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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Grande«, sagte Fushía. »Um zu sehen, was aus meinen Verwandten geworden ist, aus meinen Jugendfreunden. Irgend jemand erinnert sich bestimmt noch an mich.«
    »Manchmal bereu ich’s, daß ich keinen Partner hab«, sagte Aquilino. »Viele haben mir schon angeboten, mit mir zu arbeiten, ein kleines Kapital mitzubringen für ein neues Boot. Alle reizt das ständige Herumreisen.«
    »Und warum hast du nicht akzeptiert?« sagte Fushía. »Jetzt, wo du alt bist, hättest du Gesellschaft.«
    »Ich kenn die Christenmenschen«, sagte Aquilino. »Solange ich einem Partner das Geschäft beigebracht und ihm die Kundschaft vorgestellt hätte, wär ich gut mit ihm ausgekommen. Danach hätt er dann gedacht, warum noch teilen, was so wenig Geld abwirft. Und weil ich alt bin, wär ich das Opfer gewesen.«
    »Mir tut’s leid, daß wir nicht zusammengeblieben sind, Aquilino«, sagte Fushía. »Die ganze Reise über hab ich daran denken müssen.«
    »Das war kein Geschäft für dich«, sagte Aquilino. »Du warst zu ehrgeizig, hast dich mit den paar Kröten nicht zufriedengegeben, die dabei zu verdienen waren.«
    »Jetzt siehst du, wozu der Ehrgeiz gut war«, sagte Fushía. »Bin tausendmal schlimmer dran als du, und du warst nie ehrgeizig.«
    »Dir hat Gott nicht geholfen, Fushía«, sagte Aquilino. »Alles, was passiert, hängt davon ab.«
    »Und warum hat er ausgerechnet mir nicht geholfen, und andern doch?« sagte Fushía. »Warum hat er mich zur Sau gemacht und dem Reátegui zum Beispiel geholfen?«
    »Frag ihn, wenn du stirbst«, sagte Aquilino. »Wie soll ich das wissen, Fushía?«
    »Gehen Sie doch einen Augenblick hin, Patrón, ehe es zu gießen anfängt«, sagte Pantacha.
    »Von mir aus, aber nur auf einen Sprung«, sagte Fushía. »Damit die Hunde nicht eingeschnappt sind. Geht Nieves nicht?«
    »Der war zum Fischen im Santiago«, sagte Pantacha. »Hat sich schon schlafen gelegt, Patrón. Die Lampe ist schon vor einer ganzen Weile ausgegangen.«
    Sie verließen die Cabañas und gingen auf die rötlich leuchtenden Feuer bei der Huambisasiedlung zu, und Lalita wartete, saß auf dem Boden neben den Pfählen der Cabaña, von der es herabtropfte. Der Lotse tauchte wenig später auf, mit Hemd und Hose: alles war bereit. Aber Lalita wollte jetzt nicht mehr, morgen, gleich würde das Gewitter losbrechen.
    »Nicht morgen, jetzt sofort«, sagte Adrián Nieves. »Der Patrón und Pantacha sind zur Fiesta gegangen, und die Huambisas sind schon blau, Jum ist im Tunnel, wartet auf uns, er bringt uns bis zum Santiago.«
    »Ich kann Aquilino nicht hierlassen«, sagte Lalita. »Ich will meinen Sohn nicht verlassen.«
    »Niemand hat gesagt, daß er zurückbleiben soll«, sagte Nieves. »Ich will auch, daß wir ihn mitnehmen.«
    Er ging in die Hütte, kam mit einem Bündel in den Armen wieder heraus und ging, ohne etwas zu Lalita zu sagen, los in Richtung auf das Charapabecken. Sie folgte ihm, wimmernd, aber dann, am Uferabhang, beruhigte sie sich und hängte sich bei dem Lotsen ein. Nieves wartete, bis sie ins Kanu gestiegen war, reichte ihr dann das Kind, und wenig später zerschnitt das Kanu sanft die dunkle Oberfläche der Lagune. Hinter der düsteren Palisade der Lupunas lugte schwach der Schein der Feuer hervor und Singen klang herüber.
    »Wohin geht’s denn?« sagte Lalita. »Mir sagst du kein Wort, alles machst du allein. Ich will nicht mehr mit dir gehen, ich möchte zurück.«
    »Sei still«, sagte der Lotse. »Red nicht, bis wir aus der Lagune weg sind.«
    »Es wird schon Tag«, sagte Aquilino. »Wir haben kein Auge zugemacht, Fushía.«
    »Die letzte Nacht, die wir zusammen sind«, sagte Fushía. »Es brennt wie Feuer hier drin, Aquilino.«
    »Mir tut’s auch weh«, sagte Aquilino. »Aber wir können nicht mehr länger hierbleiben, wir müssen weiter. Hast du keinen Hunger?«
    »Irgendwo am Strand, Alter«, sagte Fushía. »Um unserer Freundschaft willen, Aquilino. Nicht nach San Pablo, laß mich irgendwo zurück. Ich will nicht in San Pablo sterben, Alter.«
    »Zeig mehr Charakter, Fushía«, sagte Aquilino. »Stell dir vor, ich hab’s nachgerechnet: vor genau dreißig Tagen sind wir von der Insel weg.«Die Dinge sind, wie sie sind, die Wirklichkeit und die Wünsche gehen ineinander über und wenn nicht, weswegen wär sie an dem Morgen mitgekommen. Hat sie deine Stimme, deinen Geruch wiedererkannt? Red mit ihr und schau zu, wie in ihrem Gesicht etwas Fröhliches und Eifriges aufwacht, halt ihre Hand ein paar Sekunden fest

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