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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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sehen.«
    »Jetzt bleibt er sicher zwei oder drei Tage weg«, sagte Pantacha. »Der Heide fürchtet sich auch noch immer vor den Huambisas.«
    »Fürchten tut er sich nicht, er will nur nicht, daß sie ihm den Kopf abschneiden«, sagte der Lotse. »Er weiß, wenn sie besoffen sind, wird ihr Haß auf ihn wieder wach.«
    »Wirst du auch mit den Heiden feiern?« sagte Lalita.
    »Ich bin müde von der Fahrt«, sagte Nieves. »Ich geh schlafen.«
    »Es ist verboten, aber manchmal kommen sie doch raus«, sagte Aquilino. »Wenn sie sich über etwas beschweren wollen. Da machen sie sich Kanus, paddeln auf den Fluß hinaus und stellen sich vor der Kolonie auf. Wenn ihr nicht tut, was wir wollen, kommen wir an Land, sagen sie.«
    »Wer lebt in der Kolonie?« sagte Fushía. »Gibt’s Polizisten?«
    »Nein, ich hab keine gesehen«, sagte Aquilino. »Da leben ihre Familien. Die Frauen, die Kinder. Haben sich kleine Felder angelegt.«
    »Und die Familien, ekeln sie sich auch so?« sagte Fushía. »Obwohl sie die Angehörigen sind, Aquilino?«
    »Es gibt Dinge, da zählt die Verwandtschaft nicht«, sagte Aquilino. »Wahrscheinlich können sie sich nicht daran gewöhnen, werden Angst haben, angesteckt zu werden.«
    »Aber dann kommt ja niemand sie besuchen«, sagte Fushía. »Dann sind Besuche bestimmt verboten.«
    »Nein, nein, im Gegenteil, es kommt viel Besuch«, sagte Aquilino. »Bevor man hineindarf, muß man auf ein Boot, und ein Stück Seife kriegt man, damit man sich abwäscht, und die Kleider muß man ausziehen und einen Schurz umbinden.«
    »Warum machst du mir weis, daß du mich besuchen wirst, Alter?« sagte Fushía.
    »Vom Fluß aus kann man die Häuser sehen«, sagte Aquilino.
    »Hübsche Häuser, einige wie die in Iquitos, aus Ziegelsteinen. Da wirst du besser dran sein als auf der Insel, Mensch. Wirst Freunde haben und deine Ruhe.«
    »Laß mich irgendwo am Ufer, Alter«, sagte Fushía. »Von Zeit zu Zeit kommst du und bringst mir was zu essen. Ich werd mich versteckt halten, niemand wird mich sehen. Bring mich nicht nach San Pablo, Aquilino.«
    »Wo du kaum gehen kannst, Fushía«, sagte Aquilino. »Siehst du das nicht ein, Mann?«
    »Wieso hast du dir dann das Fieber vom Huambisazauberer kurieren lassen, wenn du immer noch so Angst vor ihnen hast?« sagte Lalita. Die Shapra lächelte, ohne zu antworten.
    »Ich hab ihn gegen ihren Willen geholt, Patrona«, sagte Pantacha. »Hat ihr was vorgesungen, ihr vorgetanzt, ihr Tabak in die Nase gespuckt, und sie hat die Augen nicht aufgemacht. Hat mehr vor Angst als vom Fieber gezittert. Ich glaub, sie ist vor Schreck wieder gesund geworden.«
    Ein Donner hallte, es begann zu regnen und Lalita stellte sich unter das Dach. Pantacha blieb weiterhin auf der Veranda, ließ den Regen auf die Beine klatschen. Einige Minuten später hörte der Regen auf und die Lichtung füllte sich mit Dampf. In der Hütte des Lotsen war kein Licht mehr, Patrona, der schläft wohl schon, und das war nur das Vorspiel, der wirklicheWolkenbruch würde die Huambisas mitten beim Feiern erwischen. Aquilino war bestimmt aufgewacht vom Donnern, und Lalita sprang das Treppchen hinunter, sie würde nachsehen, überquerte die Lichtung und betrat die Cabaña. Fushía hatte die Beine in den Schüsseln stecken, und die Haut seiner Oberschenkel war, wie der Ton der Schüsseln, rosenrot und schuppig. Er fummelte am Moskitonetz herum, ohne sie aus den Augen zu lassen, Fushía, warum genierte er sich nur? und riß es los und hüllte sich damit ein, und jetzt knurrte er, was war schon dabei, wenn sie ihn sah? und vornübergebeugt langte er nach dem Stiefel, Fushía, wo’s ihr doch nichts ausmachte, und endlich hatte er ihn und schleuderte ihn nach ihr, ohne zu zielen: er sauste an Lalita vorbei, knallte gegen das Bett, und der Kleine weinte nicht. Lalita ging wieder hinaus. Ein dünner Regen fiel jetzt.
    »Und die, die sterben, Alter?« sagte Fushía. »Werden die dort begraben?«
    »Bestimmt«, sagte Aquilino. »Können sie nicht gut in den Amazonas werfen, das wär nicht christlich.«
    »Wirst du weiter auf den Flüssen rumgondeln, Aquilino?« sagte Fushía. »Hast du nie daran gedacht, daß du eines Tages auf dem Boot sterben kannst?«
    »Ich würd gern in meinem Dorf sterben«, sagte Aquilino. »Aber ich hab niemand mehr in Moyobamba, weder Angehörige noch Freunde. Aber schön wär’s, wenn man mich auf dem Friedhof dort begraben würde, weiß nicht warum.«
    »Ich ging auch gern noch mal nach Campo

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