Das große Zeitabenteuer
schlug damit die Glastüren ein. Dann stand er in der Eingangshalle und suchte nach der Tür zu dem Geheimgang, den Yokabump ihm gezeigt hatte. Von der Treppe her waren Stimmen zu hören, dann wurden offenbar Befehle gegeben – die Bogenschützen auf den Zinnen würden bald auftauchen, und aus dieser Entfernung konnten sie ihr Ziel kaum verfehlen.
Lafayette sah auf, als ein lauter Schrei ertönte. Ein Offizier des Wachregiments beugte sich übers Treppengeländer und winkte aufgeregt seine Leute heran. O'Leary suchte verzweifelt nach dem winzigen Knopf, der hier in der Wandtäfelung zu finden sein mußte. Endlich! Die Schiebetür glitt zur Seite, und O'Leary zerrte seine Axt hinter sich her, als der erste Pfeil neben ihm im Holz steckenblieb. Er schloß die Tür, lehnte sich an die Wand und holte tief Luft.
Jetzt zu Nicodaeus.
O'Leary stand horchend vor der schweren Tür des Turmzimmers. Weit unter sich hörte er laute Stimmen – die Wache suchte nach ihm. Jeden Augenblick konnten hier Bewaffnete erscheinen. Dann war er geliefert, denn die Axt half wenig gegen Bogen und Musketen. Er klopfte an die Tür.
»Lassen Sie mich ein, Nicodaeus«, sagte er leise und horchte an der Tür. War das nicht eben ein Rascheln gewesen?
»Machen Sie auf, sonst schlage ich die Tür ein!« Diesmal gab es keinen Zweifel mehr; er hatte ein Geräusch gehört. Vielleicht existierte ein weiterer Geheimgang, von dem Yokabump nichts wußte; vielleicht entwischte der Zauberer durch ein Hintertürchen, während er hier wartete.
O'Leary hob die Axt über den Kopf. Im gleichen Augenblick öffnete sich die Tür zwanzig Zentimeter weit, und Nicodaeus wich mit einem Aufschrei zurück, als Lafayette die Axt ins Holz sausen ließ.
»Mein lieber Junge«, krächzte der Zauberer, »Sie haben mich erschreckt.«
Lafayette riß die Axt aus dem Holz. »Den lieben Jungen können Sie sich sparen«, stellte er eisig fest. »Wo ist sie?«
»Wer… wer ist wo?«
»Adoranne. Und ich will keine Ausreden hören. Ich weiß alles. Lod hat gründlich ausgepackt, bevor ich ihn umgebracht habe.«
»Sie haben Lod umgebracht?« Nicodaeus runzelte die Stirn.
»Damit.« O'Leary hob die Axt. »Und ich benütze sie wieder, wenn's sein muß. Los, reden Sie schon! Wo ist sie versteckt? Wahrscheinlich hier im Palast, nehme ich an.«
»Glauben Sie mir doch, Lafayette! Ich weiß wirklich nichts davon und kann Ihnen…«
O'Leary trat näher. »Keine Ausflüchte! Ich habe es eilig. Wenn Sie nicht bald reden, mach ich Hackfleisch aus Ihnen und suche selbst weiter.«
»Lafayette, Sie irren sich! Ich weiß nicht, was Lod behauptet hat, aber …«
»Das tut nichts zur Sache. Aber wie steht es mit den Soldaten, die neulich so prompt hier oben erschienen sind, als ich bei Ihnen um Hilfe bitten wollte?«
»Damit hatte ich nichts zu tun, Lafayette! Das war eine Routinesache!«
»Und wahrscheinlich wissen Sie auch nichts von der Sache in Adorannes Boudoir?«
»Natürlich nicht! Ich war ebenso überrascht wie Sie, mein Junge!«
»Und ich soll vermutlich nicht darauf achten, was Lod gesagt hat?«
»Lafayette, ich gebe zu, daß ich einmal mit Lod verhandelt habe. Es ging mir jedoch nur um Tatsachen, und ich habe ihm, äh, gewisse Gegenleistungen versprochen, falls er… äh …« Nicodaeus starrte wie hypnotisiert die Axt an.
»Richtig. Gewisse Gegenleistungen – zum Beispiel Ado-ranne.«
»Nein!« beteuerte der Zauberer. »Hat er das behauptet? Das kann er nicht gesagt haben!«
»Nun…« O'Leary erinnerte sich an das Gespräch mit Lod. »Er hat Sie als Verräter bezeichnet – und ich sollte in Ihren Diensten stehen.«
»Aber hat er gesagt, ich hätte ihm die Prinzessin versprochen?«
»Er hat einen Ränkeschmied im Palast erwähnt – Sie wollten den Thron besteigen und zuvor Adoranne aus dem Weg räumen.«
»Damit hat er jedenfalls nicht mich gemeint, Lafayette!« Nicodaeus runzelte die Stirn. »Was hat er noch gesagt?«
»Er hat behauptet, Sie brauchten ihn nicht mehr und wollten deshalb Ihr Versprechen brechen.«
»Ich gebe zu, daß ich ihm etwas versprochen habe«, sagte der Zauberer nach einer kurzen Pause. »Er sollte in seinem Gebiet als Alleinherrscher bestätigt werden und eine Belohnung in bar erhalten. Aber was Throne und Morde betrifft …«
»Werden Sie genauer, Nicodaeus! Worüber haben Sie mit Lod verhandelt?«
»Das … das darf ich nicht sagen.«
»Schön, spielen Sie ruhig den Geheimnisvollen. Aber wenn Sie glauben, daß ich damit zufrieden
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