Das große Yogabuch
einen Zusammenhang gibt. Er vermutete, dass Sonne und Mond, die über die Atmosphäre das Wachstum auf der Erde bestimmen, auch Einfluss auf den Organismus des Menschen haben müssen. Beide Gestirne wirken ständig auf die Erdatmosphäre ein. Der Einfluss des Gestirns, das im Verhältnis gerade näher an der Erde ist, prägt die Atmosphäre. Der Mond hat horizontal dehnende und die Sonne vertikal ziehende Wirkung auf das Wachstum. Diese polaren kosmischen Kräfte bewirken eine Ionisierung der Luft (elektrische Positiv-/Negativladung), die ihrerseits wiederum die Gewebe unseres Körpers beeinflusst. Da unser Organismus zu einem hohen Prozentsatz aus Wasser besteht, wird die elektrische Ladung von der äußeren Atmosphäre auf das Innere, die Zellstrukturen des Körpers, übertragen.
Oder einfach und bildlich ausgedrückt: So wie die Kräfte von Mond und Sonne die Wasser der Ozeane der Erde ausdehnen und zusammenziehen (verdunsten), so wirken sie auch auf unseren »inneren Ozean«, das heißt auf alle Gewebeflüssigkeiten unseres Körpers.
Im Augenblick der Geburt ist der Organismus gezwungen, sich völlig auf die neuen Lebensbedingungen umzustellen und an sie anzupassen:
• Herrschen zu diesem Zeitpunkt in der Atmosphäre Dehnungsimpulse vor (Mond, lunar), verstärken diese die erste Einatmungsbewegung (Dehnung) im Körper. Die nachfolgende Ausatmung erfährt keine Verstärkung, sondern wird eher durch die herrschenden Bedingungen verlangsamt.
• Herrschen in der Atmosphäre dagegen verstärkt zentrierende Impulse (Sonne, solar) vor, so wird die erste zentral gesteuerte Ausatmungsbewegung (Zentrierung) im Körper verstärkt. Hier wird die nachfolgende Einatmung eher verlangsamt.
Atemtyp ist Konstitutionstyp
Diese erste dynamische Prägung des Atemzentrums bleibt für den Rest des Lebens bestehen. Die gesamte Entwicklung des Säuglings folgt fortan diesem formenden Prinzip, und die zu Beginn unseres Erdendaseins führende Kraft im Atemrhythmus bestimmt die Art und Weise, wie sich unser Organismus, unser Stoffwechsel und unsere Bewegungsdynamik organisieren.
Diese Kraft ist es, die uns zum einatembetonten Dehnungstyp (lunar geprägt) oder zum ausatembetonten Zentrierungstyp (solar geprägt) macht. Sie ist damit ein wesentlicher Bestandteil unserer Konstitution geworden, das heißt, dass unser Körper in jeder Situation gemäß dieser Prägung reagiert.
Natürlich sind unsere Entwicklung und unser Sosein noch von vielen anderen Bedingungen geprägt. Aber wie wir mit ihnen und den Herausforderungen des Lebens umgehen, hat mit der Prägung unseres Atems zu tun: ob wir mit unserer Energie strömen und so an unserer Kraft bleiben – oder ob wir ständig etwas »gegen den Strom« atmen und
uns dadurch schneller erschöpfen. Wenn wir unserem Atem tief verbunden sind, können wir deutlich spüren, was für uns das Angemessene ist – und das sollten wir auch dann nicht aufgeben, wenn im Yogaunterricht andere Atemansagen gemacht werden.
Die bei der Geburt ausgebildete Atemkonstitution bleibt unser ganzes Leben lang für die Dynamik unserer Atmung bestimmend. Sie wirkt sich aber auch in vielen anderen Lebensbereichen wie Bewegung, Haltung und die Art und Weise, wie wir uns regenerieren können, aus.
Den Atemtyp bestimmen
Erich Wilk hat eine Berechnungstabelle aufgrund des Sonnen- und Mondstandes entwickelt, mit deren Hilfe man seinen Atemtyp bestimmen kann (mehr Infos siehe Internetadresse > ).
Nach meiner Erfahrung ist etwa die Hälfte meiner Kursteilnehmer/-innen einatembetont (lunar) und die andere Hälfte ausatembetont (solar).
Allerdings gibt es eine Ausnahme: Wenn sich die Bahnen von Sonne und Mond überschneiden, gleichen sich deren Kräfte weitgehend aus. Menschen, die in dieser Zeitspanne geboren sind, werden als »Fragezeichentyp«, manchmal als »Wechseltyp« bezeichnet. Etwa 10 Prozent der Teilnehmer/-innen gehören dazu und müssen selbst herausfinden, welche Atemform für sie optimal ist (siehe links).
Schauen wir uns nun die einzelnen Atemtypen mal genauer an.
Beim Wechseltyp waren zum Zeitpunkt der Geburt weder die physikalischen Kräfte der Sonne noch des Mondes stark genug, um eine Prägung zu bewirken, die sich dann zu einer Konstitution herausbildet. Menschen dieses Atemtyps können sich in die Haltungen und Bewegungen beider Atemtypen einfühlen. Das bedeutet aber auch, dass sie immer wieder ausprobieren müssen, mit welcher Atemform sie ihre Energie am besten steigern beziehungsweise
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