Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
und entdeck unter ihrer Haut die diskrete Scheu, die zarte Unruhe ihres Blutes, schau, wie ihre Lippen sich kräuseln, wie die Lider beben. Wollte sie es wissen? Warum drückst du meinen Arm so, warum spielst du mit meinen Haaren, warum deine Hand an meiner Taille und, wenn du sprichst, dein Gesicht so nah an meinem? Erklär ihr: damit du mich nicht mit den andern verwechselst, denn ich will, daß du mich erkennst, Toñita, und dieses winzige Wehen und die Geräusche aus meinem Mund sind Dinge, die ich dir sag. Aber sei vorsichtig, paß auf, auf die Leute, und jetzt, es ist niemand da, nimm ihre Hand, laß sie los! Du, bist du erschrocken, Toñita, warum zitterst du jetzt? bitt sie um Verzeihung. Und dann, wiederum, die Sonne, die ihre Wimpern vergoldet und sie, sicherlich am Überlegen, Zweifeln, stellt sich’s vor, du, ist nichts Schlechtes, Toñita, hab keine Angst vor mir, und sie in dumpfer Bemühung, Erfindung, warum, wie, und dort die andern, Jacinto wischt die Tische ab, Chápiro redet von der Baumwolle, den Hähnen und den Cholas, die er vernascht, ein paar Frauen bieten Süßigkeiten feil, und sie stochert angestrengt, angstvoll in der stummen Finsternis, warum, wie. Du,bin verrückt, ist unmöglich, ich verursach ihr Leiden, schäm dich, spring aufs Pferd, wieder die Sandwüste, das Gastzimmer, der Turm. Zieh die Vorhänge vor, der Schmetterling soll raufkommen, sich ausziehen, ohne den Mund aufzumachen, komm, beweg dich aber nicht, du bist ein kleines Mädchen, küß sie, du liebst sie, ihre Hände sind Blumen, sie, wie nett Sie das sagen, Patrón, gefall ich Ihnen wirklich so gut? Soll sich wieder anziehen, soll runtergehen, warum hast du geredet, Schmetterling, sie, verliebt sind Sie und wollen, daß ich sie ersetz, du, los, geh schon, von jetzt an kommt mir keine Insassin mehr in den Turm. Und wieder die Einsamkeit, die Arpa, der Schnaps, besauf dich, leg dich aufs Bett und bohr du auch, grab in der Finsternis, hat sie ein Recht darauf, daß man sie liebt? hab ich das Recht, sie zu lieben? würd’s mir was ausmachen, wenn’s Sünde wär? Die Nacht vergeht langsam, schlaflos, hohl ohne ihre Anwesenheit, die die Zweifel tötet. Unten wird gelacht, angestoßen und gescherzt, mitten in die lärmenden Gitarren schleicht sich das schlanke Pfeifen einer Flöte, man gerät in Hitze, tanzt. Es war Sünde, Anselmo, liegst im Sterben, bereue, du, es war keine, Padre, ich bereu nichts, außer daß sie gestorben ist. Und er, es war gegen ihren Willen, gewaltsam, du, es war nicht gewaltsam, haben uns verstanden, auch ohne daß sie mich sah, haben uns geliebt, auch ohne daß sie mir’s sagen konnte, die Dinge waren, wie sie waren. Gott ist groß, Toñita, stimmt’s nicht, daß du mich erkennst? Probier’s aus,drück ihre Hand, zähl bis sechs, drückt sie auch? bis zehn, siehst du, läßt deine Hand nicht los, bis fünfzehn und da liegt sie immer noch in der deinen, vertrauensvoll und zart. Und unterdessen fällt schon kein Sand mehr, ein kühler Wind bläst vom Fluß herauf, komm mit zur ›Estrella del Norte‹, Toñita, wollen was trinken, und welchen Arm hat ihre Hand denn gesucht? an wem hat sie sich denn festgehalten, um die Plaza zu überqueren? du, den meinen, nicht den von Don Eusebio, an mir und nicht an Chápiro, dann liebt sie dich also? Fühl wieder, was du gefühlt hast: das jugendliche und braungebrannte Fleisch, den glatten Flaum ihres Armes und, unter dem Tisch, ihr Knie an deinem Knie, schmeckt der Lúcumasaft, Toñita? und immer noch das Knie, und jetzt heuchle und genieß, so, die Geschäfte gehen also gut, Don Eusebio, so, der Laden, den Sie in Sullana aufgemacht haben, geht am besten, so, Arrese stirbt uns also, Doktor Zevallos, ein Verlust für Piura, war der belesenste Mann, und dann, beglückend die winzige Wärme zwischen den Venen und den Muskeln, ein Flämmchen im Herzen, noch eines in den Schläfen, zwei winzige Krater zucken unter den Handgelenken. Jetzt nicht mehr nur das Knie, der Fuß auch, sieht bestimmt klein und schutzlos aus neben dem groben Stiefel, und der Knöchel, und der schlanke Oberschenkel parallel zu deinem, du, Gott ist groß, aber vielleicht merkt sie’s nicht, ist’s Zufall? Mach noch mal die Probe, drück dagegen, rutscht sie weg? bleibt sie an dich gedrängt?drückt sie auch? du, spielst du auch nicht, Mädchen? was empfindest du für mich? Dann, wiederum, der ehrgeizige Wunsch: einmal allein sein zusammen, nicht hier, sondern im Turm, nicht untertags,
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