Das gruene Gewissen
– ohne internationaleKlimaschutzabkommen ins Leere läuft. Im Gegenteil ist nicht auszuschließen, dass das grüne Wachstum den Klimaschutz blockiert, weil es den Preisanstieg der fossilen Energieträger bremst. Die Chancen für ein internationales Klimaabkommen und einen weltweiten Emissionshandel schwinden mittlerweile massiv. In dem Augenblick, so erwarten Experten, in dem ein Scheitern entsprechender Bemühungen ein für alle Mal offenbar wird, wird es zu einer Abkehr von der Dominanz des Klimathemas in der Energieversorgung kommen.
Allein das zeigt, dass wir nicht autark handeln können, sondern unsere Maßnahmen andernorts Auswirkungen zeitigen. Beim Thema Nachhaltigkeit gibt es sie eben nicht, die Summe der einzelnen Teile, die zum gewünschten Ergebnis führt, sondern statt der Befriedigung vieler kleiner Gewissen vielmehr eine Notwendigkeit zu strategischen Weichenstellungen.
Vor allem aber zeigt sich im Bekenntnis zur Green Economy ein Phänomen, das im Zusammenhang der Bio-Nahrung noch zur Sprache kommen wird: Wir wollen daran glauben, dass grünes Wachstum dazu führt, dass wir den Klimawandel in den Griff kriegen und dennoch über genug Energie verfügen werden. Unabhängig davon, was wir über die Widersprüche und Probleme grüner Technologie wissen. Das Bekenntnis zu ihr erfüllt eine entlastende Funktion.
Das Ende von CCS
Ich war noch nie in Südafrika, das ebenfalls ein großer Kohleförderer ist, auch nicht in Mosambik, das nach neuen Funden zu einem der größten Kohleproduzenten der Welt werden könnte. Aber ich sprach am Ende eines Australienurlaubs, der mir die biblische Weite des Outbacks offenbarte, mit einem Experten über das sogenannte Otway Project . Es handelt sich dabei um die erste CCS-Demonstrationsanlage in einem Land, das 75 Prozent seinerEnergie aus heimischer Kohle gewinnt, weltweit einer der größten Kohleexporteure ist und mittlerweile auch eine CO 2 -Steuer eingeführt hat.
Neben einer Pilotanlage wollte man seinerzeit auch in der Lausitz eine Demonstrationsanlage im Industriemaßstab errichten. Ich war vor Ort, als die Tests schon eine ganze Weile liefen und CCS längst kein Geheimtipp mehr war. Und doch hatte ich das Gefühl, etwas in Augenschein zu nehmen, das vielen Menschen noch unbekannt war. Ich fühlte mich wie auf einer Expedition, die einen völlig neuen Zugang zur Natur mit Nutzen für die Gesellschaft eröffnen würde.
Die Geschichte von CCS ist bekannt, sie füllt mittlerweile Bücherregale von Zeitungsartikeln. Sie beginnt mit dem missglückten Versuch von RWE, Kohlendioxid in einer Pipeline nach Schleswig-Holstein zu transportieren und unter die Erde zu bringen. Sie führt weiter über eine ablehnende Haltung etwa aus agrarisch geprägten Kreisen der CSU vor der Bundestagswahl 2009. Weil ein Gesetz der EU indessen drängte, gab es später noch einmal den Versuch, der breiten Erprobung der Technik mit vielen Auflagen zum Durchbruch zu verhelfen.
Im Herbst 2011 zog sich Vattenfall dann aus dem Vorhaben zurück, für einen Milliardenbetrag eine Demonstrationsanlage zu errichten. Die kleine Pilotanlage ließ man indes weiterlaufen und tut dies auch heute noch. Man habe die Unterstützung der Bundesregierung vermisst, wurde Vattenfall-Chef Tuomo Hatakka zitiert. Das Problem war aber die Haltung der Bundesländer, welche die Anwendung von CCS über den Bundesrat blockierten. Die entsprechende Gesetzesvorlage der Bundesregierung, unterirdische Kohlendioxidspeicher zu errichten, fand in der Länderkammer keine Mehrheit.
Im Juni 2012 gab es im Vermittlungsausschuss des Parlaments eine Einigung. CCS wurde zumindest in Demonstrationsanlagen zugelassen. Unter dem Strich musste man aber anerkennen, dass niemand in Deutschland die Technologie haben will. Das hoheKlimabewusstsein der Deutschen hat nicht automatisch zu einer Bejahung von CCS geführt. Auf Umfragen basierende Studien zeigen, dass die CCS-Speicherproblematik bei vielen Menschen gedankliche Assoziationen zu nuklearen Endlagern wie Asse und damit ein entsprechendes Misstrauen gegenüber den politischen Entscheidungsprozessen geweckt hat. Dagegen, so scheint es, helfen keine Argumente. 65
Vielleicht ist es das, was am schwersten wiegt: dass wir bei der ablehnenden Haltung hinsichtlich neuer Technologien nicht nur wirtschaftliches Engagement zum Erliegen bringen – das im Falle der Kohle- oder Schiefergasforschung angesichts des internationalen Bedarfs zu einem größeren Technologievorsprung als bei den
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