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Das große Yogabuch

Das große Yogabuch

Titel: Das große Yogabuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Trökes
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ein Bild von einem Menschen, einer Sache, einem Vorgang, das durch unser subjektives Erleben, durch unsere Sichtweise, unsere Erziehung, unsere Denkmodelle verzerrt ist. Oder wir sind emotional sehr beteiligt, und unser Blick auf die Wirklichkeit wird durch die Kraft der Emotion verzerrt.
    In den Zustand der Meditation gelangt zu sein heißt, dass wir uns selbst vergessen haben und nun »selbstvergessen« etwas betrachten, dass also die ganzen Verzerrungen nicht stattfinden. Wir haben gewissermaßen unsere persönliche Brille abgesetzt, durch die wir sonst die Welt betrachten.
    Diese Art des Schauens ist verständlicherweise überaus wichtig, wenn wir selbst unser Meditationsobjekt sind und wenn wir in uns hineinschauen, um uns selbst zu erforschen. Genau an dieser Stelle des Prozesses enden die Erwartungen, die wir an uns haben, die Vorstellungen, die wir von uns haben, und die Glaubenssätze darüber, wie wir sind. In diesem Moment können wir beginnen, uns so zu sehen, wie wir wirklich sind, uns zu akzeptieren und uns selbst zu verstehen.
    Dieser ideale Zustand wird natürlich nicht anhalten, und wir werden immer wieder in unsere alten Muster zurückfallen. Jedoch das Grundmuster unseres Geistes, das geprägt war durch falsche, weil verzerrte und zutiefst subjektive Sichtweisen auf uns und die Welt um uns herum – also durch Avidya, das erste der fünf Kleshas ( > ) –, wird nach und nach verändert werden.
    Durch regelmäßiges Meditieren lernen wir zunehmend, achtsam zu sein, und in der Achtsamkeit entwickelt sich die Instanz eines inneren Beobachters, der mit einem neutralen, ungefärbten Blick auf die Welt schaut.
    Wenn es uns gelingt, über längere Zeit konzentriert bei einer Sache zu bleiben, wird ein tiefes Eindringen und Verstehen möglich. Wir sind dann in der Lage, uns vollständig mit unserem Tun zu verbinden, und zwar so sehr, dass wir uns selbst darüber vergessen und jedes Gefühl für die Zeit verlieren. Dieser Zustand wird Meditation genannt.
    Im Zustand der Meditation zu sein, bedeutet im Zustand des Beobachters zu sein. Aus der Position des Beobachters, des Zeugen sehen wir die Dinge, wie sie sind. Sie sind, wie sie sind. So und nicht anders. Wir wollen sie nicht ändern. Wir akzeptieren sie in ihrem Sosein.
    8 Das völlige Verschmelzen – Samadhi
    Samadhi ist die achte Stufe und gleichzeitig das Ziel des Weges. Verschmelzen heißt, ganz zu dem zu werden, was wir tun, fühlen oder empfinden. Der Zustand des Verschmelzens meint, dass wir eins sind mit uns und der Welt. Unsere Aufmerksamkeit ist nicht mehr auf das gerichtet, was uns von anderen Menschen oder Dingen trennt, sondern was uns mit ihnen verbindet.
    Samadhi ist das Aufhören jeglichen Bemühens, Tuns und Kämpfens. Es beschreibt den Zustand der Offenheit, der Hingabe und des Annehmens. Wir beginnen, mit dem Strom des Lebens zu schwimmen, der uns trägt und leitet. Es meint nicht Resignation oder Opportunismus, sondern Vertrauen, das so stark ist, dass wir nicht mehr ständig alles kontrollieren müssen. Samadhi ist der Zustand innerer Freiheit – das Ziel des Yoga.
    Nur das Herz kann wirklich erkennen
    Patañjali beschreibt den Yogaweg in wissenschaftlicher Weise. Jeder Schritt ist nicht nur für unseren Verstand nachvollziehbar, sondern auch jederzeit von jedem Menschen überprüfbar wie ein wissenschaftliches Experiment. Dazu passt, dass sich zahlreiche Übereinstimmungen mit den Erkenntnissen der modernen Wahrnehmungs-, Bewusstseins- und Neurowissenschaften feststellen lassen. Sie zeigen, wie wenig sich unser Geist offensichtlich in den letzten 2000 Jahren – also seit der Entstehung des Yoga-Sutra – verändert hat.
    Bei aller Klarheit und Logik seines Konzepts kommt Patañjali dann aber doch zu dem überraschenden Schluss, dass es nicht der Geist ist, der den Geist erkennen kann, sondern das Herz. »Meditation auf das Herz wird uns die Natur unseres Geistes enthüllen«, heißt es im Sutra 3.34.
    Dieser Hinweis ist überaus wichtig. Wir alle kennen es, dass wir mit unserem Verstand etwas einsehen, also zum Beispiel erkennen, dass uns ein bestimmtes Verhalten nicht guttut und dass wir es ändern sollten. Solange diese Einsicht nur im Kopf geschieht, passiert in der Regel gar nichts. Erst wenn unser Herz zustimmt, wenn wir also »mit dem Herzen dabei« sind, können wir unsere Einsicht in die Tat umsetzen, uns verändern und dieser Veränderung »aus vollem Herzen« zustimmen. Dann wird sie Bestand haben.

Der tantrische

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