Das Grosse Spiel
kamen Dutzende von winzigen Schlangen, die flink Enders Figur wieder und wieder bissen. Während sie die Schlangen noch verzweifelt von sich losriß, brach die Figur zusammen und starb in einem sich windenden Haufen kleiner Schlangen.
Der Schirm leerte sich, und Worte erschienen:
NOCHMAL SPIELEN?
Ender schaltete ab und stellte das Pult weg.
Am nächsten Tag kamen mehrere Kommandanten zu Ender oder schickten Soldaten, um ihm mitzuteilen, er brauche sich keine Sorgen zu machen, die meisten von ihnen dächten, die zusätzlichen Übungsstunden seien eine gute Idee, er solle damit weitermachen. Und um sicherzugehen, daß ihn niemand belästigte, würden sie ein paar ihrer älteren Soldaten schicken, die ein zusätzliches Training nötig hatten, damit sie sich ihm anschlossen. »Sie sind so groß wie die meisten der Krabbler, die euch gestern abend angegriffen haben. Sie werden es sich zweimal überlegen.«
Statt eines Dutzend Jungen waren es an diesem Abend fünfundvierzig, mehr als ein Trupp, und ob es nun wegen der älteren Jungen auf Enders Seite war oder weil sie vom Vorabend genug hatten: keiner ihrer Gegner kam.
Ender kehrte nicht an das Fantasyspiel zurück. Aber es lebte in seinen Träumen weiter. Ständig erinnerte er sich daran, was für ein Gefühl es gewesen war, die Schlange zu töten, sie zu zermalmen, genau, wie er jenem Jungen das Ohr abgerissen hatte, wie er Stilson zerstört hatte, wie er Bernards Arm gebrochen hatte. Und dann aufzustehen, die Leiche seines Feindes in der Hand, und festzustellen, daß, Peters Gesicht ihn aus dem Spiegel ansah. Dieses Spiel weiß zu viel über mich. Dieses Spiel erzählt schmutzige Lügen. Ich bin nicht Peter. Mein Herz birgt keinen Mord.
Und dann die schlimmere Angst, daß er ein Killer war, bloß ein besserer, als Peter es jemals gewesen war; daß es eben dieser Zug an ihm war, der den Lehrern gefiel. Es sind Killer, die sie für die Krabbler-Kriege brauchen. Menschen, die das Gesicht des Feindes in den Staub mahlen und sein Blut durch den ganzen Weltraum verspritzen können.
Na schön, ich bin euer Mann. Ich bin das blutrünstige Monstrum, das ihr wolltet, als ihr mich habt zeugen lassen.
Ich bin euer Werkzeug, und was für einen Unterschied macht es, ob ich den Teil meiner selbst hasse, den ihr am nötigsten braucht? Was für einen Unterschied macht es, daß ich mit den kleinen Schlangen übereinstimmte, als sie mich im Spiel töteten, daß ich froh war?
Kapitel 9
Locke und Demosthenes
»Ich habe Sie nicht hergebeten, um Zeit zu vergeuden. Wie zum Teufel hat der Computer das gemacht?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Wie konnte er ein Bild von Enders Bruder beschaffen und es in die Grafik dieser Märchenlandschablone einbauen?«
»Oberst Graff, ich war nicht dabei, als er programmiert wurde. Alles, was ich weiß, ist, daß der Computer noch nie zuvor jemand an diesen Ort gebracht hat. Das Märchenland war schon seltsam genug, aber das hier ist nicht mehr das Märchenland. Es ist hinter dem Ende der Welt, und ...«
»Ich kenne die Namen der Orte, ich weiß nur nicht, was sie bedeuten.«
»Märchenland war einprogrammiert. Es wird an ein paar anderen Stellen erwähnt. Aber nirgendwo ist vom Ende der Welt die Rede. Wir haben keinerlei Erfahrung damit.«
»Es gefällt mir nicht, wenn der Computer auf diese Weise an Enders Geist herumpfuscht. Peter Wiggin ist die einflußreichste Person in seinem Leben, von seiner Schwester Valentine vielleicht einmal abgesehen.«
»Und das Gedankenspiel ist dazu angelegt, dabei zu helfen, sie zu formen, ihnen zu helfen, Welten zu finden, in denen sie sich wohlfühlen können.«
»Sie kapieren es nicht, Major Imbu, oder? Ich will nicht, daß Ender sich am Ende der Welt wohlfühlt. Unsere Aufgabe hier ist es, uns am Ende der Welt nicht wohlzufühlen.«
»Das Ende der Welt im Spiel ist nicht notwendigerweise das Ende der Menschheit in den Krabbler-Kriegen. Es hat eine private Bedeutung für Ender.«
»Gut. Welche Bedeutung?«
»Ich weiß nicht, Sir. Ich bin nicht der Kleine. Fragen Sie ihn.«
»Major Imbu, ich frage Sie. «
»Es könnte tausend Bedeutungen geben.«
»Nennen Sie mal eine.«
»Sie haben den Jungen isoliert. Vielleicht sehnt er sich nach dem Ende dieser Welt, der Kampfschule. Oder vielleicht geht es um das Ende der Welt, mit der er als kleiner Junge aufgewachsen ist, sein Zuhause, seine Ankunft hier. Oder vielleicht ist es seine Art, damit fertigzuwerden, daß er so viele andere Kinder hier
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