für all jene, die den Schmerz der anderen liebten.
    Ender wurde ihr Feind.
    Kleinigkeiten. Jedesmal gegen sein Bett treten, wenn sie durch die Tür hinein oder hinaus gingen. Ihn mit dem Essenstablett anrempeln. Ihm auf den Leitern Beinchen stellen. Ender lernte rasch, nichts außerhalb seiner Spinde zu lassen; er lernte auch, flink auf den Füßen zu sein, sich zu fangen. ›Maladroit‹, nannte ihn Bernard einmal, und der Name blieb haften.
    Es gab Zeiten, da war Ender sehr wütend. Bei Bernard natürlich war Ärger unangemessen. Er war nun einmal die Art von Mensch, die er war - ein Quälgeist. Was Ender in Rage versetzte, war, wie bereitwillig die anderen ihm folgten. Bestimmt wußten sie, daß in Bernards Rache keine Gerechtigkeit lag. Bestimmt wußten sie, daß er in der Fähre zuerst nach Ender geschlagen hatte, daß Ender nur auf Gewalt geantwortet hatte. Wenn sie es wußten, dann handelten sie so, als täten sie es nicht; selbst wenn sie es nicht wußten, hätten sie an Bernard selbst erkennen müssen, daß er eine Schlange war.
    Schließlich war Ender nicht sein einziges Ziel. Bernard errichtete ein Königreich, oder nicht?
    Ender sah vom Rand der Gruppe aus zu, wie Bernard eine Rangordnung errichtete. Einige der Jungen waren nützlich für ihn, und er schmeichelte ihnen unerhört. Einige der Jungen waren willige Diener, die taten, was immer er wollte, auch wenn er sie mit Verachtung behandelte.
    Aber ein paar ärgerten sich über Bernards Herrschaft.
    Ender, der zusah, wußte, wer Bernard grollte. Shen war klein, ehrgeizig und leicht aufzuziehen. Bernard hatte das rasch entdeckt und angefangen, ihn ›Wurm‹ zu nennen. »Weil er so klein ist«, sagte Bernard, »und weil er sich windet. Seht nur, wie er mit dem Arsch wackelt, wenn er geht.«
    Shen stürmte davon, aber sie lachten nur noch lauter. »Seht euch seinen Arsch an. Wir seh'n uns, Wurm!«
    Ender sagte nichts zu Shen - dann wäre zu offensichtlich gewesen, daß er seine eigene, rivalisierende Bande aufmachte. Er saß nur mit seinem Pult auf dem Schoß da und schaute so lernbegierig wie möglich drein.
    Aber er lernte nicht. Er befahl seinem Pult gerade, ständig alle dreißig Sekunden eine Botschaft in den Interruptzyklus zu senden. Die Botschaft richtete sich an alle, und sie war kurz und präzise. Was es schwierig machte, war, auszuknobeln, wie sich ihr Ursprung verbergen ließ, so wie es die Lehrer konnten. Bei Botschaften von einem der Jungen wurde immer automatisch der Name eingefügt. Ender hatte das Sicherungssystem der Lehrer noch nicht geknackt, also konnte er nicht vorgeben, ein Lehrer zu sein. Aber er war imstande, eine Datei für einen nichtexistenten Schüler anzulegen, den er aus einer Laune heraus Gott nannte.
    Erst als die Botschaft sendebereit war, versuchte er, Shens Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Wie alle anderen Jungen beobachtete er Bernard und seine Kumpane dabei, wie sie lachten und Witze rissen und sich über den Mathelehrer lustig machten, der oft mitten im Satz innehielt und sich umblickte, als sei er an der falschen Haltestelle aus dem Bus gestiegen und wisse nicht, wo er war.
    Endlich jedoch sah Shen flüchtig in die Runde. Ender nickte ihm zu, deutete auf seinen Pult und lächelte. Shen schaute verblüfft. Ender hob sein Pult ein wenig hoch und deutete darauf. Shen griff nach seinem eigenen Pult. Da schickte Ender die Botschaft los. Shen sah sie beinahe sofort. Shen las sie, lachte dann laut. Er blickte Ender an, wie um zu sagen: Wie hast du das gemacht? Ender zuckte die Achseln, was heißen sollte: Ich weiß nicht, wer es gemacht hat, aber ich war es ganz bestimmt nicht.
    Shen lachte wieder, und mehrere der anderen Jungen, die Bernards Gruppe nicht nahestanden, holten ihre Pulte heraus und sahen nach. Alle dreißig Sekunden erschien die Botschaft auf jedem Pult, wanderte rasch rund um den Schirm und verschwand dann. Die Jungen lachten gemeinsam.
    »Was ist so komisch?« fragte Bernard. Ender achtete darauf, daß er nicht lächelte, als Bernard sich im Raum umblickte; statt dessen imitierte er die Furcht, die so viele andere verspürten. Shen natürlich lächelte um so herausfordernder. Es dauerte einen Augenblick; dann

Weitere Kostenlose Bücher