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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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sondern nachts, nicht angekleidet, sondern nackt, Toñita, rutsch nicht weg, berühr mich weiter. Und dann, der drückend heiße Sommermorgen, die Schuhputzer, die Bettler, die Hausiererinnen, die Leute, die aus der Messe kommen, ›La Estrella del Norte‹ und die Männer und ihre Gespräche, die Baumwolle, der Wasserspiegel, die Pachamanca am Sonntag und, ganz plötzlich, fühl ihre Hand, die deine sucht, findet und festhält. Vorsicht, Achtung, schau nicht hin, keine Bewegung, lächle, die Baumwolle, die Wetten, die Jagden, das harte Fleisch des Wildes und die tückischen Plagen und, unterdessen, hör ihre Hand in der deinen, ihre geheimnisvolle Botschaft, entziffre diese Stimme heimlichen Drückens und sanften Zwickens, und die ganze Zeit, Toñita, Toñita, Toñita. Schluß jetzt mit Zweifeln, morgen noch früher, versteck dich in der Kathedrale und späh hinaus, lausch dem feinen Singen des Sandes in den Wipfeln der Tamarinden, warte gespannt, die Augen starr auf die Ecke, halb von der Laube und den Bäumen verborgen. Und dann, wiederum, die stehengebliebene Zeit unter dem Gewölbe und den Bogen, die strengen Fliesen, die leeren Sitzreihen, und der unversöhnliche Wille und ein kalter Schweiß am Rücken, die abrupte Leere im Magen: der Esel, die Gallinaza, die Körbe, eine Gestalt, die gleitend heranschwebt.Hoffentlich kommt niemand, hoffentlich geht sie bald, hoffentlich kommt der Priester nicht, und jetzt, schnell, hinausstürzend, das Licht draußen, das Atrium, die breiten Stufen, die Straße, das schattige Viereck. Breit die Arme aus, umarm sie, schau, wie ihr Kopf an deiner Schulter ruht, liebkos ihre Haare, entfern den blonden Sand und gleichzeitig, Vorsicht, die ›Estrella del Norte‹ wird gleich aufmachen, und Jacinto wird gähnend auftauchen, die Leute werden kommen und die Fremden, komm ihnen zuvor. Täusch nichts mehr vor, küß sie und, während ihr Gesicht zu glühen beginnt, erschrick nicht, du bist hübsch, ich hab dich gern, wirst doch nicht weinen, fühl deinen Mund an ihrer Wange und sieh nur, ihre Aufregung läßt auch schon nach, ihre Haltung ist wieder fügsam, und so, wie die Haut, die nachgibt unter deinen Lippen, duftet im heißen Sommer der Regen, und so auch funkelt der Regenbogen am Himmel. Und dann raub sie dir: so kann’s mit uns nicht weitergehen, komm mit mir, Toñita, du wirst sie behüten, sie verwöhnen, wird glücklich mit dir sein, ganz kurze Zeit nur, und ihr werdet weit weggehen von Piura, in aller Offenheit leben. Renn mit ihr, von den Vordächern rieselt noch Sand, die Leute schlafen oder recken sich in ihren Betten, aber schau, sieh um dich, gib ihr die Hand, heb sie aufs Pferd. Mach sie nicht nervös, red langsam mit ihr: halt dich an mir fest, ganz fest, dauert gar nicht lange. Und, wiederum, die Sonne, die sich über der Stadt einrichtet, die lauwarme Luft, dieeinsamen Straßen, die wütende Hast, und plötzlich, sieh, wie sie sich festhält, dein Hemd zerknittert, wie ihr Leib sich an den deinen drängt, sieh dieses Aufflammen in ihrem Gesicht: begreift sie? schneller? sonst sieht man uns? Los doch? ich will mit dir mitgehen? du, Toñita, Toñita, verstehst du, wohin wir reiten, warum wir reiten? was wir sind? Reit über die Alte Brücke, und ja nicht nach Castilla hinein, da stehen sie früh auf, schnell an den Algarrobos am Ufer entlang und jetzt los, die Sandwüste, sporn es an voll Wut, soll springen, soll galoppieren, seine Hufe sollen den glatten Buckel der Wüste mißhandeln und eine schützende Staubwolke aufwirbeln. Dann, das Wiehern, die Erschöpfung des Tieres, ihr Arm, um dich gelegt, und bisweilen der Geschmack ihres Haares, das der Wind in deinen Mund peitscht. Treib es nur an, seid gleich da, benutz die Peitsche und, wiederum, atme den Geruch ein von jenem Morgen, den Staub und die irre Verzückung von damals am Morgen. Geh hinein ohne Lärm, trag sie, klettre die enge Treppe zum Turm hoch, fühl ihre Arme um deinen Hals wie ein lebendiges Kollier und dann das Schnarchen, der Schreck, der ihre Lippen löst, das Blitzen ihrer Zähne, du, niemand sieht uns, Leute, die schlafen, ruhig doch, Toñita. Nenn ihr die Namen: das Glühwürmchen, das Fröschlein, die Blume, der Schmetterling. Noch mehr: sie sind erschöpft, haben getrunken und die Liebe getrieben und sie hören uns nicht, werden auch nichts sagen, du wirst’s ihnen erklären, siewissen, wie’s ist. Aber weiter, wie man sie nennt, Insassinnen. Erzähl ihr vom Turm und von der Aussicht,

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